Unter Bayern:Der Vater der Beständigkeit

Die Demokratie im Freistaat lebt vor allem von der Kontinuität. Das weiß gerade jemand wie Horst Seehofer zu schätzen

Kolumne von Franz Kotteder

Kontinuität ist eine geschätzte Säule der bayerischen Demokratie. Sie hat zwar bei der letzten Wahl ein wenig gewackelt, weil das Ergebnis nicht ganz den Gesetzen der Kontinuität gehorchte, aber das hat sich wieder eingerenkt. So hatte man in erstaunlicher Geschwindigkeit eine Regierung beisammen, die auch nicht viel anders aussieht als sonst. Und das Hauptproblem einer jeden Legislaturperiode blieb bestehen. Nämlich die Frage, wo die Abgeordneten die nächsten fünf Jahre am bequemsten sitzen im Plenarsaal. Da muss jetzt der Ältestenrat entscheiden.

Ansonsten schreitet die Integration der bayerischen Grünen erfreulich voran. Das "Pressefoto des Jahres" zeigt erstaunlicherweise nicht Markus Söder mit einem Hundewelpen im Arm, sondern den grünen Jubel am Wahlabend. Und viele Grüne sprechen ganz selbstverständlich von ihrem "Wahlsieg", obwohl sie doch immer noch die Oppositionsbank drücken. Das verrät ein fast schon christsoziales Selbstbewusstsein, ein beinahe hoeneßhaftes "Mia san mia!"-Gefühl, wie es seit jeher nicht untypisch ist für die Politiker hierzulande. Kontinuität auch da.

Es gibt weitere Beispiele für die Beständigkeit im Wandel: Die neue (!) Grenzpolizei, die bisher kaum einmal einen Flüchtling aufgriff, bekommt jetzt gleich 100 Stellen mehr, damit sie die grüne Grenze noch gründlicher durchforsten kann. Dafür bleiben leider weniger Kapazitäten, um die staatliche Lebensmittelkontrolle auf eine solide Rechtsgrundlage zu stellen. Weshalb jetzt wohl doch wieder die Landratsämter kontrollieren müssen. Im Sinne der Kontinuität ist das eh gut, schließlich haben die ein Gespür für das ortsansässige Unternehmertum und Arbeitsplätze und können so abstrakte Begriffe wie "Verbraucherschutz" besser mit Leben füllen als so eine abgehobene Landesbehörde.

Und dann ist da noch "die Mutter aller Beständigkeit", oder besser der Vater selbiger, nämlich Horst Seehofer. Der trennt sich nur deshalb so schwer von allen Ämtern, weil es ihm um die Kontinuität geht - und vor allem darum, dass er länger als Angela Merkel Parteichef bleibt. Das hat er ja schon mal geschafft. Jetzt geht es darum, wer von den beiden in Berlin länger durchhält. Seehofer oder Merkel - der Ausgang ist weiter offen.

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