Union:Seehofer und Merkel streiten über Strauß-Dogma

Coalition Partners Agree Over New Government Policies

Seehofer und Merkel sprechen über Flüchtlinge. Was FJS wohl sagen würde?

(Foto: Sean Gallup/Getty Images)
  • Vom früheren CSU-Chef Franz Josef Strauß stammt das Dogma, rechts von der Union dürfe es keine demokratisch legitimierte Partei geben.
  • Angesichts der AfD-Wahlerfolge streiten Kanzlerin Merkel und Bayerns Ministerpräsident Seehofer über diesen Satz.
  • Merkel warnt davor, wichtige Grundsätze aufzugeben, um AfD-Wähler zurückzugewinnen.
  • Seehofer will Strauß' Satz nicht in Frage stellen und hat für Merkels Äußerungen nur "blankes Unverständnis" übrig.

Von Lisa Schnell und Constanze von Bullion, München/Berlin

Wegen der Wahlerfolge der AfD streiten Angela Merkel und Horst Seehofer darüber, ob das seit Jahrzehnten gültige Dogma von Franz Josef Strauß noch gilt, es dürfe rechts von der Union keine demokratisch legitimierte Partei geben. Merkel hatte dieses Prinzip am Wochenende in einem Interview relativiert und stattdessen davor gewarnt, wichtige Grundsätze aufzugeben, um AfD-Wähler zurückzugewinnen. CSU-Chef Horst Seehofer greift sie deswegen scharf an.

"Wir sind eine Partei der bürgerlichen Kraft, die auch das demokratisch rechte Spektrum abdeckt", sagte Seehofer der Süddeutschen Zeitung. Für die jüngsten Äußerungen von Merkel (CDU) habe er nur "blankes Unverständnis" übrig. Ihr Interview sei "völlig unnötig" und gehe ihm "schon ein bisschen ins Mark", sagte der CSU-Chef. "Wenn nun der Satz von Strauß in Frage gestellt wird, dann ist das auch eine Aufgabe eines gemeinsamen Prinzips von CDU und CSU". Die "Kohl-Strauß-Linie" sei ein Stützpfeiler der Union und sei nun "einsturzgefährdet". Strauß hatte sein Dogma nach dem überraschenden Wahlerfolg der Republikaner bei der bayerischen Landtagswahl 1986 verkündet.

Am Wochenende hatte Merkel in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung davor gewarnt, Prinzipien der Union aufzugeben, um so die Abwanderung von Unions-Wählern zur Alternative für Deutschland (AfD) stoppen zu wollen. Auf die Frage, was sie vom Satz von Strauß halte, wonach es rechts der Union keine demokratisch legitimierte Partei geben dürfe, sagte Merkel: Es stimme zwar, dass die Union "zur Mitte hin integrieren" und für innere und äußere Sicherheit sorgen müsse.

Wenn der Strauß-Satz aber so verstanden werde, dass "Prinzipien relativiert oder gar aufgegeben werden müssten, damit Menschen sich nicht von der Union abwenden, Prinzipien, die für unser Land wie auch die Union konstitutiv sind, die den Kern unserer Überzeugungen ausmachen, dann gilt dieser Satz für mich nicht". Die Einigung Europas, die Wertegemeinschaft Nato und "die Wahrung der Menschenwürde, gerade auch für Menschen in Not, das dürfen wir nie aufgeben", so die Kanzlerin.

Das zielte offenbar auf Seehofer, der Merkel zuvor vorgeworfen hatte, mit ihrer Zuwanderungspolitik die AfD gestärkt zu haben. Wer den Markenkern der CDU aufgebe, schaffe rechts von ihr dauerhaft Platz für eine neue Partei, rügte auch der konservative "Berliner Kreis" der Union.

Merkels Antwort bringt jetzt wiederum Seehofer auf. Der bayerische Ministerpräsident sagte, er könne nicht erkennen, dass die CSU Prinzipien der Union aufgegeben habe. "Es ist eher die CDU, die Prinzipien aufgegeben hat." Vor der CDU/CSU-Klausur im Juni müsse man sich in der Flüchtlingspolitik verständigen, sonst werde es "eine Krisenklausur".

Der ehemalige Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) nahm dagegen Merkel im Streit mit Seehofer in Schutz: "Sie interpretiert den Satz von Strauß genau so, wie er gemeint war", sagt er der SZ. "Wir dürfen uns nicht mit der AfD gemein machen und müssen noch besser kommunizieren, wo wir stehen."

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