Universität Augsburg:Zweifel an Verfassungstreue: Bundestagskandidat der Linken gekündigt

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Gabriel Bruckdorfer ist der Kandidat der Linken im Oberallgäu für den Bundestag. (Foto: privat)

Der Vertrag von Gabriel Bruckdorfer ist nicht verlängert worden, weil er als unter 35-jähriges Mitglied der Linken automatisch auch in der Linksjugend ist - die beobachtet der bayerische Verfassungsschutz. Das wollen weder Bruckdorfer noch die Partei auf sich sitzen lassen.

Von Florian Fuchs, Augsburg

Seit August ist Gabriel Bruckdorfer Mitglied der Linken, im laufenden Wahlkampf hat die Partei ihn bereits als Kandidaten im Oberallgäu für ein Bundestagsmandat aufgestellt. Bruckdorfer muss allerdings an anderer Stelle auch kämpfen, um seinen Job: Die Universität Augsburg, wo der Student in der EDV-Betreuung angestellt war, hat seinen Vertrag zum 31. Dezember 2024 auslaufen lassen statt ihn zu verlängern, wie es eigentlich beabsichtigt war. Die Uni zweifelt an Bruckdorfers Verfassungstreue, weil er Mitglied bei der Linksjugend ist und auch Treffen der Jugendorganisation der Partei besucht hat. Die „Linksjugend solid“ steht im Fokus des Bayerischen Verfassungsschutzes.

Bruckdorfer studiert Erziehungswissenschaften, bald will er seine Bachelorarbeit abgeben. Bis dahin hätte er sich sein Studium gerne weiter mit seinem Job bei der Uni finanziert. Dafür jedoch war er, so formuliert er es zumindest selbst, „zu ehrlich“: Der 25-Jährige selbst hat der Personalabteilung der Universität eine Mail geschrieben, dass er nun Mitglied der Linken sei und auch in der Linksjugend im Kreisverband Augsburg „aktiv“. Die Universität hat ihn daraufhin per Mail aufgeklärt, dass eine Beschäftigung im öffentlichen Dienst „bei der Verfolgung von extremistischen Zielsetzungen nicht möglich“ sei. Wobei der Landesverband der Linken das so nicht einfach stehen lassen will.

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Tatsächlich ist es bei der Linken die Regel, dass Neumitglieder unter 35 Jahren automatisch Mitglied der Jugendorganisation werden. Will man das nicht, müsste man aktiv widersprechen. Bruckdorfer bezeichnet sich deshalb selbst als „passives Mitglied“. Dass er dennoch zu vier Treffen der Linksjugend gegangen ist, begründet er mit seiner Profession: Als Erziehungswissenschaftler habe er sich einen Überblick verschaffen wollen, wie seine neue Partei die eigene Jugend fördere. In einer langen schriftlichen Stellungnahme an die Uni betont er, dass er nie aktiv an Aktionen der Linksjugend mitgewirkt habe.

Die Universität will „aufgrund des Datenschutzes und des Arbeitsrechts“ keine Auskunft zu dem Fall geben. Aus einer Mail an Bruckdorfer wird jedoch klar, warum die Universität aus ihrer Sicht gar nicht anders konnte, als den Vertrag des Bundestagskandidaten nicht zu verlängern. Bei seiner Einstellung am 1. Juli 2023 habe Bruckdorfer einen obligatorischen „Fragebogen zur Prüfung der Verfassungstreue“ ausgefüllt und unterschrieben – inklusive eines Verzeichnisses mit extremistischen oder extremistisch beeinflussten Organisationen, in dem auch die Linksjugend aufgeführt ist. Eine Mitgliedschaft in dieser Organisation widerspreche Bruckdorfers Pflicht zur Verfassungstreue im öffentlichen Dienst, heißt es in der Mail der Uni.

Überwindung des Kapitalismus

Der bayerische Verfassungsschutz stellt die Linksjugend in eine Reihe mit „offen extremistischen Strukturen in der Partei Die Linke“. Im Internet heißt es bei der Linksjugend unter anderem, dass „der Kapitalismus überwunden werden muss“ und „die Mittel, mit denen wir produzieren, kein Privateigentum mehr sind“. Bruckdorfer jedoch betont, dass er uneingeschränkt das Grundgesetz und die Bayerische Verfassung bejahe und für den Erhalt der Demokratie einstehe.

Die Personalabteilung der Universität hat er mit diesen Beteuerungen nicht beeindruckt. Auch nicht mit dem Argument, dass ein Bekannter von ihm seiner Ansicht nach sogar aktiver in der Linksjugend sei als er und dennoch in der Universität weiterbeschäftigt sein darf – die Verantwortlichen der Uni gehen darauf nicht ein. Es kann jedoch sein, dass die Universität Augsburg den Fall dennoch nicht einfach zu Akten legen darf. Adelheid Rupp, bis vergangenes Jahr eine der beiden Landesvorsitzenden der Linken in Bayern, argumentiert als Anwältin Bruckdorfers in einem Schreiben an die Universität, dass der Rechtssprechung nach „eine reine Mitgliedschaft in einer (vermuteten) extremistischen Vereinigung“ nicht ausreiche, um eine feindliche Haltung gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung zu belegen. Der Weigerung, Bruckdorfer weiterzubeschäftigen, mangele es an Verhältnismäßigkeit.

Landessprecher Martin Bauhof sagt, dass seine Partei in ähnlichen Fällen in der Regel erfolgreich gegen eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses vorgehe. Er betont aber auch, dass die Linke es nicht einsehe, ihre Praxis zu ändern, dass Neumitglieder unter 35 Jahren automatisch auch Mitglied der Linksjugend werden, also in eine Organisation, die im Visier des Verfassungsschutzes steht. Gerade junge Leute, sagt Bauhof, hätten ein Interesse daran, sich im Jugendverband einzubringen – Ärger im öffentlichen Dienst und mit Behörden hin oder her.

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