Umwelt:Umstrittenes Interfranken

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Grüne und Naturschützer wollen Gewerbepark verhindern

Von Claudia Henzler, Rothenburg ob der Tauber

Das Projekt Interfranken schien längst gestorben zu sein. Doch nun hat die CSU die Pläne für einen Gewerbepark am Autobahnkreuz Feuchtwangen/Crailsheim wieder belebt: durch eine geplante Änderung der Landesentwicklungsplanung. Die Landtags-Grünen sprechen von einer "Lex Interfranken" und wollen sich dagegen einsetzen.

Die Abgeordneten fuhren am Donnerstag, dem zweiten Tag ihrer Fraktionsklausur, nach Ungetsheim. Das Dorf liegt nur wenige Hundert Meter von der Stelle entfernt, an der sich A 6 und A 7 schneiden. Hier konnten sie besichtigen, was der Flächenverbrauch, gegen den sie sich politisch einsetzen, konkret bedeuten würde: Aus Äckern und Wiesen sollen Straßen, Firmengebäude und große Hallen werden, es geht um 81 Hektar Land plus Zubringerstraße und Ausgleichsflächen.

Laut Eigenwerbung will Interfranken "der Industriepark an Europas Drehkreuz" werden. Acht Kommunen haben sich für das Projekt zusammengeschlossen, das ist schon mehr als zehn Jahre her. Die Idee war entstanden, als BMW Anfang des Jahrtausends auf der Suche nach einem Standort für eine neue Produktionsstätte war. Als sich der Autobauer für Leipzig entschied, wollten die fränkischen Bürgermeister die Idee nicht aufgeben.

Sie planten ein Sondergebiet, das anfangs sogar viermal so groß sein sollte, mit eigener Autobahnausfahrt und Anschluss an die Bahnlinie, die unmittelbar am Gebiet vorbeiführt. Davon ist jetzt nicht mehr die Rede. Es müsste schon jemand in der Größenordnung von BMW kommen, um diese Träume noch zu verwirklichen. Derzeit rechnen die beteiligten Gemeinden eher mit Logistikbetrieben. Es gebe viele Interessenten, sagt die Geschäftsführung. Das Bayerische Verwaltungsgerichtshof stoppte die Planung im März 2015, nachdem Privatleute und der Bund Naturschutz gegen den Bebauungsplan geklagt hatten.

Ein Grund war die fehlende Anbindung an eine Siedlung - und das ist die Vorschrift, welche die CSU nun ändern will.

Ist der Eingriff in die Landschaft direkt neben einem Autobahnkreuz wirklich so schmerzhaft? Für die Menschen, die hier leben, ist das keine Frage. Den Biobauern Gerhard Binder zum Beispiel. Sein Hof steht in Ungetsheim, das zur Gemeinde Feuchtwangen gehört. Sie ist mit 35 Prozent die größte Teilhaberin an Interfranken. Binder und seine Frau Elisabeth haben den Betrieb vor bald vier Jahrzehnten übernommen. Damals gab es noch 20 Bauern im Dorf, heute sind es zwei. Sie betreiben den Biohof im Nebenerwerb, betonen aber: "Wir sind keine Hobby-Landwirte."

In seiner Maschinenhalle, nur wenige Hundert Meter von der Autobahn entfernt, haben sich Grüne und Interfranken-Gegner versammelt. In der Ferne rauscht der Verkehr, doch Wiesen, Äcker und Büsche rahmen die Autobahnen ein. Man ist hier auf dem Land. Die Binders möchten, dass das so bleibt. Sie selbst müssten keine Flächen hergeben, wenn der Gewerbepark kommt. Doch sie fürchten einen Wandel der Landschaft, wollen nicht, dass neben ihren Äckern Brachflächen entstehen, die als Ausgleich für den Gewerbepark gebraucht werden. Unter den Gegnern sind einige Landwirte, die nicht direkt betroffen sind, das Projekt aber als Bedrohung für die bäuerliche Struktur sehen und einen Anstieg von Boden- und Pachtpreisen befürchten.

Möglicherweise wird es aber der Lärm sein, der sich als Hauptargument durchsetzt und das Projekt noch zu Fall bringt. Mangels eigener Autobahnausfahrt für Interfranken müssen die Lastwagen zum Teil durch Dörfer fahren. Dagegen wehrt sich inzwischen die Gemeinde Schnelldorf, selbst mit 15 Prozent an Interfranken beteiligt. Sie will aus dem Projekt aussteigen, stößt aber bei den sieben anderen Kommunen auf Widerstand.

Der unzureichende Lärmschutz war auch ein wichtiger Kritikpunkt des Verwaltungsgerichtshofs. Der Grünen-Abgeordnete Martin Stümpfig, selbst aus Feuchtwangen und seit Langem am lokalen Protest beteiligt, gab sich deshalb am Donnerstag zuversichtlicher, als vielen seiner Mitstreiter aus der Bürgerinitiative zumute ist: "Interfranken ist tot und es bleibt tot!", beschwor er den gewünschten Ausgang des Streits, der wohl noch einige Jahre andauern wird.

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