Ulmen und Rosenmüller im Gespräch:"Der Bayer ist nicht dumm"

Kultregisseur Marcus H. Rosenmüller hat einen neuen Film gemacht. In "Wer's glaubt, wird selig" geht es um bayerische Pornostars, falsche Priester und den Papst. Die Hauptrolle spielt der gebürtige Hamburger Christian Ulmen. Ein Doppelinterview über die Schwierigkeiten bei den Dreharbeiten in der bayerischen Provinz.

Anna Fischhaber

Am 16. August kommt der neue Film von Marcus H. Rosenmüller in die Kinos. In "Wer's glaubt, wird selig" steht ein bayerisches Bergdorf kurz vor dem Ruin. Denn: Es schneit nicht mehr. Eine Stammtischtruppe hat eine rettende, wenn auch etwas spinnerte Idee. Daisy, eine gerade verstorbene Schwiegermutter, soll zur Heiligen erklärt werden, und das marode Skikaff in einen florierenden Wallfahrtsort verwandeln. Um den Besuch aus dem Vatikan zu überzeugen, inszenieren die Männer allerlei Wunder. Bald überschlagen sich die Ereignisse: Pornostars, falsche Priester und sogar der Papst reisen an. Was klamaukig beginnt, wird bald zu einer Komödie, die gute Laune macht. Mit dabei: Hannelore Elsner als fanatische Betschwester, Jürgen Tonkel, der bereits bei Rosenmüllers "Wer früher stirbt ist länger tot" den Radiomoderator mimte, und Christian Ulmen, ehemaliger MTV-Moderator und Hauptdarsteller in dem Berliner Kultfilm "Herr Lehmann".

Süddeutsche.de: Herr Rosenmüller, in Ihrem neuen Film "Wer's glaubt, wird selig" soll ausgerechnet der gebürtige Hamburger Christian Ulmen ein bayerisches Dorf retten. Warum?

Christian Ulmen: Weil ich kein Bairisch spreche.

Marcus H. Rosenmüller: Schmarrn. Als ich das Drehbuch gelesen habe, wusste ich: Den Georg, den müsste der Ulmen spielen. Diese Gratwanderung zwischen Klamauk und tiefem Kern, das können nur wenige. Und da Christian dann wirklich zugesagt hat, musste ich mir eben was einfallen lassen, dass es stimmig wird.

Ulmen: Und weil ich kein Bairisch spreche.

Rosenmüller: Die Sprache war mir da egal. Es geht ja in meinen Filmen nicht nur ums Bairische. Und weil meine Filme außerhalb Bayerns meist keiner versteht, dachte ich mir, man könnte jemanden engagieren, der so nuschelt, dass man ihn auch in Bayern nicht versteht.

Süddeutsche.de: Haben Sie, Herr Ulmen, denn vorher schon einmal einen Film von Rosenmüller gesehen?

Ulmen: Ja, natürlich.

Rosenmüller: Echt?

Ulmen: Klar. "Wer früher stirbt ist länger tot." Der gehört ja zur allgemeinen Film-Bildung. Es ist mir im Übrigen wichtig, eins klarzustellen: Die Bayern sind nicht dumm! Ich habe Rosi versprochen, das in Interviews deutlich zu machen. Als Wiedergutmachung für meine Versuche, seinen Dialekt zu imitieren. Rosi hat mein Bairisch immer als Affront gewertet und mich jedes Mal angeschrien: "Wir sind nicht so dumm, wie es klingt, wenn du uns nachmachst."

Rosenmüller: Du warst gut, auch wenn du im Film natürlich Norddeutsch redest. Sag doch mal was auf Bairisch!

Ulmen (murmelt etwas Unverständliches): Jetzt, so, das geht nicht.

Süddeutsche.de: Und was hat Sie gereizt, die Rolle anzunehmen, Herr Ulmen?

Ulmen: Ich mochte die Geschichte. Das Blasphemische, das in dem Plan steckt, dem Vatikan ein getürktes Wunder vorzuspielen. Den respektlosen Umgang mit kirchlichen Ritualen. Das hat mir gefallen.

Süddeutsche.de: Sie wollten doch auch mal Theologie studieren?

Ulmen: Nein, nie! Ich habe mich da nur eingeschrieben, weil meine Eltern rumnervten, ich solle etwas Vernünftiges machen. Drei Wochen vor Beginn hat mich der Teufel zu MTV geholt - Gott sei Dank!

Rosenmüller: Theologie, echt? Also ich bin schon ein bisschen gläubig. Ein Trachtler hat einmal zu mir gesagt: Was da in der Kirche gesprochen wird, ist ja nicht so wichtig. Das Wichtige ist, dass man zusammensitzt und merkt, dass es noch was anderes gibt. Das ist, glaub ich, gar nicht so verkehrt.

