Umbau des Eishockey-Stadions:"Augsburg 21"

Augsburg baut für 16 Millionen Euro das altehrwürdige Eishockey-Stadion um. Doch jetzt können die Fans nichts mehr sehen und machen ihren Unmut deutlich.

Stefan Mayr

Noch im April herrschte große Euphorie bei den Augsburger Eishockey-Fans. Das Profiteam der Panther wurde völlig überraschend deutscher Vizemeister, zudem beschloss der Stadtrat, das marode Curt-Frenzel-Stadion endlich zu modernisieren. Heute ist diese positive Stimmung in blankes Entsetzen umgeschlagen. Am Sonntag beim Heimspiel gegen Straubing stellten die Fans Hunderte Grablichter in Form des Stadionkürzels CFS auf. Sie zogen sich Mullbinden über die Augen, sie hängten Plakate auf "Die Tradition darf nicht sterben" oder "Wo ist der Puck?" Der Ärger richtet sich gegen die Stadt Augsburg. Ihr Vorwurf lautet: Der 16-Millionen-Umbau ist eine Fehlplanung. Alle Zuschauer - sowohl auf den Rängen wie auf den Sitzplätzen - klagen über miserable Sicht auf das Eis.

Seit Anfang Oktober tragen die Augsburger Panther ihre Heimspiele der Deutschen Eishockeyliga (DEL) auf der Baustelle aus. "Seitdem herrscht bei uns Ausnahmezustand", sagt Panther-Hauptgesellschafter Lothar Sigl, "es gibt erhebliche Sichtbehinderungen, und es zeichnet sich ab, dass dies auch nach Abschluss der Bauarbeiten so bleiben wird." Der Süddeutschen Zeitung liegt ein Schreiben des Bayerischen Fernsehens an die Stadt vor, in dem die Redaktion kritisiert, dass die Kamera spielentscheidende Szenen "einfach nicht" einfangen konnte. Der Brief schließt mit der Bemerkung, dass der Sender bei einem Fortbestand dieser Zustände "aus Augsburg eigentlich nicht mehr berichten dürfte".

Schon fürchten Lothar Sigl und die Fans um die Existenz des Augsburger Profi-Eishockeys: "Wir fallen zusammen wie ein Kartenhäusle", sagt Gesellschafter Sigl, "wir brauchen die Fans, die sind unser größtes Kapital." Der Fanbeauftragte Bernhard Kopp berichtet von Anhängern, die vorzeitig heimgegangen sind, weil sie nichts gesehen haben: "Die kommen erst zurück, wenn sie wieder freie Sicht haben."

"Die Empörung ist riesengroß", sagt Gottfried Neumann, der Ehrenpräsident des Augsburger Eislauf-Vereins. Der ehemalige Bankvorstand fällt ein verheerendes Urteil: "Ich sitze auf dem vermeintlichen besten Platz und sehe in zwei Ecken der Eisfläche nichts." Selbst Sportreferent Peter Grab hat im Internetforum des AEV bereits eingeräumt, dass es Sichtbehinderungen gebe. Er betont jedoch, dass es sich um einen vorläufigen Zustand handele. Er berief einen runden Tisch mit Fans ein. Dabei einigte man sich darauf, die Bauplanung von einem unabhängigen Gutachter prüfen zu lassen.

Den Frust der Fans linderte das allerdings nicht, sie veröffentlichten ein Protestschreiben per Zeitungsanzeige. Die letzte Eskalationsstufe war erreicht, als AEV-Ehrenpräsident Neumann einen harschen offenen Brief an Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU) richtete. Er schrieb von "Augsburg 21" und fragte: "Warum wurde ein Architekturbüro beauftragt, das offenbar keine Erfahrung im Sportstättenbau hat?" Zudem bezeichnet es Neumann als "nicht nachvollziehbar", dass die Wohnungsbau-Gesellschaft für den Stadionbau verantwortlich ist, während das erfahrene Hochbauamt außen vor gelassen wurde.

Am Sonntagmorgen unterbrach Gribl seinen Urlaub und schaute sich die Baustelle an. Am Montag zog er die Notbremse. In einer kurzfristig einberufenen Krisen-Pressekonferenz räumte er ein: "Die Situation ist außerordentlich betrüblich, wir werden den Zustand so nicht akzeptieren." Gribl und der Chef der städtischen Wohnungsbau-Gesellschaft (WBG), Edgar Mathe, legten einen eiligst zusammengestellten Fünf-Punkte-Plan vor, mit dem die Sichtprobleme behoben werden sollen. Wichtigste Maßnahme ist die Erhöhung der Eisfläche um einen Meter während der Sommerpause 2011. Auch die Sitzplätze sollen nachträglich angehoben und versetzt angeordnet werden. Zudem werden die neuen massiven Betonbrüstungen, die AEV-Ehrenpräsident Neumann als "beklemmende Berliner Mauer" bezeichnet, wieder abgerissen und durch Glaskonstruktionen ersetzt. Die Kosten der Korrekturen konnte Mathe nicht beziffern. Die Vertreter der Panther bezweifeln unterdessen, ob die Änderungen etwas nützen: "Mir fällt es schwer zu glauben, dass das was hilft", sagt Gottfried Neumann.

Der Vertreter des Architekturbüros gab zu seinen umstrittenen Planungen keinen Kommentar ab. OB Gribl zeigte sich zwar "verärgert" über die Situation, wollte sich über die Ursachen der Sichtprobleme aber nicht äußern. Tatsache ist, dass die vom Stadtrat beschlossene Planung im Laufe des Baufortschritts massiv verändert wurde. Die direkt am Projekt Beteiligten schieben sich nun gegenseitig die Schuld zu: "Ich fühle mich von der Stadt schlecht betreut", sagt Panther-Gesellschafter Sigl. WBG-Chef Mathe dagegen beteuert, die Panther hätten gewusst, dass die Pläne eine Beeinträchtigung der Sicht verursachen. Sie hätten zugestimmt, weil sie mehr Kapazität wollten. Sigl weist diese Darstellung zurück: "Wir schaufeln doch nicht unser eigenes Grab."

Angesichts des Zoffs war der Sport am Sonntag übrigens fast Nebensache. Die Panther verloren 3:4 nach Verlängerung. Nach dem Spiel brannten nur noch einige wenige Grablichter.

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