Süddeutsche Zeitung

Trockenheit in Bayern:Die nächste Dürre droht

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Von Claudia Henzler, Hans Kratzer und Lisa Schnell, München

Erst der Ärger mit dem Volksbegehren, jetzt das Wetter. Beim Bayerischen Bauernverband herrscht schon wieder Alarmstimmung. "Die Trockenheit ist überall in Bayern recht dramatisch", sagt Anton Huber, Verbandsreferent für Getreide und Ölsaaten. Wegen dem Dürrejahr 2018 gebe es in den tieferen Bodenschichten so gut wie kein Wasser mehr, sagt Huber. "Die Pflanzen gehen aber jetzt ins Wachstum, da brauchen sie Wasser." Manche Bauern hätten ihren Raps bereits eingestampft, weil er nicht gut gewachsen sei. Wenigstens 20 bis 30 Liter Regen pro Quadratmeter, das bräuchte es bald, hoffen die Bauern, möglichst über ein paar Tage verteilt.

Allerdings stehen die Aussichten auf Regen in den kommenden Tagen ziemlich schlecht. Guido Wolz, Leiter der Regionalen Wetterberatung beim Deutschen Wetterdienst (DWD) sagt, Schauer seien über die Osterfeiertage kaum zu erwarten. Vielmehr werde es in den kommenden Tagen wohl wärmer werden, an Ostern könnte das Thermometer teils über 20 Grad steigen, bei Föhneinfluss könnten örtlich sogar bis zu 24 Grad erreicht werden. Das sind rosige Aussichten für die Freizeitgesellschaft, aber bange Tage für die Landwirtschaft. Nach dem trockenen Sommer 2018 geht bei den Bauern längst die Angst um, dass sich das lange Ausbleiben des Regens wiederholen könnte.

Vor allem in Nordbayern ist die Lage prekär. Wenig Niederschlag und viel Wind haben die oberen Bodenschichten ziemlich ausgetrocknet. "Das wird dramatisch, wenn es in den nächsten sieben bis zehn Tagen nicht regnet", sagt Fritz Asen, Pflanzenbauberater beim Amt für Landwirtschaft in Bayreuth. "Bei den Wintergetreiden gibt es schon zunehmend Schäden." Damit das Grünfutter gedeihen kann, bräuchte es Regen und Wärme. Weil die Ernten 2018 extrem schlecht waren, können die Viehhalter auf wenig Futtervorräte zurückgreifen. Damit nicht genug: Sollte es so trocken bleiben, wäre aus Sicht des Fachmanns auch das Sommergetreide in Gefahr. "Das ist schon gesät, ernährt sich jetzt aber noch vom Saatkorn." Bald werde das Getreide auf Wurzelernährung umstellen. "Spätestens dann muss Wasser her."

In Unterfranken ist die Lage besonders heikel. Nach dem Trockenjahr 2018 wurden die Grundwasservorräte im Winter nicht aufgefüllt. "Wir haben auf einen nassen Winter gehofft, doch der blieb aus", sagt Axel Bauer, Leiter des Sachgebiets Wasserwirtschaft bei der Regierung von Unterfranken. Im schlechtesten Fall wird die Region mit ihrem Defizit in die nächste Trockenphase gehen, und dann werden die Landwirte vor massiven Problemen stehen. Für die Trinkwasserversorgung reicht das Grundwasser aus Bauers Sicht zwar noch aus, für trockene Äcker aber nicht. Manche Landwirte denken schon über den Bau großer Wasserspeicher nach.

Die Trockenheit ist in Süd- und Nordbayern sehr unterschiedlich ausgeprägt, wie die Daten des Deutschen Wetterdiensts belegen. "Eigentlich sind wir mit den Niederschlägen bis jetzt noch im Soll", sagt Uwe Zimmermann vom Regionalen Klimabüro. Laut dem langjährigen Mittel wären für München vom 1. Januar bis zum 14. April 2019 insgesamt 190 Liter Niederschläge pro Quadratmeter zu erwarten gewesen. 184 Liter waren es bislang. Bis zum Monatsende müssten es 235 Liter sein, es fehlen also bis Ende April nur noch 50 Liter. "Mit einem oder zwei heftigen Schauern wäre das zu schaffen", sagt Zimmermann.

In der ersten zwei April-Wochen hat es in München nur zwei Liter geregnet

Man kann die Zahlen aber auch anders betrachten, dann schaut die Prognose weniger rosig aus. Demnach hat es in München bis vom 1. bis zum 14. April 2019 nur zwei Liter geregnet. Der Normalwert für den April beträgt aber 78 Liter. "So betrachtet, haben wir zwar bisher den trockensten April, aber es ist erst die Hälfte des Monats rum", sagt Meteorologe Zimmermann. "In der Summe liegen wir noch in der Norm." Der bisherige Rekordwert wurde 2018 registriert, als es im April nur 9,7 Liter regnete. Der höchste Wert wurde 1980 erreicht, damals wurden im April 156 Liter Niederschläge verzeichnet.

Um die Schwankungsbreite in Bayern zu verdeutlichen, hilft ein Vergleich zwischen Ruhpolding (Oberbayern) und Großostheim (Unterfranken). In Ruhpolding fielen 2018 knapp 1900 Liter Regen vom Himmel, 85 Prozent des Jahresschnitts, der bei 2230 Liter liegt. Für diese Menge bräuchte Großostheim fünf Jahre. Dort regnete es 344 Liter, das sind 48 Prozent des Jahresschnitts, der 719 Liter beträgt. "Mit dieser Menge wäre die Isar versiegt", sagt Zimmermann.

Ähnlich verhält es sich mit den Temperaturunterschieden. München verzeichnete voriges Jahr 87 Sommertage (über 25 Grad), im Schnitt sind es 36. Heiße Tage (über 30 Grad) gab es 16, im Schnitt sind es fünf. Kitzingen hatte dagegen 51 heiße Tage und 114 Sommertage, was einen ganzen Monat mehr Sommer ergibt als in München. Auch Nürnberg hatte 2018 doppelt so viele heiße Tage wie München. In den Jahren 1956, 1961, 1978 und 1998 gab es in München keinen einzigen heißen Tag, es waren kühle Jahre.

Für die Bauern sind diese Statistiken kein Trost. "Wenn es so weitergeht, wird es schlimmer werden als letztes Jahr", prophezeit Anton Huber vom Bauernverband. Der Deutsche Wetterdienst wagt keine Prognose über Ostern hinaus. "Es kann sich alles sehr schnell drehen", sagt Meteorologe Wolz. "Es ist noch alles drin."

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Quelle:
SZ vom 17.04.2019
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