Trotz erster Konsequenzen:Neue Vorwürfe in Ansbach

Bezirkskliniken Mittelfranken sollen Putzpersonal ausgebeutet haben

Von Uwe Ritzer, Ansbach

Der Vorstand geschasst, ein neuer Bezirkstagspräsident gewählt, und bald werden die affärengebeutelten Bezirkskliniken Mittelfranken auch einen neuen Verwaltungsratschef bekommen. Trotzdem kommen sie nicht zur Ruhe. Ein Mitarbeiter erhebt neue Vorwürfe. Dabei geht es um angebliche Scheinrechnungen und um einen fragwürdigen Umgang mit Reinigungskräften.

Demnach sollen über Jahre hinweg etwa 130 Reinigungskräfte bei einer Tochtergesellschaft der Bezirkskliniken über Verträge beschäftigt worden sein, in denen unzulässigerweise weder die Mindestarbeitszeit noch eine Mindestvergütung fixiert waren. Vielmehr musste sich das Putzpersonal auf Abruf bereithalten. Wer nicht bei Bedarf von jetzt auf gleich arbeiten konnte, verdiente auch nichts. Zudem stießen Prüfer der Rentenversicherung bei dieser Tochtergesellschaft, einer Service GmbH, 2017 auf Fehler beim Urlaubsgeld und der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, die Klinikfirma musste 10 000 Euro zahlen.

Die Klinikverwaltung bestätigte die Vorgänge. Es habe sich dabei aber "nicht um einen Rechtsverstoß" gehandelt, "sondern um eine jahrelange und zulässige Praxis der alten Geschäftsführung" der Service GmbH. Ein neuer Geschäftsführer habe diese geändert. Auch er ist nicht mehr im Amt, erhob jetzt aber über seinen Anwalt in einem Brief an Bezirkstagspräsident Armin Kroder (FW) schwere Vorwürfe. Von Scheinbuchungen bei der Service GmbH ist darin die Rede. Und zwar in Zusammenhang mit Gutscheinen, die auf Geheiß des inzwischen freigestellten Vorstands Helmut Nawratil jeder der 3000 Klinikmitarbeiter als Bonus für 2017 erhalten sollte - auch die Putzleute in der Service GmbH.

Doch deren Geschäftsführer Bernd Huber (Name geändert) weigerte sich. Denn durch den Kauf der Gutscheine wären bei der Service GmbH 133 000 Euro Defizit entstanden. Entweder, so Huber, es gebe einen Gesellschafterbeschluss, der ihm den Kauf anweise, oder er hebe die Stundensätze für die Putzdienstleitungen an, um das Defizit auszugleichen. Stattdessen, so sein Vorwurf, habe ihm Vorstandsvize Kai Schadow nahegelegt, einfach eine Rechnung über den Betrag an die Bezirkskliniken zu stellen - ohne eine Gegenleistung. Was Huber als mögliche Untreue ablehnte, räumt die Klinik ein. "Als eine von mehreren Varianten" habe Schadow dies gesprächsweise überlegt. Externe Fachleute hätten dies als steuerrechtlich korrekt eingestuft.

Am Donnerstag wird der Verwaltungsrat über all dies sprechen, auch über den Vorwurf Hubers, er solle, weil unbequem, aus der Klinik gemobbt werden. Nach seinem Rückzug als Geschäftsführer bietet ihm die Klinikfirma nur einen viel schlechter bezahlten Posten an, was er ablehnt. Reden wird der Verwaltungsrat auch über die Klinikspitze, ein Interimsvorstand muss her. Der müsse "glaubhaft für den Kulturwandel stehen, den wir anstreben", sagt Grünen-Bezirksrat Daniel Arnold, der als neuer Verwaltungsratschef gehandelt wird. Nach dem autoritären Nawratil brauche es "ein Signal an die Belegschaft, dass Mut belohnt wird".

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