Süddeutsche Zeitung

Naturschutz:Umweltverbände wollen Volksbegehren zum Schutz der Bienen nicht unterstützen

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Von Christian Sebald, München

Eigentlich sollte das Volksbegehren "Rettet die Bienen" ein Selbstläufer werden. Schließlich unterstützen nicht nur 50 meist kleinere Öko-Organisationen die Initiative. Sondern auch die Grünen und die SPD. In der Bevölkerung ist die Besorgnis über den Artenschwund inzwischen so immens, dass es kein Problem sein sollte, möglichst viele Unterstützer zusammenzubekommen.

So zumindest dachte sich das die ÖDP-Politikerin Agnes Becker. Sie ist Sprecherin der Initiative von "Rettet die Bienen". Doch dann grätschten der Bund Naturschutz (BN) und der Landesbund für Vogelschutz (LBV) dazwischen. Sie werden die Initiative nicht unterstützen, bekunden Bayerns größte Umweltverbände in einer gemeinsamen Erklärung. Als Gründe nennen sie "inhaltliche und rechtliche Mängel". Die ÖDP wurde kalt erwischt. "Wir haben für diese Verweigerung kein Verständnis", sagt Becker.

Der Konflikt um das neue Bienen-Volksbegehren erinnert an den Start des laufenden, bisher sehr erfolgreichen Volksbegehrens gegen den Flächenfraß. Auch dieser Initiative, mit der der Grünen-Politiker Ludwig Hartmann eine gesetzlich verankerte Obergrenze des Flächenverbrauchs erreichen will, wollten sich BN und LBV erst nicht anschließen. Zwar betonen beide Verbände seit jeher, dass der Flächenfraß eines der größten Umweltprobleme in Bayern sei. Gleichwohl gaben sie Hartmann einen Korb. Als Gründe nannten sie ebenfalls inhaltliche und formale Mängel der Initiative. Erst als sich abzeichnete, dass das Flächenfraß-Volksbegehren auf riesige Zustimmung stößt, lenkten sie ein und schlossen sich dem Volksbegehren an.

Nun also eine abermalige Verweigerung der beiden Umweltverbände. "Wir beklagen das Insektenstreben schon seit Langem", sagt BN-Chef Richard Mergner. "Es herrscht ganz dringender Handlungsbedarf." Der LBV-Vorsitzende Norbert Schäffer schätzt die Lage nicht minder dramatisch ein. Einig sind sich die Verbandschefs auch in ihrer Kritik.

Ein Volksbegehren könne einzig Einfluss auf die Landespolitik nehmen, betonen sie. Dem Insektensterben sei aber in erster Linie auf EU-Ebene, durch eine grundlegende Reform der EU-Agrarpolitik, und auf nationaler Ebene, durch neue Vorgaben für Pflanzenschutzmittel, beizukommen. Außerdem müsse man mit den Bauern für die Artenvielfalt kämpfen, statt noch mehr Druck auf sie ausüben, wie es das Bienen-Volksbegehren mit seinen vielen angestrebten Reglementierungen für die Landwirtschaft tue. "Das sind die drei Big Points, auf die es ankommt", sagt BN-Chef Mergner. "Ihnen gegenüber spielt die Landespolitik eine untergeordnete Rolle, deshalb machen wir bei dem Volksbegehren nicht mit."

"Es ist gut, wenn dafür auf allen Ebenen der Politik gekämpft wird"

In der ÖDP widersprechen sie scharf. "Natürlich muss auf EU- und auf nationaler Ebene sehr viel mehr gegen das Insektensterben getan werden als bisher", sagt Becker. "Aber das heißt nicht, dass der Freistaat nicht gefragt ist." Als Beispiel nennt sie den landesweiten Biotop-Verbund, den das Volksbegehren verlangt. "Wenn man die Staatsregierung dazu verpflichtet, muss sie für einen solchen Verbund sorgen", sagt Becker. "Genau das wollen wir mit dem Volksbegehren erreichen."

Der Grünen-Politiker Hartmann pflichtet Becker bei. "Wir müssen ernst machen mit dem Schutz der Artenvielfalt", sagt er. "Es ist gut, wenn dafür auf allen Ebenen der Politik gekämpft wird." Natürlich könne das Bienen-Volksbegehren nicht alle Herausforderungen des Artenschutzes meistern. "Aber es ist ein deutlicher Schritt, um Artenvielfalt zurückzugewinnen."

Becker und Hartmann sind zuversichtlich, dass viele BN- und LBV-Mitglieder wenig auf das Veto ihrer Verbandsspitzen geben und das Bienen-Volksbegehren unterstützen werden. Auch LBV-Chef Schäffer scheint das offenbar für möglich zu halten. Wohl deshalb sagt er: "Die Ablehnung des Volksbegehrens ist die Position des LBV-Vorstands. Wie es unsere Kreis- und Ortsgruppen damit halten, ist ihnen selbst überlassen."

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SZ vom 29.05.2018
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