Wahl in Nürnberg:Die Herausforderer werden es schwer haben

Wahl in Nürnberg: Rund um den Hauptbahnhof wird in Nürnberg bereits gebaut.

Rund um den Hauptbahnhof wird in Nürnberg bereits gebaut.

(Foto: Olaf Przybilla)
  • Augustinerhof, Volksbad, Hauptbahnhof, Quelle-Gelände: Der Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD) hat für viele Großbaustellen in Nürnberg eine konkrete Perspektive geschaffen.
  • Bei den vergangenen Kommunalwahlen war die Grundmelodie der CSU-Kampagne, dass Maly ein chronisches Umsetzungsproblem habe.
  • Nun müssen sich die Herausforderer Malys wohl auf einen Wahlkampf einstellen, der sich von den vorherigen unterscheidet.

Von Olaf Przybilla, Nürnberg

Christian Höhn hat einen Blick fürs Urbane. Der Fotograf aus Nürnberg hat die Metropolen der Welt bereist, herausgekommen sind Kunstfotos von Stadtlandschaften, deren Faszination man sich unmöglich entziehen kann. An dem Ort, an dem man selbst lebt, fällt einem das Besondere mitunter gar nicht mehr so auf. Dieser Blick aber von oben auf die Baustelle am Augustinerhof, sagt Höhn, der habe ihn sofort in den Bann geschlagen. Weil er wie unter einem Brennglas die Bedeutung dieses Ortes für die historisch wiederaufgebaute Altstadt von Nürnberg verdeutlicht. Der Augustinerhof, an der Pegnitz in Blickweite des Hauptmarktes gelegen, dürfte auf Jahrzehnte hinweg die letzte große Brachfläche innerhalb der Stadtmauern gewesen sein. Jetzt fuhrwerken dort seit vielen Monaten die Baukräne. Eine, ja doch, historische Baustelle in dieser Stadt.

Es ist nicht die einzige, wenn auch die spektakulärste. Nürnbergs Oberbürgermeister Ulrich Maly ist zu Dienstbeginn im Jahr 2002 häufiger gefragt worden, was die offenen Wunden der Stadt sind, um die er sich gekümmert haben will, wenn er irgendwann nicht mehr Stadtoberhaupt ist. Der Augustinerhof, diese notorisch kariöse Stelle im historischen Kern der Kommune, stand ziemlich weit vorne in seiner Rangliste.

Genauso das Volksbad, ein trostlos gammeliger Verhau, der mit "Jugendstilperle" nur unzureichend beschrieben ist. Dann natürlich der verheerend unübersichtliche Bahnhofsplatz, sowohl ober- wie auch unterirdisch: nicht nur für Stadttouristen ein maximal tristes Entree, wie man es sich unwirtlicher kaum vorstellen kann. Später dann, im Jahr 2009, kam auf Malys innerer Liste noch der Quelle-Koloss an der Fürther Straße hinzu. Jener Ort also, an dem bundesrepublikanische Wirtschaftsgeschichte geschrieben worden ist, nun aber die zweitgrößte leer stehende Immobilie der Republik versorgt werden muss.

Ob Maly 2020 ein viertes Mal als OB antritt, wissen nur Vertraute. Zwar gibt's im politischen Nürnberg kaum einen, der noch daran zweifelt; und das schon deshalb, weil der Sozialdemokrat die Bewerbung zur europäischen Kulturhauptstadt nach anfänglichem Zögern zu seiner Sache gemacht hat. Wenn 2025 womöglich Europa nach Franken schaut, wäre es da merkwürdig, wenn Maly nur als Privatier an den Kulturfestspielen teilnehmen würde. Sollte er tatsächlich erneut antreten, so muss sich die CSU auf einen Wahlkampf einstellen, der sich diametral von den drei vorherigen unterscheiden würde.

Keineswegs werden 2020 alle Großbaustellen vom Stadtboden verschwunden sein. Mindestens eine sehr konkrete Perspektive aber gibt es inzwischen überall. Maly, ein rhetorisch hoch veranlagter Sympath, der nur leider ein chronisches Umsetzungsproblem hat? Das war dreimal - strategisch durchaus nachvollziehbar - die Grundmelodie der CSU-Kampagne im Kommunalwahlkampf. 2020 klänge die eher abgestanden.

Am symbolischsten ist der Fortschritt am Augustinerhof. Das frühere Druckereigelände, zuvor Klosterhof, galt als schmerzhafteste Unzierde der Stadt. Zum Zankapfel wurde das Areal in den Neunzigerjahren, als der Chicagoer Architekt Helmut Jahn seinen Glaspalast-Entwurf vorstellte, ein Kontrapunkt zu Nürnbergs Nachkriegsbebauung, dieser aber per Bürgerentscheid gestoppt wurde. Die Wunde klaffte, die Stadt debattierte zwei Jahrzehnte. Nun entsteht dort ein Komplex mit Hotel, Wohnungen, Gastronomie. Und die Filiale des Deutschen Museums, beides entworfen vom Berliner Architekten Volker Staab.

Der Hauptbahnhof samt alter Hauptpost? Die grässliche Fußgängerunterführung vom Bahnhof zur Stadt ist immerhin aufgehübscht, der Vorplatz wird geordnet, daneben entsteht ein ambitionierter Palaiskomplex. Das Volksbad? 1994 geschlossen, war eine "Trockennutzung" fast schon beschlossene Sache. Nun haben Stadt und Freistaat gemeinsam entschieden, dass dort nach aufwendiger Sanierung tatsächlich wieder Menschen schwimmen sollen - wohl nicht vor 2025, die Pläne aber sind fix. Quelle? Auch hier sind viele hochfliegende Pläne zerstoben. Jetzt aber sieht es so aus, als ob dort wohl noch in diesem Jahr ein Investor das Projekt "The Q" in Angriff nimmt - einen Komplex mit 1000 Wohnungen, Handel, Kreativwirtschaft.

"An allen diesen Plänen und Projekten hat die CSU maßgeblich mitgewirkt", sagt Marcus König, CSU-Fraktionsvorsitzender im Stadtrat. Das ist wohl richtig, zumal SPD und CSU eine Kooperation im Nürnberger Rathaus bilden. Der Wahlkampf dürfte trotzdem keine ganz leichte Denkaufgabe für Maly-Herausforderer werden.

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