Süddeutsche Zeitung

Universität Würzburg:Prozess um Entzug fragwürdiger Doktortitel

  • Die Uni Würzburg entdeckte bei mehreren Arbeiten "physische Auffälligkeiten". Die Arbeiten waren extrem schmal, eine umfasste bei wohlwollender Zählung gerade 35 Seiten.
  • Im Jahr 2012 entzog die Universität zwei Doktortitel. Die beiden Zahnärzte wollen diesen Titelentzug aber nicht akzeptieren.
  • Der Prozess startet nun am Würzburger Verwaltungsgericht.

Von Olaf Przybilla, Würzburg

Die Julius-Maximilians-Universität in Würzburg gibt sich wortkarg vor der Verhandlung am Verwaltungsgericht, in der es um die Aberkennung von Doktortiteln für zwei Zahnärzte gehen soll. Die Affäre um merkwürdig erworbene Doktortitel scheint der traditionsreichen Hochschule immer noch unangenehm zu sein. Vor vier Jahren war bekannt geworden, dass dort Doktortitel für eigenartige Arbeiten verteilt wurden.

Die Arbeiten entstanden an der Medizinischen Fakultät, im Fach Medizingeschichte. Mehrere Arbeiten mit zum Teil schon "physischen Auffälligkeiten", wie es ein Universitätssprecher formulierte, gerieten nach einem anonymen Brief in den Fokus der Universitätsleitung. Die Arbeiten waren extrem schmal, eine umfasste bei wohlwollender Zählung gerade 35 Seiten.

Im Jahr 2012 entzog die Universität zwei Doktortitel. Die beiden Zahnärzte wollen diesen Titelentzug aber nicht akzeptieren. Nachdem die Verhandlung mehrmals verschoben wurde, soll der Prozess an diesem Mittwoch am Würzburger Verwaltungsgericht beginnen.

Ärzte beklagen angebliche Formfehler

Das Präsidium der Universität, das über den Titelentzug entschieden hatte, sei falsch zusammengesetzt gewesen, argumentieren die Zahnärzte. Auch andere formale Fehler wollen sie erkannt haben. Die Hochschule widerspricht. Ein externer Gutachter hatte beiden Arbeiten attestiert, nicht den Mindeststandards des Fachs zu entsprechen.

In die Diskussion war unter anderem die Arbeit eines Zahnarztes geraten, in der arzneikundliche Texte aus dem 15. Jahrhundert ediert wurden. Für die Problemstellung benötigte der Arzt sieben Zeilen, im Kern besteht die Arbeit aus der karg kommentierten Niederschrift alter arzneikundlicher Texte. Aufgrund solcher Arbeiten hatte das Wort von der "Würzburger Doktorfabrik" die Runde gemacht.

Den nun klagenden Ärzten sei der Titel entzogen worden, weil ihre Arbeiten "nicht den Regeln guter wissenschaftlicher Praxis" entsprochen hätten und "erhebliche Teile anderen Arbeiten entnommen waren", ohne dies zu kennzeichnen, teilt die Universität mit. Weitere Fälle würden momentan noch überprüft.

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SZ vom 25.03.2015 / prz/mmo
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