Der von den bayerischen Behörden zeitweilig zum Abschuss freigegebene Wolf, der Ende vergangenen Jahres am oberbayerischen Alpenrand einige Schafe, Ziegen und Wildtiere gerissen hat, ist Mitte Januar nahe der tschechischen Stadt Brno überfahren worden. Dies hat das bayerische Landesamt für Umwelt am Mittwoch mitgeteilt. Demnach ist das nach seinem genetischen Code GW2425m genannte und inzwischen eindeutig identifizierte Tier bereits am 17. Januar in der Nähe von Prostějov nordöstlich von Brno überfahren aufgefunden worden - just an dem Tag, an dem die umstrittene Ausnahmegenehmigung der Regierung von Oberbayern für den Abschuss des Wolfes in Kraft getreten war.
Die Regierung hatte ihre Verfügung damit begründet, dass der Wolf eine potenzielle Gefahr auch für Menschen in der Region darstelle. Dem widersprachen Tierschützer vehement. Der Bund Naturschutz und die Gesellschaft zum Schutz der Wölfe wandten sich mit Eilanträgen an das Verwaltungsgericht München, das die Abschussgenehmigung als vermutlich rechtswidrig einstufte und sie schon nach wenigen Tagen bis auf Weiteres kassierte. Dagegen wiederum hat die Regierung Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingelegt. Laut einem Sprecher des VGH komme es nun darauf an, wie beide Seiten mit der neuen Situation umgehen. Üblich wäre es, alle Anträge zurückzuziehen, womit sich der Rechtsstreit erledigt hätte.
Die Regierung von Oberbayern prüft nach Angaben eines Sprechers vom Mittwoch entsprechend, ihren Bescheid aufzuheben. Innerhalb des Bundes Naturschutz ist noch keine Entscheidung über das weitere Vorgehen gefallen. Angesichts der vergleichsweise klaren Ansage der ersten Instanz durften sich die Kläger erhoffen, eine Gerichtsentscheidung mit Signalwirkung herbeizuführen. BN-Wolfsexperte Uwe Friedel hätte sich nach eigenen Worten "ein Ausrufezeichen" erhofft, "dass auch Bayern das Bundesnaturschutzrecht einzuhalten hat". Denn Wölfe stehen unter strengem Artenschutz, genehmigte Abschüsse sind auch in anderen Bundesländern mit wesentlich größeren Wolfspopulationen äußerst selten.
In Bayern hätte der Streit über GW2425m zum Präzedenzfall werden können. Bauernvertreter und zahlreiche Lokalpolitiker forderten einen Abschuss, Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) und Umweltminister Thorsten Glauber (FW) stellten sich hinter den entsprechenden Antrag des Traunsteiner Landrats Siegfried Walch (CSU).
Die Genehmigung samt ihrer Begründung galt gleichwohl nur für diesen einen Wolf, der von einem Bauern in seinem Ziegenstall angetroffen und beim nächtlichen Durchstreifen der Ortschaft Bergen im Landkreis Traunstein von einem Augenzeugen mit dem Handy gefilmt worden war. Bergen liegt rund 380 Kilometer Luftlinie von Prostějov entfernt, wo das Tier überfahren wurde. Wolfsexperten und auch viele Jäger hatten schon im Januar vermutet, dass GW2425m längst über alle Berge sein und ein Abschuss womöglich ein anderes Tier treffen könnte.