Umstrittene Tourismuswerbung:Regensburg diskutiert über Domspatzen-Postkarte

Umstrittene Tourismuswerbung: Der Auslöser der Empörung - eine Postkarte der Regensburger Tourismuswerbung.

Der Auslöser der Empörung - eine Postkarte der Regensburger Tourismuswerbung.

(Foto: RTG)
  • Die Regensburger Domspatzen kommen nicht aus den Negativ-Schlagzeilen: Sie sind das Motiv einer Werbeaktion - samt Postkarte und Video - die in Regensburg umstritten ist.
  • Politiker der Linken nennen die Werbung frauen- und fremdenfeindlich.
  • Oberbürgermeister Wolbergs hält dagegen, es handle sich lediglich um eine "absurde Pseudo-Empörungsaktion".

Von Wolfgang Wittl, Regensburg

Das Jahr hat nicht gut begonnen für die Regensburger Domspatzen, dabei können sie nicht mal unbedingt etwas dafür: Erst zeigte die ARD eine Dokumentation über drei frühere Chormitglieder, die vor Jahrzehnten offenbar missbraucht worden sind und bis heute auf eine kirchliche Anerkennung ihres Leids warten. Dann löste sich der Förderverein auf, der Hunderttausende Euro gespendet hatte. Grund: Das Bistum ließ keine Unterstützung mehr zu, da die Vereinschefin als gleichzeitige Landesvorsitzende der Schwangerenberatung Donum Vitae Grenzen überschritten habe. Nun sind die Domspatzen unfreiwillig ins Zentrum einer Debatte geraten, wie politisch korrekte Werbung auszusehen habe.

Um ihre Bekanntheit zu steigern, hat die Stadt Regensburg eine bundesweite Kampagne gestartet: Unter dem Titel "Regensburger Originale" wirbt die Regensburg Tourismus GmbH (RTG) mit "witzigen Videospots" um Besucher. Begleitend wurden 100 000 Postkarten mit vier Motiven gedruckt: Sie zeigen eine Gruppe junger Menschen als Maurer vor der Steinernen Brücke oder beim Getränkekisten-Stapeln vor dem Dom, dazu der Hinweis: "Nichts ist besser als das Original."

Auf einer anderen Karte ist die Gruppe als Domspatzen dargestellt. Doch im Gegensatz zu dem weltbekannten und stets diszipliniert auftretenden Knabenchor sind hier auch Mädchen abgebildet, die tuscheln oder an ihrer Kleidung nesteln. Auch ein Schwarzer ist zu sehen. Und vorne ein vermeintlicher Original-Domspatz, der sich an die Stirn greift und die Augen verdreht.

Ein Fauxpas, findet die Fraktion der Linken. Die Aktion spiele "offen mit sexistischen Stereotypen" wie geschwätzigen Frauen. Zudem sei für die RTG offenbar "klar, dass man, um etwas negativ darstellen zu können, einen Quotenmigranten braucht". Auch lokale Medien begleiteten die Kampagne kritisch.

OB will "absurde Pseudo-Empörungsaktion" beenden

RTG-Geschäftsführerin Sabine Thiele hält den Vorwurf der Frauen- und Fremdenfeindlichkeit für "nicht nachvollziehbar". Bei den gezeigten Personen handele es sich um Mitarbeiter der RTG, von denen auch die Idee stamme.

Oberbürgermeister Joachim Wolbergs (SPD) sagt, er wisse nicht, worüber er sich mehr aufregen müsse: "Über die Nichtigkeit des Anlasses, über die künstliche Empörung oder über die Unfähigkeit, Ironie zu erkennen." Dennoch habe er die RTG gebeten, diese Postkartenaktion zu beenden und das Video aus dem Netz zu nehmen - nur um diese "absurde Pseudo-Empörungsaktion" zu beenden.

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