TV-Rückkehr der Augsburger Puppenkiste:Der Intendant und das Urmel

Der Kinderkanal hält die Augsburger Puppenkiste für "nicht mehr zeitgemäß". Doch jetzt haben das Urmel und Jim Knopf einen neuen Verbündeten: Ulrich Wilhelm. Der BR-Intendant will die die Marionetten auf den Bildschirm zurückholen - womöglich sogar mit einer Neuproduktion.

Stefan Mayr

Jim Knopf, die Blechbüchsenarmee und Räuber Hotzenplotz von der Augsburger Puppenkiste haben in ihrem Kampf um eine Rückkehr auf die Fernsehbildschirme einen neuen Verbündeten: Ulrich Wilhelm. Der Intendant des Bayerischen Rundfunks lässt prüfen, ob der BR eigene Formate mit dem bekannten Marionettentheater entwickeln kann. Zudem hat er bei der Programmkommission des Kinderkanals (Kika) angeregt, die Puppenkiste wieder in das Programm aufzunehmen.

Urmel aus dem Eis wird 40

Ein Klassiker aus Augsburg - das Urmel aus dem Eis

(Foto: dpa)

Die Figuren sind Klassiker", sagt Wilhelm, "und die liebevolle Umsetzung spricht meiner Meinung nach auch die Kinder von heute an." Deshalb habe er bereits vor Wochen aus eigenen Stücken die Initiative ergriffen, um der Puppenkiste zum Comeback in den Wohnzimmern zu verhelfen. Über konkrete Inhalte wollte er noch keine Angaben machen, da die Gespräche mit den Vertretern des Theaters erst am Anfang stehen.

Dass sich der oberste Fernsehmacher Bayerns als Strippenzieher betätigt, löst bei Puppenkisten-Manager und Chef-Marionettenspieler Klaus Marschall Begeisterung aus: "Dieses große Interesse freut mich natürlich sehr." Er habe bereits "viele verschiedene Ideen", aber vor April könne man noch nichts sagen. "Frühestens dann wissen wir, welche Ansatzpunkte weiterverfolgt werden."

Schon seit Jahren arbeitet die Puppenkiste mit BR alpha, dem Bildungskanal des Bayerischen Fernsehens, zusammen. Dabei erklärt die Marionette "Bär Ralphi" die Welt. Die bekannten Serien wie Jim Knopf oder Urmel aus dem Eis wurden in den 1960er und 1970er Jahren mit dem Hessischen Rundfunk produziert - und bis vor einigen Jahren im Kinderkanal regelmäßig gezeigt.

Spaenle macht sich für die Puppenkiste stark

Im Oktober 2011 hatte der öffentlich-rechtliche Kinderkanal mitgeteilt, dass er die Serien der Puppenkiste aus dem Programm genommen habe, weil sie "nicht mehr zeitgemäß" seien. Daraufhin hallte ein Aufschrei der Empörung durch die Republik. Bayerns Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) schrieb deftige Briefe an die Intendanten von ARD und ZDF, die gemeinsam den Kika verantworten. Darin forderte Spaenle den gebührenfinanzierten Sender auf, mehr auf Qualität statt auf Quote zu achten und die Marionetten wieder auszustrahlen.

Im Fasching war Spaenle in einem T-Shirt mit der Aufschrift "Rettet das Urmel" aufgetreten. Der Brief an den ZDF-Intendanten Markus Schächter wurde nach Angaben Spaenles bislang noch nicht beantwortet - was auch am Machtwechsel im Sender liegen kann: Seit März hat auf dem Lerchenberg Thomas Bellut das Sagen.

Dagegen antwortete BR-Intendant Ulrich Wilhelm Spaenle prompt. In seinem Brief, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt, betont Wilhelm, dass er unabhängig von Spaenles Schreiben tätig geworden sei. Sehr zur Freude des Ministers: "Diese Initiative ist sehr erfreulich." In einem Brief an Spaenle räumt Wilhelm allerdings auch ein, dass im Kika die "langjährigen Publikumslieblinge" wie die Puppenkiste oder "Biene Maja" eine abnehmende Resonanz verzeichnen.

Bei der Puppenkiste hätten die Messungen sogar ergeben, dass sie vor allem von älteren Zuschauern gesehen werde - "wohl aus nostalgischen Gründen", so Wilhelm. Quoten seien für den Kika zwar "kein vorrangiges Kriterium", aber eben auch "ein wichtiger Gradmesser für Programmplaner, die ihre junge Zielgruppe auch tatsächlich erreichen wollen". Zudem gibt er zu bedenken, dass der BR nicht der Programmkommission angehört.

Minister Spaenle kann die Argumentation des Kinderkanals nicht nachvollziehen: "Ich halte den Verzicht auf die Puppenkiste für falsch und sehr ärgerlich." Als gebührenfinanzierter Sender habe der Kika "einen hohen Qualitätsanspruch und eine besondere programmpolitische Verantwortung", so Spaenle, "diese wird in dieser Sache in gravierendem Maße vernachlässigt."

Enormes Feedback von den Fans

Das findet natürlich auch Puppenkisten-Mann Marschall. Er hat inzwischen "jede Menge" Zuschriften von Zuschauern bekommen, die das Kika-Comeback der Puppenkiste fordern. "Das geht von zweiseitigen Briefen bis zu ganz kurzen Facebook-Einträgen", so Marschall. "Ich habe ein schönes Päckchen gebunden und werde es demnächst an den Sender schicken", kündigt Marschall an.

Er bleibt aber auch skeptisch: "Ob es was nützt, müssen wir abwarten." Als aussichtsreicher erachtet er schon die Gespräche mit der Programmdirektion des BR. Auf jeden Fall, so Marschall, seien Jim Knopf und General Don Blech von der Blechbüchsenarmee im Fundus auf dem Theater-Dachboden "schon ganz aufgeregt".

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