Umweltschutz:Wolfsgeheul

Wolf

Für die einen willkommener Heimkehrer, für die anderen unliebsamer Eindringling: Der Wolf polarisiert in Bayern.

(Foto: Patrick Pleul/dpa)

Die Staatsregierung plädiert in ihrem Aktionsplan für den Abschuss der Raubtiere. Das wollen Naturschützer nicht hinnehmen und drohen mit Klage

Von Christian Sebald

Der Streit um die Rückkehr der Wölfe nach Bayern wird wohl vor Gericht ausgetragen werden. Das ist das Fazit einer Anhörung zu dem umstrittenen Aktionsplan Wolf der Staatsregierung am Donnerstag im Umweltministerium. "Für den Fall, dass auf Basis des Aktionsplans Wolf ein oder sogar mehrere Wölfe zum Abschuss frei gegeben werden, rechne ich fest mit einer Klage", sagt der Vorsitzende des Landesbunds für Vogelschutz, Norbert Schäffer, der an der Anhörung teilgenommen hat. Der Grund: Entgegen massiver rechtlicher Bedenken hält die Staatsregierung offenkundig daran fest, dass zuwandernde Wölfe auf Almen aus Präventionsgründen abgeschossen werden können sollen, schon bevor sie ein Kalb, ein Schaf oder ein anderes Nutztier gerissen haben. Dies hätten hochrangige Vertreter des Umwelt- und des Landwirtschaftsministeriums bei der Anhörung unmissverständlich klar gemacht. Derweil kursieren Spekulationen, dass der Wolf, der vor einigen Wochen im Oberallgäu herumgestreift ist, womöglich bereits gewildert worden ist.

Wie erwartet, standen sich in der Anhörung vor allem die Almbauern und die Naturschützer mit ihren Positionen unversöhnlich gegenüber. Die einen fordern, dass die bayerischen Berge möglichst insgesamt zu einer "wolfsfreien Zone" deklariert werden, weil sie um ihre Nutztiere auf den Weiden fürchten. Die anderen halten dagegen, dass zuwandernde Wölfe sowohl nach dem EU-Recht als auch nach dem deutschen Naturschutzrecht unter strengstem Schutz stehen. Sie dürfen deshalb nur in absoluten Ausnahmefällen abgeschossen werden - und zwar nur dann, wenn sie ein konkretes Sicherheitsrisiko für Menschen sind oder die Schäden, die sie anrichten, die wirtschaftliche Existenz des jeweiligen Almbauern gefährden. Vorrang, so die Naturschützer und namhafte Juristen, habe der Schutz der Rinder und Schafe durch Zäune, Herdenschutzhunde und womöglich Hirten.

Die Staatsregierung stellt sich mit ihrem Aktionsplan Wolf auf die Seite der Almbauern. Ministerpräsident Markus Söder hat in den vergangenen Wochen stets betont, "dass die Almen in Bayern 200 Jahre lang gut ohne den Wolf ausgekommen sind" und er nicht einsehe, "warum das nicht auch in Zukunft so sein soll". Im Aktionsplan Wolf findet sich die dazu passende Passage in einer Tabelle auf Seite 44. Dort heißt es unter dem Punkt "Verhalten": "Wolf nähert sich wiederholt nicht schützbaren Tieren an oder unternimmt sogar Angriffsversuche." Und als "Vorgehen" wird "ggf. Entnahme" - also Abschuss - genannt. "Das ist Rechtsbruch", sagt Schäffer. "Sollte der Fall Wirklichkeit werden, dass der Freistaat den Abschuss eines Wolfes aus reinen Präventionsgründen genehmigt, ohne dass das Tier irgendeinen Schaden angerichtet hat, wird es zu einer Klage kommen."

Irritation in der Anhörung hat die Nachricht ausgelöst, dass sich offenbar bereits das Kabinett mit dem 61 Seiten starken Papier befasst hat, obwohl es derzeit noch als Entwurf tituliert ist und längst noch nicht alle einschlägigen Verbände und Organisationen dazu Stellung bezogen haben. "Sollte das wirklich der Fall sein, wäre das nicht nur völlig unüblich, sondern ganz schlechter Stil der Staatsregierung", sagt ein Beobachter. "Denn da denkt sich doch ein jeder, dass all die Stellungnahmen für die Katz sind, weil die Staatsregierung ja eh schon entschieden hat, dass sie die Forderungen der Almbauern erfüllt."

Im Oberallgäu hat sich die Spur des jungen Wolfes verloren, der dort im August Alpbauern und Kommunalpolitiker in Unruhe versetzt hat. Das Raubtier, das bei Wertach und Immenstadt jeweils drei Kälber und Schafe von den Weiden geholt hat, war zuletzt am 29. August von Bergsteigern fotografiert worden. Beim Viehscheid in Wertach, da haben sich die Bauern unlängst angeblich zugeflüstert, "wenn es der Söder mit dem Wolf nicht hinbekommt, dann haben wir immer noch genug Wilderer im Allgäu".

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