Ungewöhnliche bayerische Clubs:Schweinereitende Ogerbrigaden, vereint euch!

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Was machen drei Bayern, wenn sie sich treffen? Sie gründen einen Verein. Zum Beispiel die "Schweinereitenden Ogerbrigaden".

(Foto: picture alliance / dpa)

Pfeifenclubs, Königstreue und Sensenmäher: In Bayern gibt es mehr als 21.000 Vereine und Clubs. Ihr Zweck ist für Nichtmitglieder manchmal unergründbar. Wir haben es trotzdem versucht.

Von Sabine Pusch

Zwei Gründer, sieben Mitglieder, ein paar Zeilen Satzung und schwups: Geboren ist der Verein. Denn mehr braucht es in Bayern nicht, um aus einer schafkopfspielenden Stammtischrunde einen gerichtlich anerkannten e. V., also einen eingetragenen Verein, zu machen. Außerdem bringt es eine Reihe von Vorteilen mit sich: Vereine gelten beispielsweise als juristische Personen, können im eigenen Namen klagen, brauchen im Gegensatz zur GmbH kein Mindestkapital und können Metro-Karten beantragen.

Die Zahl der Vereine in Bayern wächst stetig. Allein von 2009 bis 2012 registrierte das Amtsgericht München 1 058 neue Vereine. Etwa 21 475 sind es inzwischen. Die genauen Mitgliederzahlen werden an keiner zentralen Stelle registriert. Über deren Höhe können nur Mutmaßungen angestellt werden. Allein der Bayerische Trachtenverband bündelt 850 Vereine mit rund 165 000 Mitgliedern. Beim Bayerischen Landessportverband spricht man von 12 112 Vereinen mit 4,4 Millionen aktiven Sportlern. Doch abseits von Fußballern, Schützen und Trachtenliebhabern haben sich auch andere Menschen in teils seltsamen Clubs, Vereinen und Verbänden zusammengeschlossen. Ein paar Beispiele:

Pfeifenclub Ebing e. V.

  • Ort: Ebing (Raum Bamberg)
  • Gegründet: 1967
  • Mitglieder: 105
  • Motto: keines

Wie zwei Schwerter kreuzen sich die beiden Pfeifen auf dem Logo des Vereins. Fast automatisch hat man gedanklich ein verrauchtes Vereinszimmer vor sich und hört bärtige Männer mit rauer Stimme noch rauere Witze erzählen. Doch weit gefehlt: Auch Nichtraucher dürfen Mitglieder werden, die Vorsitzende ist eine Frau, Pfeife raucht niemand, nur Zigarre. Sechsmal im Jahr trifft man sich in einem Gasthaus und plant Veranstaltungen für die nächsten Monate. Die Mitglieder des Pfeifenclubs unternehmen Radtouren, sammeln Altpapier und richten den Spielplatz im Ort her. Geraucht wird dabei selten. Nur hin und wieder wird der Verein seinem Namen gerecht. Immer dann, wenn die jährlichen Zigarrelangsamrauchen-Wettbewerbe stattfinden. 2012 wurden die Ebinger Oberfränkischer Meister und Süddeutscher Vizemeister. "Aber wir machen da ja auch keine Lungenzüge. Gewonnen hat, wer die Zigarre am längsten beziehungsweise langsamsten rauchen kann", sagt die Vorsitzende Marita Walter. Die besten Leute seien dabei stets die Nichtraucher. Sie selbst hat vor 24 Jahren aufgehört.

Schweinereitende Ogerbrigade e.V.

  • Ort: Allersberg (Raum Nürnberg)
  • Gegründet: 2007
  • Mitglieder: 45
  • Motto: Einfach Spaß haben und sich dabei nicht zu ernst nehmen

Der Name ist wohl das Spektakulärste an der "Schweinereitenden Ogerbrigade". Wäre man ein Spielverderber, könnte man die Runde auch schlicht als "eingetragenen Stammtisch" bezeichnen. Daraus ging er hervor, und das ist er im Grunde noch immer: Man trifft sich, sitzt zusammen, trinkt und plant ein paar Aktivitäten. "Wir haben den Verein hauptsächlich gegründet, um uns nicht aus den Augen zu verlieren", sagt Wolfgang Pawellek, einer der Vorsitzenden. Inzwischen sind zu den Freunden von damals noch ein paar dazugekommen. Älter als 18 Jahre müssen die neuen Mitglieder sein: "Wir sind alle zwischen 20 und 40 Jahre alt. So ist jeder für sich selbst verantwortlich." Der mittelfränkische Verein finanziert sich durch Spenden. Die werden in einem Sparschwein gesammelt. Und darauf sitzt ein Oger aus Stoff - daher der Name, entstanden in bierseliger Runde.

Schlaraffia Ingoldia e. V.

