Überraschung nach Umfrage:Kompetenz-Kompetenz

Wählerbefragung zeigt gravierende Verschiebungen: Die CSU kann immer noch, die Grünen können etwas besonders gut, die SPD kann nichts dafür.

K. Auer und A. Ramelsberger

Eine Umfrage ist eine Umfrage ist eine Umfrage - keine Wahl, nichts, was man überschätzen sollte. Und dennoch zeigt die Umfrage von Infratest dimap im Auftrag des BR-Politikmagazins "Kontrovers" einige wichtige Entwicklungen in Bayerns Politik - gerade weil es nicht nur darum geht, wer gewählt würde, wenn am nächsten Sonntag Landtagswahl wäre. Die Bayern sollten auch antworten, wer etwas kann und wer die Probleme des Landes am besten löst. Der frühere Ministerpräsident Edmund Stoiber hatte das in seiner eigenwilligen Art der Wortschöpfung als "Kompetenz-Kompetenz" bezeichnet.

Horst Seehofer, CSU, AP

Trotz fataler Pannen scheint die CSU mit ihrem Chef Horst Seehofer unverwüstlich zu sein.

(Foto: Foto: AP)

CSU Wenn ein Mensch schwere Zeiten überstanden hat, wenn er angeschlagen ist, aber nicht gebrochen, dann nennt man ihn gerne "unverwüstlich". Das heißt: Er sieht nicht mehr sehr frisch aus, man sieht die Falten und Narben, aber es ist mit ihm zu rechnen. Eine solche Unverwüstlichkeit könnte man derzeit der CSU attestieren - und das liegt nicht an den mageren 41 Prozent, die sie laut der BR-Umfrage bei einer Wahl jetzt noch einfahren würde. CSU-Chef Horst Seehofer kommentierte das mit der entsprechend leisen Erleichterung. "Das macht Mut", sagte er, denn in der CSU hatten viele mit Schlimmerem gerechnet.

Es sind andere Zahlen, die viele erstaunen, die gedacht haben, dass angesichts der verlorenen Milliarden durch die Landesbank der Ruf der CSU heillos ruiniert sein müsste. Diese Überraschungswerte liegen bei 51 und 64 Prozent. Immer noch 51 Prozent der Befragten gestehen der CSU zu, dass sie am besten die Probleme des Freistaats lösen kann. Das ist kein Einbruch im Vergleich zur Umfrage vor einem Jahr, sondern sogar ein kleiner Zugewinn.

Und das zweite Ergebnis lässt noch mehr aufhorchen: Immer noch 64 Prozent gestehen der CSU die größte Wirtschaftskompetenz unter allen bayerischen Parteien zu. Das ist zwar nicht zu vergleichen mit früher, als die CSU Werte von 80 und 90 Prozent bei der Wirtschaftskompetenz erzielte. Und es ist auch bedeutend weniger als vor einem Jahr, als die CSU von 70 Prozent der Bürger als die wirtschaftlich fähigste unter den Parteien genannt wurde. Aber man muss den Abstand zu den anderen Parteien betrachten, um diese Zahlen wirklich werten zu können.

Gerade bei der Wirtschaftskompetenz deklassiert die angeschlagene CSU noch immer alle anderen Parteien - auch die FDP, die sich als die Wirtschaftspartei gibt und den Wirtschaftsminister stellt. Ihr werden magere sieben Prozent an Wirtschaftskompetenz zugeschrieben - gerade einmal ein Prozent mehr als vor einem Jahr. Die anderen Parteien verschwinden. Und sogar bei der Bildung, lange das große Problem der Partei, sprechen ihr noch 38 Prozent Kompetenz zu.

Guttenberg beliebt wie Ude

Offensichtlich profitiert die CSU von ihrer Prominenz - weniger im Land als in der Bundespolitik. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hat sich mit einem Satz auf Platz 1 der Beliebtheitsskala gesetzt und macht dort nun dem Münchner Oberbürgermeister Christian Ude Konkurrenz. Die Befragten haben Schulnoten vergeben - der Wert für Ude und Guttenberg ist gleich: Sie schaffen es beide auf 2,3. Gleich an zweiter Stelle liegt Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner mit einer Note von 2,8. Die Ministerin kommt mit ihrer frischen Art offenbar gut bei den Leuten an.

