Universitätskrise in Eichstätt:Wenn Rom die Kandidaten vorsortiert

Der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke will künftig schon bei der Kandidatenauswahl für die Universitätspräsidenten mitreden. Kritiker fürchten nun um die Freiheit der Wissenschaft.

Christine Burtscheidt

Die Sorge der Professoren und Mitarbeiter der Universität Eichstätt vor einer stärkeren Einflussnahme der Kirche wächst. Am Dienstag wird die vom Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke eingesetzte kommissarische Leitung ihre Arbeit aufnehmen. Ihre wichtigste Aufgabe ist, die Wahl eines neuen Präsidenten sicherzustellen. Bereits heute wird die Hochschule auf Wunsch Hankes ein Wahlverfahren beschließen, das ihm mehr Mitsprache sichert.

Universitätskrise in Eichstätt: An der katholischen Universität Eichstätt kehrt keine Ruhe ein

An der katholischen Universität Eichstätt kehrt keine Ruhe ein

(Foto: Foto: dpa)

Geringe Durchsetzungsfähigkeit kann man dem Eichstätter Oberhirten nicht gerade nachsagen. Seine Ziele verfolgt Gregor Maria Hanke mit großer Entschlossenheit und er scheut sich auch nicht, sich über Bedenken der Professorenschaft hinwegzusetzen. Seit der Nichternennung des ordnungsgemäß zum Uni-Präsidenten gewählten Regensburger Religionspädagogen Ulrich Hemel hat sich daran nichts geändert.

Zwar berief Hanke mit dem Dresdner Althistoriker Gert Melville einen Mann in die kommissarische Leitung, der bei den Professoren Vertrauen genießt. Parallel dazu entließ er jedoch den Universitätskanzler Gottfried Freiherr von der Heydte wegen Zweifel an dessen Wirtschaftsführung. Doch selbst in Kirchenkreisen heißt es: "Es ist nicht davon auszugehen, dass sich von der Heydte schnell gravierende Fehler nachweisen lassen."

Neues Misstrauen nährt nun der Wunsch des Bischofs, bei der Präsidentenfindung künftig deutlich mitzureden. Aus diesem Grund tritt heute der Hochschulrat zusammen. Das Aufsichtsgremium, in dem Uni-Mitglieder und Externe sitzen, wählt gemäß dem bayerischen Hochschulgesetz und der Eichstätter Grundordnung den Präsidenten.

Gemeinsam mit dem Senat, dem größten Kollegialorgan der Hochschule, sucht es auch die Kandidaten aus. Wie der Wissenschaftsminister an staatlichen Hochschulen hatte der Bischof bislang lediglich nach erfolgter Wahl ein Vetorecht, das er bei Hemel ausschöpfte, was die Universität in die größte Krise seit ihrer Gründung stürzte.

Doch ist dem Bischof selbst dieses Vetorecht noch zu wenig. Als Vorsitzender der Stiftung, die die Universität trägt, fühlt er sich berechtigt, bereits an der Auswahl der Kandidaten stärker mitzuwirken. Zur Untermauerung seines Anspruchs hat er dem Hochschulrat entsprechende Gutachten vorgelegt.

Das Gremium scheint deshalb willens zu sein, die Grundordnung der Universität durch einen schriftlichen Passus zu ergänzen. Von einer Neufassung, wie sie der Bischof anfangs forderte, ist man wohl aus zeitlichen Gründen abgekommen: Soll der neue Präsident wie vorgesehen im Januar 2009 gewählt werden, dann muss die Ausschreibung für das Amt noch im Juli stattfinden.

Ein Auswahlrecht aber würde den Bischof künftig in die komfortable Lage versetzen, Konflikten, wie sie durch Hemels Nichternennung ausgelöst wurden, aus dem Weg zu gehen. Nicht genehme Kandidaten könnten so vorab aussortiert werden. Darauf zielen auch interne Überlegungen des Uni-Trägers ab, die einigen Hochschulmitgliedern schriftlich vorliegen.

So sollen schon in der Findungsphase Bewerbungsunterlagen der Kandidaten zur Überprüfung nach Rom an die Bildungskongregation des Vatikans geschickt werden. Der Hochschulrat hätte nur mehr die Wahl aus einer "vorgeprüften Liste", heißt es. Die Kirche müsste nicht einmal mehr Gründe nennen, warum Bewerber nicht genehm seien. "Das wäre ein Dammbruch", klagt ein Professor. Die Wissenschaftsfreiheit könne man dann vergessen.

Vorbehalte gegen ein solches Auswahlrecht bestehen offenbar deshalb, weil Hanke zugetraut wird, dass er bei den Kandidaten nicht nur eine korrekte kirchliche Lebensführung, sondern auch eine bestimmte wissenschaftliche Ausrichtung erwartet. Anhaltspunkte dafür sollen erste Berufungsverfahren von Professoren geliefert haben, bei denen der Bischof vom Votum der Fakultäten abwich.

Zum anderen fürchtet man einen direkten Einfluss Roms. Schließlich hat Papst Benedikt XVI. die Universität zur Chefsache erklärt. In Eichstätt wird gemutmaßt, der Münchner Erzbischof Reinhard Marx habe als Vorsitzender der bayerischen Bischofskonferenz darüber zu wachen, dass an der Hochschule die Intentionen des Papstes umgesetzt werden.

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