  • Ort: Ingolstadt
  • Gegründet: 1918
  • Mitglieder: ein erlesener Kreis
  • Motto: In arte voluptas (In der Kunst liegt Vergnügen)

Sie begrüßen sich mit "Lulu", nennen Bier "Quell", rauchen "Lunten" statt Zigaretten und kommen mit "Benzinrössern" zu den Treffen. Was nach einem antiquierten Faschingsverein mit seltsamen Sprachregelungen klingt, ist eine weltweite, deutschsprachige Vereinigung zur Pflege von Kunst, Freundschaft und Humor: die Schlaraffia. In fast jeder größeren deutschen Stadt und auch in Ländern wie Thailand, Mexiko und Schweden gibt es "Reyche" und "Colonien". Jedes Mitglied beziehungsweise jeder "Ritter" ist jederzeit überall willkommen. Neulinge müssen vorgeschlagen werden, eine Prüflingszeit hinter sich bringen und von den anderen per Abstimmung akzeptiert werden. Beruf, Geld und Schulbildung sind nicht entscheidend. "Sie müssen halt in normalen Verhältnissen leben", sagt Heiner Meininghaus, einer der Vorsitzenden der Schlaraffia Ingoldia. Bei den Treffen versetzen sich die Mitglieder in die Zeit von Max dem Großen. Sie legen ihre Identität ab, halten Vorträge und tragen Mützen, auf denen ihre erdachten Namen stehen. Dann wird geredet, gesungen und gelacht. Nur über Politik und Religion spricht man nicht.

o'pflanzt is e. V.

  • Ort: München
  • Gegründet: 2011
  • Mitglieder: 27 + jeder, der mag
  • Motto: o'pflanzt is

Mitten in München, zwischen Leonrodplatz, Nordbad und Heizwerk, gibt es einen Ort für all jene, die sich nach selbst gepflanztem Gemüse sehnen und mal wieder ordentlich in der Erde wühlen wollen. Im Gemeinschaftgarten des Vereins wird gesät und geerntet, gegossen und gegessen. "Das Projekt ist sehr niedrigschwellig aufgezogen. Jeder kann mitmachen", sagt Ingrid Zorn von "o'pflanzt is". Die Leute, die regelmäßig in den Garten kämen, seien recht unterschiedlich, von der Studentin bis zum Rentner. Was alle gemeinsam hätten, sei das Interesse am Gärtnern. Zweimal pro Woche, Mittwoch von 17 bis mindestens 19 Uhr und Sonntag von 14 Uhr an ist das Grundstück für alle geöffnet. Immer dann ist ein Vereinsmitglied vor Ort und wacht über die Hobby-Gärtner. Er passt auf, dass die Schildchen in den Beeten korrekt beschriftet werden und niemand ohne vorherige Absprache eigene Samen in die Erde steckt. Außerdem sorgt er dafür, dass auch die restlichen 19 Gartlregeln eingehalten werden. So wird sichergestellt, dass genug Belag für die selbst gemachte Pizza nachwächst. Seit einigen Monaten hat der Verein nämlich einen eigenen Steinofen.

Die Königstreuen e. V. Regensburg

  • Ort: Regensburg
  • Gegründet: 1987
  • Mitglieder: 97
  • Motto: Wir brauchen keinen König, aber schöner wär's

Die Königstreuen träumen einen Traum: den Traum von der Neueinrichtung des Königreichs Bayern. Im Herzen wünschen sie sich eine Bayerische Monarchie, auch wenn sie wissen, dass diese so wahrscheinlich ist wie eine absolute Mehrheit der SPD. Im Vordergrund der Arbeit des Vereins steht deshalb die Brauchtumspflege. Die Königstreuen treffen sich einmal im Monat. Dann reden sie über Vergangenes und Gegenwärtiges, planen Veranstaltungen, hören sich geschichtliche Vorträge an und überlegen, wem sie in diesem Jahr die Salvatorkette überreichen wollen. Wichtig bei dieser Entscheidung: Die Person muss besondere Leistungen für Kultur und Brauchtumspflege in Regensburg oder Bayern erbracht haben. Wer aufgenommen werden möchte, der benötigt zwei Bürgen. "Das mit dem Rausschmeißen geht schneller als das mit dem Aufnehmen", sagt der erste Vorsitzende Anton Hofmann. Aus dem Verein geworfen werden die, die sich nicht ordnungsgemäß verhalten oder "etwas Verkehrtes" sagen. Also zum Beispiel (Un-)wahrheiten über König Ludwig II. verbreiten.

Sensenverein Deutschland e. V.

  • Ort: Wangen (Westallgäu)
  • Gegründet: 2009
  • Mitglieder: 58
  • Motto: keines

Vor einigen Jahren wollte sich Thomas Isermann Bienen anschaffen. Er informierte sich und erfuhr: Bienen mögen keine Rasenmäher. Sie fühlen sich von den Geräuschen gestört und finden es doof, dass die Blüten umgemäht werden müssen, bevor diese überhaupt richtig blühen können. Eine Alternative musste her. Isermann machte in Österreich einen Sensenkurs und anschließend eine Ausbildung zum Sensenlehrer. Mittlerweile gibt es in Deutschland 16 von ihnen. Verteilt über die ganze Republik bieten sie "Mähen für den Hausgebrauch", "Dengeln und Mähen" und andere Mäh-Events an. "Wir wollen den Leuten zeigen, wie leicht man mit der Sense mähen kann, wenn man sich nur darauf einlässt", sagt er. Die Menschen, die die Kurse besuchen, sind sehr unterschiedlich. Manche besitzen sehr große Grundstücke, andere haben daheim eine abschüssige Wiese, die es zu mähen gilt. Wieder andere sehen in der Tätigkeit eine Art Meditation. Länger als mit der Maschine dauert das Mähen mit der Sense laut Thomas Isermann nicht, da die Schnittbreite größer sei. Allerdings komme es doch darauf an, ob es sich um einen geübten Mäher oder um einen Anfänger handle. Blasen hätten zu Beginn fast alle.

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