Unter Bayern:Dank sei Beckenbauer

Flüchtlinge haben es derzeit nicht so leicht in Bayern. Die Menschen aus dem Ausland müssen sich mit dem CSU-Asylpapier herumschlagen - und Franz Beckenbauer mit der Kritik an den WM-Millionen von 2006. Dabei könnten wir doch alle froh sein...

Von Franz Kotteder

Das Jammern darüber, dass die Welt aus den Fugen ist, gehört seit Menschengedenken zur Folklore, und man muss sich fast fragen, ob die Welt denn jemals in den Fugen war? Jedenfalls machen sich eine ganze Menge Menschen Gedanken darüber, wie man sie nur wieder in die Fugen hineinbekommt. Zu den größten Fugendichtern unserer Tage gehört zweifellos Ministerpräsident Horst Seehofer. Und weil das Land gerade einige große Probleme mit der Aufnahme von Flüchtenden aus anderen Ländern hat, ließ er von seinem CSU-Landesvorstand ein Asylprogramm beschließen. Das geht über die normale Dreifaltigkeit von Abschieben, Obergrenze und Einzäunen hinaus, es kommt jetzt verschärftes Schikanieren hinzu. Dazu gehört die Forderung, sich gefälligst an die bayerische Leitkultur anzupassen, auch wenn selbst Einheimische nicht so genau wissen, was das eigentlich sein soll. Und dazu gehört auch das Verbot der Vollverschleierung, unter der Bayern bekanntlich seit Jahrzehnten schwerstens leidet.

Das ist alles im Grunde ein Schmarrn, weil es überhaupt keine Probleme löst oder irgendwelche Terroranschläge verhindert. Es dient halt dazu, Menschen, die man nicht haben will, so zu schikanieren, dass sie sich bloß nicht in Bayern niederlassen wollen. Dieser Aufgabe widmen sich manche mit besonders großer Leidenschaft. So fiel auf, mit welch betonter Eiseskälte in der Stimme CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer von Flüchtlingen die bedingungslose Integration einforderte. Wenn man ihm so zuhörte, hoffte man unwillkürlich, nie im Leben in eine Situation zu geraten, in der man selbst als Flüchtling einer solchen Politik ausgeliefert sein könnte. Hoffentlich legt Scheuer wenigstens privat mehr Güte an den Tag.

Ja, Flüchtlinge haben gerade keine gute Lobby. Das merken jetzt sogar Steuerflüchtlinge, aktuell der im österreichischen Kitzbühel gemeldete Franz Beckenbauer. Da regen sich jetzt manche drüber auf, dass er die WM 2006 doch nicht ganz so ehrenamtlich nach Deutschland geholt hat. Dabei sollten die Leute doch froh sein: Wenn einer wie Beckenbauer für ein Ehrenamt schon 5,5 Millionen Euro kassiert, was hätte er dann erst für einen bezahlten Job verlangt? Doch mindestens das Doppelte!

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