Übergriffe in Asylunterkünften:Frauen in Bedrängnis

Lesezeit: 2 Min.

  • Weibliche Flüchtlinge sind immer wieder Opfer von Übergriffen in den Gemeinschaftsunterkünften.
  • Nun fordern Beraterinnen in Nürnberg in einem offenen Brief Heime nur für Frauen und Kinder.
  • Den Brief haben 20 Flüchtlings- und Fraueninitiativen unterschrieben.

Von Katja Auer, Nürnberg

Die junge Frau schämt sich beim Erzählen. Die anzüglichen Blicke, die Sprüche, sie fühlt sich nicht sicher in ihrer Flüchtlingsunterkunft im Nürnberger Land. Sie sei die einzige alleinstehende Frau in der Herberge für 50 Menschen. Neben vielen alleinreisenden Männern. "Sie denken, sie haben ein Recht auf mich", sagt die 26-jährige Iranerin. Viele seien psychisch krank, schon zwei Selbstmordversuche habe sie mitansehen müssen. Sie würde gerne ausziehen, ein Zimmer in einem Studentenwohnheim in Erlangen hätte sie sogar schon. Dort wird sie im Herbst zur Fachoberschule gehen, irgendwann möchte sie Maschinenbau studieren. Aber sie darf nicht ausziehen.

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Wie der jungen Iranerin ergehe es vielen alleinreisenden Flüchtlingsfrauen, sagt Elisabeth Schwemmer vom Internationalen Frauencafé in Nürnberg. Dort werden Asylbewerberinnen beraten, viele berichteten von Übergriffen in den Gemeinschaftsunterkünften. Es gibt körperliche Gewalt, wie sie Genet Ayalew aus Äthiopien erlebt hat. Ein Mann habe sie immer wieder geschlagen, sie habe mehrmals die Polizei gerufen, dennoch habe es Monate gedauert, bis der Angreifer verlegt wurde. Andere berichten von sexueller Belästigung, alleinstehende Frauen würden als Schlampen beschimpft. Ohne männlichen Schutz sei es auch im Alltag schwer, sagt Rasijat Majrkaeva, die mit ihrem Sohn aus Tschetschenien geflohen ist. Alleinreisende Frauen würden von den Waschmaschinen und aus den Küchen verdrängt, auch die Kinder werden von den Spannungen nicht verschont.

Eigene Unterkünfte für Frauen

Geschichten, wie sie die Beraterinnen im Frauencafé oft zu hören bekommen. Deswegen haben sie nun einen offenen Brief an die Staatsregierung, die Regierung von Mittelfranken und die Stadt Nürnberg geschrieben. Darin fordern sie eigene Unterkünfte für alleinreisende Frauen und ihre Kinder. Deren besondere Situation werde bisher "zu wenig bis gar nicht beachtet", heißt es in dem Schreiben, das 20 Flüchtlings- und Fraueninitiativen unterschrieben haben. Wenn in den großen Gemeinschaftsunterkünften Männer- und Frauenzimmer und die Waschräume und Toiletten nebeneinander liegen, trauten sich Frauen und Kinder oft nachts nicht auf die Toiletten. "Manche Frauen lassen ihre Töchter auch tagsüber nicht alleine in die Sanitäreinrichtungen", schreiben die Initiatoren.

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Die Grünen im Nürnberger Stadtrat hatten vor einigen Wochen bereits den Antrag gestellt, eine Unterkunft für Frauen sowie eine für homo- und transsexuelle Menschen einzurichten. Das sei jedoch abgelehnt worden, sagt Stadträtin Elke Leo, dafür gebe es in Nürnberg zurzeit keinen Bedarf. Das sieht auch die Regierung von Mittelfranken so. Eine eigene Unterkunft sei nicht geplant, "da unseres Erachtens die geltenden Standards für Gemeinschaftsunterkünfte die besonderen Bedürfnisse sowohl von allein reisenden Frauen, als auch von Frauen mit Kindern in ausreichendem Maße berücksichtigen", teilt eine Sprecherin mit. In den Unterkünften seien getrennte und abschließbare Sanitäreinrichtungen vorgesehen.

Außerdem müsse es möglich sein, schnell die Polizei zu alarmieren, "sollte hierfür Anlass bestehen." Von Übergriffen auf Frauen sei der Regierung nichts bekannt. Wie hoch der Bedarf tatsächlich ist, das ist schwer zu ermitteln. Die Zahl der alleinreisenden Frauen ist nicht bekannt, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge führt nach eigenen Angaben keine Statistik darüber. Von den Asylbewerbern, die in Deutschland einen Antrag stellen, ist etwa ein Drittel weiblich.

© SZ vom 21.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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