Unter Bayern:Dazulernen dank der Seuche

Es scheint ja so zu sein, dass vor allem Dosentomaten und Klopapier gegen diese neuartige Form von Katarrh helfen

Kolumne von Franz Kotteder

Man lernt ja immer wieder gern dazu, jedenfalls dann, wenn man den pubertären Merksatz aus der Schulzeit: "Wissen ist Macht, nix wissen macht auch nix", nicht so verinnerlicht hat wie anscheinend viele, viele andere. Dazulernen konnte man dieser Tage zum Beispiel, dass gegen eine neue, um nicht zu sagen: "neuartige", Form von Katarrh vor allem Klopapier und Dosentomaten in rauen Mengen zu helfen scheinen. Jetzt müsste man nur noch jemanden finden, der einem sagt, ob man die innerlich oder äußerlich anwenden muss. Gut, beim Klopapier liegt rektal nahe.

Jedenfalls ist es schön zu wissen, dass die Mehrheit der Bevölkerung sagt, sie habe keine Angst vor dem Coronavirus. Das mag zum Teil daran liegen, dass die Menschen vermuten, die Regierung versprühe sicher ausreichend Desinfektionsmittel aus Flugzeugen flächendeckend über Städte und Dörfer. So würden die lästigen Chemtrails endlich mal sinnvoll eingesetzt! Andere glauben hingegen, das Virus werde so überhaupt erst verteilt, wegen vorgehabter "Umvolkung" nämlich. Wer zu noch verschnörkelteren Gedankengängen fähig ist, fügt eine weitere Komponente hinzu: das Flüchtlingselend an der griechischen Grenze. In diesem Falle dient das Virus entweder dazu, von diesem Elend abzulenken (linke Variante) oder dazu, es zu vertuschen, "dass die jetzt alle zu uns kommen" (rechte Lesart).

So weiß halt jeder Bescheid oder lernt etwas dazu. Es wäre zum Verzweifeln, fände man nicht auch positive Beispiele aus Bayern. So gibt es jetzt doch tatsächlich eine wachsende Zahl von Menschen, die zu einer Demo gehen, bei denen einer der Hauptredner von der CSU kommt und Markus Söder heißt. Diese Menschen hätten sich so etwas früher niemals vorstellen können, und doch war es am Freitag in München auf dem Platz vor der Oper so. Es ging gegen Rechtsradikalismus, und da haben ja doch einige dazugelernt in letzter Zeit. Selbst Bundesinnenminister Horst Seehofer, erfuhr man diese Woche, ist inzwischen bereit, unbegleitete Flüchtlingskinder aufzunehmen. Wenn auch nicht unverzüglich. Hoffentlich müssen sie jetzt nicht so lange darauf warten, bis sie volljährig sind. Und das mit der Menschlichkeit lernen wir alle, wenn wir mal endlich genügend Klopapier und Dosentomaten im Haus haben.

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