Trinkwasser in Bayern:Die Gefahr aus der Tiefe

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  • Das Grundwasser in einem Drittel von Bayern ist in einem schlechten Zustand. Der Hauptgrund dafür ist, dass es mit Nitrat belastet ist.
  • Vor allem Regionen mit viel Landwirtschaft und massiver Düngung sind betroffen.
  • Bayern muss laut EU-Richtlinien dafür sorgen, dass das Grundwasser einwandfrei ist. Aber der Freitstaat kommt diesen Forderungen seit Jahren nicht nach.

Von Christian Sebald, München

In einem Drittel des bayerischen Staatsgebiets ist das Grundwasser in einem schlechten Zustand. Der Hauptgrund dafür ist die hohe Belastung des Grundwassers mit dem Schadstoff Nitrat. Das hat Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU) am Dienstag im Kabinett erklärt.

Betroffen sind in erster Linie Gebiete mit intensiver Landwirtschaft und massiver Düngung, etwa die Region um das niederbayerische Landshut, wo die Schweinehaltung industrielle Ausmaße annimmt, das Donau-Ries, wo in großem Stil Mais angebaut und Biogas gewonnen wird, und Unterfranken, wo Nitrat wegen der durchlässigen Böden leicht ins Grundwasser gelangt. Wie das Umweltministerium auf eine Anfrage des SPD-Landtagsabgeordneten Florian von Brunn mitteilte, werden bereits in 48 Grundwasserströmen im Untergrund der Trinkwasser-Grenzwert von 50 Milligramm Nitrat je Liter überschritten.

Bayern verbessert das Grundwasser seit Jahren nicht

Die Nachricht ist in zweifacher Hinsicht eine sehr schlechte. Zum einen muss Bayern gemäß den Vorgaben der EU dringend dafür sorgen, dass das Grundwasser von einwandfreier Qualität ist. Bayern verfehlt diese Vorgabe nicht nur. Der Freistaat kommt auch mit seinen Bemühungen um besseres Grundwasser nicht voran - und zwar schon seit Jahren.

Dabei pumpt die Staatsregierung jedes Jahr viele Fördermillionen in die Landwirtschaft, damit die Bauern endlich umweltschonend wirtschaften und sich so die Qualität des Grundwassers verbessert. "Da geht aber nicht wirklich was vorwärts", heißt es bei Experten. "Außer man nennt es schon einen Erfolg, dass sich die Qualität des Grundwassers nicht weiter verschlechtert." Genau das könnte freilich schon bald eintreten. Laut einer Risiko-Analyse des Landesamts für Umwelt könnten im Jahr 2021 bereits 38 Prozent des Grundwassers jenseits der Grenzwerte belastet sein.

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Nitrat gelangt hauptsächlich durch Gülle und anderen Dünger in den Boden, welche die Bauern massenhaft auf ihren Weiden und Äckern ausbringen. Zwar ist Nitrat kein tödliches Gift. Aber es kann bei Säuglingen den Sauerstofftransport im Blut behindern, sodass sie blau anlaufen. Außerdem steht Nitrat im Verdacht, Krebs auslösen zu können, wenn es im Magen in Nitrosamine umgewandelt wird. Der EU-Grenzwert von 50 Milligramm je Liter Trinkwasser ist vielen Fachleuten deshalb zu hoch angesetzt.

Der natürliche Nitratgehalt des Grundwassers beträgt nur zwei bis maximal zehn Milligramm je Liter. Er wird im Freistaat an nur noch der Hälfte der 270 Messstellen erreicht. In Niederbayern mussten in den vergangenen fünf Jahren 13 Trinkwasserbrunnen geschlossen werden, weil die Belastung zu hoch war, in Mittelfranken waren es zwei, in Oberbayern einer. Zugleich war das Wasser aus 21 Brunnen so belastet, dass es mit sauberem gemischt werden musste, bevor es Trinkwasser-Qualität erreichte.

Was die Umweltministerin unternehmen will

Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU) ist alarmiert. "Wir nehmen das Thema ernst und handeln entschlossen", sagt sie. "Zur Erreichung der EU-Ziele planen wir bis 2021 viele Maßnahmen." Dabei will Scharf wie in der Vergangenheit aber "auf Offenheit und Freiwilligkeit" setzen - also auf Förderprogramme für die Landwirte statt auf eine klare Reglementierung des Düngens.

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Für die Opposition sind Scharfs Bemühungen deshalb zum Scheitern verurteilt. Sie fordert strengere Vorgaben für die Bauern. "Ich kann die Worte Freiwilligkeit und Kooperation wirklich nicht mehr hören", betont der Grünen-Landtagsabgeordnete Christian Magerl, der auch Vorsitzender des Umweltausschusses ist. "Die anhaltend hohe Nitratbelastung des Wassers zeigt glasklar, dass all die Fördermilliarden für die Bauern in den Sand gesetzt worden sind.

"Mit Freiwilligkeit kommen wir hier nicht weiter"

Auch der SPD-Abgeordnete Brunn ist verärgert. "Mit Freiwilligkeit kommen wir hier nicht weiter", sagt er. "Was wir brauchen, sind klare Vorgaben, wo wie viel Dünger ausgebracht werden darf und wann Schluss ist." Außerdem verlangt Brunn mehr Transparenz. "Die Staatsregierung verspricht schon lange jährliche Berichte über die Nitratbelastung", sagt er. "Aber der aktuellste ist aus dem Jahr 2010."

Beim Bauernverband (BBV) hat man dafür wenig Verständnis. Seit Monaten kritisiert Bauernpräsident Walter Heidl die neue Düngeverordnung des Bundes als "bürokratisches Monster", das vor allem kleineren Bauernhöfen die Existenz kosten könnte. Am Dienstag verwies der BBV auf die vielen Kooperationen zwischen Landwirten und Trinkwasserversorgern. Zwar hätten sie sich noch nicht "flächendeckend auf die Grundwasserqualität ausgewirkt". Aber es "zeichneten sich erste Erfolge" ab, hieß es.

© SZ vom 17.12.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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