Universität:"Eichstätt muss offener und internationaler werden"

Ex-Kultusminister Maier sieht in der Krise der Universität eine Chance - und will die Kirche in die Pflicht nehmen.

Christine Burtscheidt

SZ: Stimmt Sie die gegenwärtige Krise an der Uni Eichstätt traurig?

Universität: Hans Maier, 77, war von 1970 bis 1986 bayerischer Kultusminister. Gemeinsam mit Kardinal Joseph Ratzinger, heute Papst Benedikt XVI., setzte sich der Katholik einst für die Gründung der katholischen Stiftungsuniversität Eichstätt ein.

Hans Maier, 77, war von 1970 bis 1986 bayerischer Kultusminister. Gemeinsam mit Kardinal Joseph Ratzinger, heute Papst Benedikt XVI., setzte sich der Katholik einst für die Gründung der katholischen Stiftungsuniversität Eichstätt ein.

(Foto: Foto: d)

Hans Maier: Mich bedrückt das Ganze. Ich war ja einst am Start der Universität nicht unbeteiligt. Der Vertrauensverlust dort ist zurzeit groß. Ich hoffe, dass die gegenwärtige Krise überwunden wird.

SZ: Selbst katholische Medien sprechen bereits vom Schaden, den die Universität und die Kirche an dem Debakel genommen haben. Ist das Verhalten des Bischofs noch zu rechtfertigen?

Maier: Einige wollten an der Universität wohl den Übergang von Bischof Mixa zu Bischof Hanke nutzen, um wichtige Dinge in Eichstätt festzuklopfen: eine Grundordnung weithin ohne bischöfliche Mitwirkung und einen einzigen Kandidaten für das Präsidentenamt sowie einen Kanzler auf Lebenszeit. Der neue Bischof machte zu Anfang gute Miene zum Spiel, ging jedoch dann auf Gegenkurs, was ich verstehen kann. Eine katholische Universität kann nicht ohne oder gegen den zuständigen Bischof geführt werden. Bischof Hanke hat vielleicht etwas unsanft daran erinnert, dass er in dem Spiel nicht Zuschauer, sondern Mitspieler ist.

SZ: Ist es nicht bedenklich, dass der Bischof mehr Mitsprache an einer überwiegend staatlich finanzierten Universität haben will, als sie der Wissenschaftsminister hat.

Maier: Der Freistaat Bayern hat Eichstätt mit einer 85-Prozent-Finanzierung eine Steilvorlage geboten, wie sie wohl keine andere katholische Uni der Welt hat. Davon muss die Kirche viel intensiver Gebrauch machen. Wenn die Uni die Ziele erreichen will, die sie sich vorgenommen hat, nämlich Internationalität und Gleichstand in der Forschung mit anderen Universitäten, braucht sie erheblich mehr Geld von der Kirche.

SZ: Ist bis dahin ist die Forderung nach mehr Mitsprache nicht überzogen?

Maier: Es darf nicht bei der Forderung allein bleiben. Die deutschen Bischöfe sollten sich einmal äußern, wie sie sich die Zukunft von Eichstätt vorstellen. Ich denke, es sollte eine Uni sein, europäisch geöffnet, vor allem nach Osten hin, katholisch, ökumenisch, global. Davon ist Eichstätt weit entfernt. Es müssen Gastprofessuren geschaffen werden, um die Intellektuellen, katholische und nicht katholische aus aller Welt, einzuladen.

SZ: Wie sollte die Finanzierung künftig aussehen?

Maier: Der Staat soll die Uni wie bisher finanzieren. Aber er muss sich dann auch darauf verlassen können, dass die Grundregeln die gleichen sind wie an öffentlichen Einrichtungen. Das heißt: Die Verfahren müssen transparent sein.

SZ: Gerade die Kirche hat in den vergangenen Wochen nicht für solch ein offenes Klima gesorgt, so dass nun die Furcht besteht, sie könnte inhaltlich mehr Einfluss nehmen wollen.

Maier: Wenn man Katholizität beim Wort nimmt und sie als umfassende Sorge für den Menschen versteht, dann liegt die Zukunft für Eichstätt nicht in einer Verengung und Konfessionalisierung, sondern in einer Weitung hin zur Ökumene, Internationalität und Toleranz. Die Universität braucht einen Neuanfang. Die gegenwärtige Krise bietet einen Chance dafür. Dazu sind jedoch vertrauensbildende Maßnahmen von beiden Seiten erforderlich. Die kommissarische Doppelspitze ist ein erster Schritt. Der zweite muss sein: ein stichhaltiges Verfahren für die Wahl des Präsidenten.

SZ: Steht der Papst für mehr Toleranz, der die Uni zur Chefsache erklärt hat?

Maier: Der Papst hat klare Vorstellungen über das Verhältnis von Glauben und Wissen. Das hat er in seiner Diskussion mit Jürgen Habermas und in seiner Regensburger Rede deutlich gemacht. Von daher sehe ich keine Schwierigkeit, Glauben und Wissenschaft miteinander zu vereinen. Natürlich wird es immer ein Ringen sein.

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