Keinen Schaden an der Landesbank-Krise nimmt erstaunlicherweise die Beliebtheit von Finanzminister Georg Fahrenschon. Er schafft es mit einer Note von 3,0 ins vordere Mittelfeld. Ministerpräsident Seehofer steht nicht so gut da. Er wird gerade einmal mit einer 3,3 bewertet - gleichauf mit SPD-Landeschef Florian Pronold und Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger. "Völlig schmerzfrei" sei er da, sagt Seehofer, seine Mission sei es schließlich, die CSU und Bayern nach vorne zu bringen. Seine eigene Bewertung sei da zweitrangig.

Weniger gelassen nimmt Fraktionschef Georg Schmid sein Ergebnis: 3,5 Prozent, das Schlusslicht. "Wenn man in dieser Position ist, gibt es nur noch eine Richtung, nämlich die nach oben", sagt er.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, wie die Befragten Sabine Leutheusser Schnarrenberger benotet haben.

FDP: "Bäume wachsen nicht in den Himmel"

FDP Die Zustimmung zur schwarz-gelben Koalition schwindet, auch zur FDP. Noch vor einem Jahr waren zwei Drittel der Bayern mit ihrer Regierung zufrieden, heute sind es nur noch 37 Prozent. Und nur ein Viertel der Befragten ist mit der Regierungsleistung der Liberalen zufrieden.

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, FDP, dpa

Note 3,2 für FDP-Landesvorsitzende Sabine Leutheusser-Schnarrenberger - ein mageres Ergebnis.

(Foto: Foto: dpa)

"Die FDP erlebt, dass Bäume nicht in den Himmel wachsen", kommentierte Seehofer das Ergebnis des Koalitionspartners. FPD-Generalsekretärin Miriam Gruß hingegen bewertete ihre Partei als "stabilen Faktor" in der Koalition. Immerhin würden derzeit elf Prozent der Bayern die FDP wählen - 2008 zog sie mit acht Prozent in den Landtag ein. Wirtschaftsminister Martin Zeil und die FDP-Landesvorsitzende Sabine Leutheusser-Schnarrenberger erhielten eine Schulnote von 3,2. Das ist nicht üppig, Zeil hatte schon bessere Noten.

Auf der nächsten Seite: Die Misere der SPD.

SPD: Misstrauen in die Wirtschaftskompetenz

Franz Maget, SPD, ddp

Den Sozialdemokraten und ihrem zweimaligen Spitzenkandidaten Franz Maget trauen die Befragten wirtschaftlich nichts zu.

(Foto: Foto: ddp)

SPD Es ist das alte Problem: Die CSU verliert zwar, aber die SPD kann davon kein bisschen profitieren. Warum das so ist, diese Frage war wahrscheinlich die meistgestellte an den zweimaligen Spitzenkandidaten Franz Maget. Nach der Antwort sucht die SPD immer noch.

17Prozent in der Wählergunst, das ist noch genauso verheerend wie das Landtagswahlergebnis vor einem Jahr, als die Sozialdemokraten auf 16,8 Prozent abgestürzt waren. "Wir hängen nach wie vor am Bundestrend", analysiert Landeschef Florian Pronold und räumt ein, dass ihm das Ergebnis gar nicht gefällt. Zwar führt Münchens Oberbürgermeister Ude - wie schon seit Jahren - die Liste der beliebtesten Politiker an, aber der Bayern-SPD bringt das nichts. Wie insgesamt die Beliebtheit ihrer profilierten Kommunalpolitiker wie des Nürnberger OB Ulrich Maly nicht auf die SPD abstrahlt.

Erfolglose Versuche

Ein Problem der Sozialdemokraten bleibt, dass ihr die Wähler wirtschaftlich nichts zutrauen. Gerade einmal sechs Prozent halten die Partei hier für fähig. Binnen eines Jahres verliert die SPD der Umfrage nach in mehreren Politikfeldern deutlich an Vertrauen, darunter beim Haushalt, der Steuerpolitik und sogar im Umgang mit der Bankenkrise. Mehrere Versuche der SPD, sich als Wirtschaftspartei zu präsentieren, blieben bislang erfolglos.

