Unter Bayern:Das Wort hat Max Huber

Der Passauer Domkapitular verkündete das Evangelium im Dialekt. Vor wenigen Tagen fiel er dem Coronavirus zum Opfer. Eine Erinnerung

Glosse von Hans Kratzer

Ludwig Thomas "Heilige Nacht" ist aus der bayerischen Weihnachtsfolklore nicht wegzudenken. Unter Beihilfe von übermotivierten Vortragskünstlern ist das Erfolgsstück jedoch der Verkitschung anheimgefallen. Vor einigen Tagen starb der Passauer Domkapitular Max Huber, der mit Thomas Waldhütterlromantik fremdelte. Der Seelsorger dachte stets viel über das Weihnachtsfest nach, das er im Vergleich zu Ostern als nachrangig erachtete. Irgendwann schuf er ein Gegenstück zur "Woidhütterlnacht": "Machts ausm Christbaum koan Narrenbaum / und net so vui Mettn um de Mettn - bloß oamoi im Jahr."

Man soll um die Christmette keinen solchen Lärm machen, hieß das. Huber nahm nie ein Blatt vor den Mund. Manche verglichen ihn mit dem barocken Bußprediger Abraham a Sancta Clara, der Grobheiten nicht scheute: "Wenn das Schwein am fettesten ist, so hat es den Metzger am meisten zu fürchten", tönte der Prediger. Auch Huber verkündete das Evangelium oft im Dialekt, in der Sprache des Volkes, damit es verstanden wird. In klarem Ton plädierte er für das Priestertum für Frauen und gegen den Zölibat.

Auch im Bayerischen Fernsehen trug er am Heiligen Abend das Weihnachtsevangelium auf Bairisch vor, denn auch Jesus habe Aramäisch gesprochen, "das Mittelbairisch von damals!" Was in der Kirche nicht gefragt sei, benannte er klar: Speichellecker, Rossflüsterer, religiös Übergeschnappte, spirituelle Hochseilartisten und autoritäre Betonmischer.

Schon als Kaplan begleitete er seinen Pfarrer zu Familien, in denen niemand in die Kirche ging. Dort diskutierten sie auf Augenhöhe. "Da hängt ja kein Kreuz herinnen", sagte der Pfarrer. Der Hausherr deutete auf seinen Rücken: "Da ist mein Kreuz." Der Pfarrer konterte: "Da ghörts auch hin, sonst miassadst du an Arsch mit de Händd' halten." Hier lernte Huber den humoristisch-volkstümlichen Umgang mit Menschen. Und wenn es sein musste, haute er auch einen Kalauer raus: "Es wird höchste Zeit, dass aus dem Vatikan ein Muttikan wird."

91-jährig strahlte Huber bis kurz vor seinem Tod noch eine rege Frische aus. Ich staune selbst, dass ich kein Grufti und Komposti bin", sagte er schmunzelnd. Von einem Tag auf den anderen setzte das Coronavirus seinem Leben ein Ende.

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