Ungewöhnliche Bilanz des ADAC Südbayern:Geldwerter Vorteil

August Markl

Der kommissarische Vorsitzende des Präsidiums des Automobilclubs ADAC ist August Markl. Vorher war er Chef beim ADAC Südbayern.

(Foto: dpa)

Demut, Einsicht, Umkehr: Das ist das Credo des ADAC-Interimspräsidenten August Markl. Interne Bilanzpapiere des ADAC Südbayern, bei dem Markl zuvor Chef war, weisen aber Posten auf, die für einen Verein reichlich ungewöhnlich erscheinen.

Von Katja Riedel

August Markl ist ein erfahrener Mann. Seit Februar steht Markl, 65 Jahre alt und seit vielen Jahren Chef des ADAC Südbayern, auch als Interims-Präsident an der Spitze des Gesamtvereins. Dort soll er aufräumen, er soll bleiben, bis der Verein aus seiner schweren Krise herausgeführt ist. Ursprünglich hatte Markl das hohe Amt nur bis zu diesem Samstag bekleiden wollen. Doch schon vor der Hauptversammlung in Saarbrücken war klar, dass zunächst kein neuer Präsident gewählt wird und Markl bleibt - weil es schlicht keinen Kandidaten gibt, der diese Aufgabe schultern will.

Markl ist nun also weiter der Mann, der den Club in die neue Zeit führen soll. Und das, was er öffentlich sagt, klingt nach Demut, nach Einsicht und Umkehr: Der ADAC solle künftig weniger kommerziell, stärker auf Mitgliederinteressen ausgerichtet sein, sagte Markl am Donnerstag der Wochenzeitung Die Zeit in einem Interview. "Der ADAC muss viel klarer als bisher zwischen seinen Vereins- und Wirtschaftsinteressen trennen. Wenn das nicht gelingt, sehe ich den Status des Vereins in Gefahr", sagte indes der Unternehmer und Unicef-Deutschland-Chef Jürgen Heraeus vor dem Treffen. Er sitzt in einem neu gegründeten Beratungsgremium, das dem ADAC auf seinem Weg in die Zukunft helfen soll.

Diesen Rat braucht der Automobilclub nicht ohne Grund: Schließlich prüft das Registergericht in München, ob der ADAC mit seinen vielen Unterfirmen und Wirtschaftsinteressen nach wie vor den steuergünstigen Vereinsstatus behalten darf. Doch manches Mitglied, das Markl als Chef des eigenen mächtigen südbayerischen Regionalvereins kennt, hat daran große Zweifel. Der ADAC sei ein "frauenfeindlicher Club alter Männer", schimpft einer, der sich über den Verlauf der vergangenen Mitgliedsversammlung Anfang April erboste, der ersten nach dem Skandal um gefälschte Lieblingsautos und andere Fehltritte.

Denn der sechsköpfige Vorstand blieb, bis auf eine Person, unverändert. Auch im Vorstandsrat gibt es unter den elf Ehrenamtlichen nur eine Neuerung: mit Isolde Holderied wurde erstmals eine Frau gewählt - mit 212 Enthaltungen. Unter den 14 Delegierten, die zusätzlich zum Vorstand bei der Hauptversammlung abstimmen können, fand sich ursprünglich auch keine Frau. Erst nachdem ein Kandidat zurückzog, konnte eine nachrücken. Beim ADAC Südbayern hieß es dazu, man bemühe sich um mehr Weiblichkeit in der Spitze - doch viele würden absagen, wegen der Doppelbelastung durch Familie und Beruf.

Kontinuität statt Aufbruch

Eher nach Kontinuität denn Aufbruch liest sich auch der Inhalt mehrerer vertraulicher Papiere, die der SZ vorliegen und die zumindest daran Zweifel aufkommen lassen, ob innerhalb des südbayerischen Regionalclubs unter der Führung des Interimspräsidenten Markl tatsächlich ein Umdenken begonnen hat. 29 Millionen Euro hat der ADAC Südbayern demnach 2013 eingenommen, fast exakt so viel wie in jedem Jahr seit 2011. Um mehr als 350 000 Euro habe sich das Vermögen 2013 gemehrt, geht aus einer Ergebnisübersicht hervor. Und wer sich die geplanten Einnahmen für 2014 anschaut, sieht darin so gut wie keine Veränderungen: 29 725 000 Euro will der ADAC nämlich auch 2014 einnehmen.

Die Gegebenheiten im ADAC Südbayern seien trotz des gemeinsamen Chefs Markl "anders und nur bedingt vergleichbar", sagte dazu ein Sprecher des ADAC Südbayern. Dieser verfolge "keine kommerziellen Ziele oder Interessen". Sein Geld gebe er "ausschließlich für den Erhalt der eigenen personellen und strukturellen Infrastruktur aus". Die Erträge der beiden Wirtschaftstöchter, des Fahrsicherheitszentrums Augsburg und der ADAC Dienstleistungs GmbH, flößen ausschließlich in den Etat des ADAC Südbayern.

Wer die Bilanz des Regionalclubs studiert, findet dort Posten, die für einen Verein reichlich ungewöhnlich erscheinen: 2013 hat er 18,4 Millionen Euro aus Mitgliedsbeiträgen eingenommen, außerdem knapp 11,6 Millionen aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Darin eingeschlossen sind etwa Reisen, der Verkauf von Schutzbriefen und Versicherungen, Vignetten, Mautkarten, Übersetzungen von Führerscheinen und Gewinne aus Verkäufen von Waren, von der Marderscheuche bis zum Warndreieck. Enthalten sind auch Einnahmen aus dem Prüfzentrum, Mieteinnahmen von knapp 2,4 Millionen Euro und 1,8 Millionen Euro aus Kapitalvermögen.

Bei den Ausgaben zeigt sich, dass der Regionalclub in den wirtschaftlichen Betrieb 8,3 Millionen Euro gesteckt hat. In Bereiche wie Touristik und Motorsport hat er zudem deutlich mehr investiert als in die Themen, die man mit dem Verein eigentlich verbinden würde: In den Posten "Unfallrettung und Hilfe" flossen nur 78 500 Euro, für Touristik waren es insgesamt fast 600 000 Euro. Sportveranstaltungen ließ sich der Club 680 000 Euro kosten. Die meisten Kosten fallen für Mitgliederbetreuung und Service an: 11,5 Millionen Euro gehen in verschiedene Verwaltungsposten. Geradezu winzig fällt ein Posten aus: 436 000 Euro fließen an den Fiskus.

Bemerkenswert ist, dass der ADAC Südbayern trotz aller Bekundungen zur Umkehr und zu neuen Akzenten für 2014 mit ähnlichen Einnahmen und Ausgaben kalkuliert wie in den vergangenen Jahren. Aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb sollen diesmal statt gut elf 10,8 Millionen Euro fließen. Die geplanten Ausgaben ähneln stark dem Vor-Krisen-Plan 2013. Selbst jenen gut 880 000 Euro für Kommunikation und Marketing aus dem Vorjahr hat man offenbar nichts hinzuzufügen. Warum auch? Etwa 23 000 Austritten standen zuletzt gut 29 000 Eintritte entgegen. Die Mitglieder- und Einnahmenprognose habe man gegenüber dem Plan von 1,76 Millionen Mitgliedern trotzdem angepasst, man rechne mit einem "einmaligen Nullwachstum".

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