Personelle Konsequenzen haben die bayerischen Sozialdemokraten nach den letzten Wahlschlappen schon gezogen. Gerade bereitet die Landtagsfraktion in Irsee wieder einmal einen Aufbruch vor. Das junge Trio Florian Pronold, Natascha Kohnen und Markus Rinderspacher will die Partei näher zu den Menschen bringen - frei nach dem Motto der CSU - und beweisen, dass sie doch zur Lebenswirklichkeit der Bayern passt.

Gerade am Donnerstag gab Generalsekretärin Kohnen die Losung aus, die Partei müsse ökologischer werden. Ein bisschen mehr wie die Grünen eben. Immerhin kann Pronold von sich behaupten, er sei genauso beliebt wie der Ministerpräsident: Mit einer Schulnote von 3,3 ist er gleichauf mit Seehofer. Ob ihm das gefalle, darüber sei er sich allerdings noch nicht so schlüssig, sagt Pronold.

Womit die Freien Wähler trotz grandioser Wahlergebnisse zu kämpfen haben, erfahren Sie auf der nächsten Seite.

Freie Wähler: Wofür stehen die eigentlich?

Freie Wähler, Hubet Aiwanger, dpa

Die Wahl war ein Triumph für die Freien Wähler und Parteichef Hubert Aiwanger. Die Umfrage dagegen eine kalte Dusche.

(Foto: Foto: dpa)

Freie Wähler Den Freien Wählern ergeht es in der Umfrage wie im Landtag: Keiner weiß so recht, für was sie stehen. Zwar stellen die FW nach ihrem mit 10,2 Prozent beinahe triumphalen Einzug in den Landtag 2008 die drittgrößte Fraktion, aber in der Wählergunst stürzen sie rapide ab: Nur noch sechs Prozent würden die Parteifreien wählen, wenn am Sonntag Landtagswahl wäre.

Parteichef Hubert Aiwanger tut das ab: Seine Gruppierung würde in Umfragen immer unterschätzt und zudem mit der FDP verwechselt. Aber die Umfrage zeigt, dass die FW nach gut einem Jahr im Parlament profillos geblieben sind: In der Frage nach Kompetenzen in verschiedenen Politikfeldern kommen sie erst gar nicht vor. Ihr Anspruch, nicht Opposition zu sein, sondern Brückenbauer, macht sie farblos, eine klare Positionsbestimmung fehlt, wozu auch Aiwanger mit seinen Wortschwurbeleien beiträgt.

Auf der nächsten Seite lesen Sie, wie viel die Grünen in der Gunst der Wähler gewonnen haben.

Grüne: Dank sei Daxenberger

Sepp Daxenbeger, Grüne, Getty Images

Sepp Daxenberger hat gut lachen: Seinen Grünen kommt die Schwäche der CSU zugute.

(Foto: Foto: Getty Images)

Grüne Die Grünen profitieren am meisten von der Profilschwäche von CSU und SPD. 15 Prozent würden die Partei derzeit wählen, bei der Landtagswahl waren es 9,4 Prozent, und das war schon das bisher beste Ergebnis. Die Grünen gewannen auch im Vergleich zur Infratest-Umfrage vor genau einem Jahr noch einmal deutlich, damals standen sie bei elf Prozent. Ein Sympathieträger bleibt Fraktionschef Sepp Daxenberger, er rangiert mit einer Schulnote von 2,9 auf dem vierten Platz der beliebtesten Politiker.

CSU und SPD beobachten das aufmerksam. Am Donnerstag kündigten beide Parteien bei ihren Klausuren in Kreuth und Irsee an, man müsse ökologischer werden. Seehofer räumte ein, dass man hier Defizite habe. Er registriere, "dass nichtökonomische Ziele für die Wähler zunehmend bedeutend werden". Zugleich lobte er die Grünen für ihre sachliche Arbeit, der neuen SPD-Spitze attestierte er dagegen, dass sie verglüht sei, bevor sie aufgeleuchtet habe. Ein naturwissenschaftlich gewagter Vergleich.

Die Grünen bezeichnen sich gerne als "Premiumopposition". Gerade profilieren sie sich als hartnäckige Aufklärer in der Landesbank-Affäre. Die Menschen bringen das aber nicht mit Wirtschaftskompetenz in Verbindung. Da spielen die Grünen keine Rolle. Sie verbessern sich hingegen dort, wo es um Bildung und Soziales geht. Und sie bleiben in ihrem klassischen Feld, dem Umwelt- und Klimaschutz, stark.

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