Ulmen: Ich bin ja auch kein Atheist. Aber zum Glauben fehlt mir das Talent. Ich muss wissen. Immer. Das nervt. Auch mich selbst. Glauben macht nämlich wirklich selig.

Süddeutsche.de: Und der Dreh in Bayern? Hat der Sie auch gereizt?

Ulmen: Ich war ja schon öfter in Bayern. Also vor allem in München, nicht in der Provinz. Mit ein paar Vorurteilen bin ich natürlich schon angereist. Aber mit meiner Erfahrung kann ich jetzt nur noch mal wiederholen: Der Bayer ist nicht dumm. Auch wenn das in Hamburg und Berlin viele behaupten. Und die Galionsfigur der bayerischen Intelligenz, das ist der Rosenmüller.

Rosenmüller: Jetzt sei doch mal ehrlich. Christian ist hier verzweifelt, weil ich für die Probewoche einen Ort in Niederbayern ausgesucht habe, in dem es keinen Empfang gab.

"Zum Glauben fehlt mir das Talent"

Ulmen: Keinen Handyempfang, keinen Internetempfang, wirklich gar nichts. Das muss man sich mal vorstellen. Dabei bin ich so stadtverseucht. Und dann mitten im Nichts. Wie hieß der Ort noch mal?

Rosenmüller: Bödldorf.

Ulmen: Bödldorf, genau. Das war für mich wirklich sehr prägend. Dass man mal eine Woche zusammensitzt, am Lagerfeuer, das habe ich das letzte Mal mit 13 gemacht. Wie im Ferienlager war das.

Rosenmüller: Ich hab das bei früheren Filmen schon gemacht. Und gemerkt, dass das viel an den Geschichten verändert. Natürlich weiß man nie, ob nicht doch der Koller ausbricht.

Ulmen: Ich kann das aus Regiesicht komplett nachvollziehen, aber vom Naturell her bin ich lieber nach Feierabend zu Hause. Ich wäre ja gern ein geselligerer Mensch, aber ...

Rosenmüller: Aber du bist ja auch noch nicht fertig, du kannst dich ja auch noch verändern ...

Ulmen: Na ja, ich bin 36. Ich werde kein Lagerfeuer-Champion mehr, aber: Am Schluss hatte es mir der bayerische Schnupftabak angetan, damit hielt ich diese geselligen Nächte durch.

Süddeutsche.de: Und die richtigen Dreharbeiten? Da müssen Sie beide ja auch Wochen zusammen in den bayerischen Bergen verbracht haben?

Rosenmüller: Ehrlich gesagt, nein. Wir waren auf der Suche nach einem Skiort in den Bergen, aber wir haben nichts gefunden, was so aussah, wie ich mir das vorgestellt habe. Deshalb haben wir nur eine Woche auf der Sonnenalm in Bayrischzell gedreht. Und dann in Kastl bei Amberg in der Oberpfalz. Die Berge sind später reinmontiert worden. Der Vorteil: In Kastl gab es sogar ein Hotel.

Ulmen: Na ja, die einen sagen so, die anderen so.

Rosenmüller: In Hamburg und Berlin sind die so was von verwöhnt. Unglaublich. Das war wirklich eine wunderschöne Unterkunft.

Süddeutsche.de: Gibt es dennoch weitere Projekte zusammen?

Rosenmüller: Das ist jetzt natürlich Lobhudelei. Aber es ehrt mich, dass Christian Ulmen in einem Film von mir mitgespielt hat. Wenn ich kein Drehbuch mehr bekomme, das auf ihn passt, müsste ich mich hinhocken und selbst eins schreiben.

Ulmen: Ganz im Ernst: Rosenmüller ist der Jürgen Klopp des deutschen Films. Ich stehe natürlich jederzeit ehrfürchtig Gewehr bei Fuß. Standby. Wie im bayerischen Ferienlager. Da mussten wir nämlich immer auf unseren Zimmern sitzen und warten, bis der Rosi kam und gerufen hat: Probe!

Süddeutsche.de: Sind Sie sich dort eigentlich auch zum ersten Mal begegnet?

Rosenmüller: Nein, mein erster Kontakt mit Ulmen war eine leichte Fanattitüde. Das ist schon ein paar Jahre her. Aber das weiß er heute natürlich nicht mehr.

Ulmen: Doch, dass weiß ich noch. Am Set von "Maria, ihm schmeckt's nicht". Und das war ein Scherz. Er war nie ein Fan.

Rosenmüller: Doch, doch. Wegen deinem Herrn Lehmann. Aber am Set habe ich mich nicht getraut, dich anzusprechen.

Süddeutsche.de: Haben Sie Herrn Ulmen denn auch auf MTV gesehen?

Rosenmüller: MTV habe ich geguckt. Aber an Ulmen kann ich mich nicht erinnern.

Ulmen: Bei dir zu Hause war der Empfang eben nicht so gut. Bayerische Provinz halt. Da gab es immer so ein Grisseln.

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