Trunkelsberg:Schwäbische Gemeinde baut Fußballplatz - hat aber keine Mannschaft

  • Der schwäbische Fußballverein TSV Trunkelsberg ließ sich von der Gemeinde einen neuen Fußballplatz für 180 000 Euro bauen.
  • Als das Spielfeld fertiggestellt war, finden sich jedoch keine Spieler mehr.
  • Nun fehlt das Geld an anderen Stellen in der Gemeinde mit 1700 Einwohnern.

Von Stefan Mayr

Welcher Fußballer träumt nicht einmal davon, durch ein geniales Tor oder ein verwegenes Dribbling ins Fernsehen zu kommen? Die Amateurkicker des schwäbischen Kleinklubs TSV Trunkelsberg haben dieses Kunststück nun geschafft. Das Bayerische Fernsehen widmete den Unterallgäuern sogar einen eigenen Beitrag in seiner "Abendschau". Die Leistung der TSV-Fußballer ist auch wahrlich extravagant.

Man könnte sie allerdings auch als "Nicht-Leistung" bezeichnen; Zuerst ließen sich die Freunde des gepflegten Doppelpasses von der Gemeinde einen neuen Fußballplatz aus dem Boden stampfen. Um dann, kurz nach Fertigstellung des 180 000-Euro-Projekts, sogleich den Spielbetrieb einzustellen.

Zuvor hatten die Verantwortlichen mehrere Jahre lang um das zusätzliche Spielfeld gebettelt. Zuletzt hatten sie sogar noch auf einen gehobenen Standard gepocht, damit der Platz auch für Punktspiele geeignet ist. Also bewilligten die Gemeinderäte alles Drum und Dran: Drainage, Sprinkleranlage, Flutlicht, Zaun. 2014 war das Schmuckstück fertig. Bis heute wurde auf ihm nicht einmal ein Freundschaftsspiel ausgetragen.

Bürgermeister: "Das tut mir noch weh"

Bürgermeister Roman Albrecht (Grüne) weiß nicht, ob er über den wohl unsinnigsten und teuersten Fallrückzieher in der langen und ereignisreichen Geschichte des bayerischen Fußballs lachen oder weinen soll. Zunächst flüchtet er sich in ein Zitat des Fußball-Philosophen Jürgen Wegmann: "Zuerst hat man kein Glück, und dann kommt auch noch Pech dazu."

Konkreter gesagt, gab es in der 1700-Einwohner-Gemeinde wohl ein massives Kommunikationsproblem. "Man hat zu wenig miteinander geschwätzt", sagt Albrecht, der den Beschluss im Jahre 2012 mitgetragen hatte. "Wir wollten die Jugend im Ort halten", erzählt er. Damals war er noch einfaches Gemeinderatsmitglied. Damals hatte der TSV noch 80 Nachwuchs-Kicker, zwei Herren-Mannschaften und ein Senioren-Team. "Aber dann ist genau das geschehen, was wir verhindern wollten." Einige Trainer verließen den Verein, dazu etliche Spieler. 2015 kündigte die Fußballabteilung dann auf der Jahreshauptversammlung kurzerhand an, sie werde den Spielbetrieb einstellen.

Die Vereinsvorsitzende war ebenso überrascht wie der Bürgermeister. "Alles war umsonst", sagt der 57-jährige gelernte Sozialpädagoge. "Jetzt habe ich zwei Fußballplätze übrig und die Mittagsbetreuung ist immer noch in provisorischen Räumen im Rathaus untergebracht." Albrecht: "Das ärgert mich schon, das tut mir noch weh." Der ehemalige Bürgermeister Klaus Reichert will nicht mit der Presse sprechen - auch die damaligen Vereinsverantwortlichen nicht.

Im Internet: Error 404

Der neue TSV-Chef Harry Haag versucht nun zu retten, was zu retten ist. Jüngst veranstaltete er einen Tag der offenen Tür, um neue Fußballer anzulocken und die Abteilung wieder aufzubauen. "Es kamen ganze drei Familien mit Kindern", berichtet Haag. Das war ein bisschen wenig, um eine neue Mannschaft auf die Beine zu stellen. Aber Haag gibt nicht auf: Im Sommer will er einen neuen Anlauf starten, um den Fußball in Trunkelsberg wiederzubeleben. Dass das schwer wird, ist ihm bewusst: "Die Kinder haben neue Freunde, so leicht kommen die nicht zurück."

Auf seiner Internetseite wirbt der Sportverein ebenfalls um potenzielle Spieler: "Interessierte, die gerne Fußball spielen wollen, können sich gerne an die TSV-Leitung wenden", steht da geschrieben. Wer auf den Link klickt, landet allerdings in der virtuellen Abseitsfalle: Error 404.

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