Traunstein:54-Jährige soll Ehemann mit Hammer auf den Kopf geschlagen haben

  • Eine 54-Jährige muss sich in Traunstein vor Gericht wegen versuchten Mordes verantworten.
  • Sie soll mit einem Hammer auf den Kopf ihres Ehemanns eingeschlagen haben.
  • Die in Thailand geborene Frau bestreitet die Tat.

Von Matthias Köpf, Traunstein

Einmal hätten das Glück und sie einander doch fast gefunden hier in Deutschland. Ein Glück hätte womöglich dieser Lottogewinn sein können, beinahe 8000 Euro waren es immerhin. Aber davon habe dann er seine Schulden bei seinem Bruder bezahlt und den Rest in Bars und Bordellen durchgebracht, so wie immer. Die kleine, schmale, von Krankheiten gebeugte Frau, geboren vor 54 Jahren in einem Dorf im Norden Thailands, litt weiter, bis Ende April im vergangenen Jahr.

An dem Abend griff sie in der Wohnung in einer 4000-Einwohner-Gemeinde im Landkreis Mühldorf zu einem Hammer. Mindestens fünf Mal soll sie damit auf den Kopf ihres betrunken schlafenden Partners eingeschlagen haben, sagt die Anklage. Dafür steht sie nun wegen versuchten Mordes vor dem Landgericht im oberbayerischen Traunstein.

Der Mann, den sie mit dem 500 Gramm schweren Hammer traktiert hat, trug etliche Platzwunden am Kopf davon, viel mehr nicht. Wohl keine Lebensgefahr, sagte der forensische Sachverständige. Denn die Frau, die in ihrem abgetragenen Trainingsanzug verschlossen auf der Anklagebank sitzt, hält die Handgelenke starr und die Finger steif gekrümmt, auch wenn sie gestikuliert. Doch jetzt vor Gericht kommt das nur selten vor.

All den Juristen im Saal reicht sie vielleicht bis zur Schulter. Der Vorsitzende Richter holt den in raschelnde Plastikfolie verpackten Hammer aus einem Karton. Ob sie so einen Hammer überhaupt führen könne, fragt der Staatsanwalt. Sie habe doch ausgesagt, sie könne den Arm nicht über Schulterhöhe heben. Jetzt vor Gericht kann sie es, erkennbar mit Mühe, aber doch ohne die Naturpräparate aus Thailand, die ihr früher wenigstens ein bisschen geholfen haben und die sie in Untersuchungshaft nicht bekommt.

Der Staatsanwalt interessiert sich für die Schulter, weil die Frau nicht auf ihren schlafend im Bett liegenden Partner eingeschlagen haben will. Er habe gestanden und die Schlafzimmertür aufziehen wollen, die sie von außen zuzuziehen versucht habe. Immer wenn sich ein Spalt auftat, habe sie zugeschlagen - aus Angst, denn er habe ihr vor Jahren schon mal die Handgelenke gebrochen und nun eine Bierflasche gegen sie erhoben. Dabei habe sie nur nach der Fernbedienung greifen und umschalten wollen, denn sie interessiere sich nicht für Boxen, und er war ja vor dem Fernseher im Schlafzimmer schon eingeschlafen.

Den Kriminalpolizisten aus Mühldorf hat sie das in jener Nacht teilweise anders erzählt, aber auch durch deren Aussagen lässt sich die Frage, ob all das nun ein heimtückischer Mordversuch oder eher Notwehr war, nicht sicher beantworten. Der Verteidiger weist auf Verständigungsschwierigkeiten hin, auf die Zuckerkrankheit, die späte Stunde.

Der Mann, ein 58 Jahre alter Schlosser, der ausgemergelt wirkt, aber der Frau körperlich weit überlegen ist, hatte den Polizisten gesagt, er sei durch Hammerschläge auf den Kopf aufgewacht. Jetzt vor Gericht will er die Hammerschläge im Schlaf gar nicht bemerkt haben. Er sei einfach irgendwie aufgewacht, habe die Frau an der Tür beiseite geschoben und sich erst einmal auf der Toilette erleichtert. Danach sei sie wieder dagestanden, den Hammer diesmal erhoben. Auf die Schläge im Bett habe er - wie vor Gericht auch der forensische Gutachter - anhand der Blutspuren im Bett geschlossen.

Dass er sie schon länger hatte loswerden wollen und erst einmal probeweise eine junge Frau aus Rumänin zu sich holen, bestreitet er nicht. Die wollte er am nächsten Tag in München am Bahnhof abholen. Gemeinsam habe man im Baumarkt noch eine Luftmatratze für sie gekauft, bezahlt mit der Bankkarte der Angeklagten. Die habe in den Wochen davor genau wie früher wieder mit dieser Eifersucht angefangen. Beide waren schon seit 2011 zusammen, damals in Mönchengladbach und dann wieder nach seinem Umzug nach Bayern 2014.

Ihren deutschen Nachnamen hat sie von ihrem ersten Mann, den ihr die ältere Schwester schnell per Zeitungsannonce besorgt hat, nachdem sie 1990 mit 27 Jahren nach Deutschland gekommen war. Eine ärmliche Kindheit mit neun Geschwistern als Stieftochter eines alkoholkranken Köhlers lag da hinter ihr, harte Jahre in Bangkok und als Zimmermädchen im Touristenort Pattaya. Die beiden Töchter stammen aus der nach 18 Jahren geschiedenen deutschen Ehe, in der sie "wie eine Sklavin" gelebt habe, die Schwiegermutter habe pflegen müssen und auch in Swingerklubs genötigt worden sei. Das Glück kam auch mit dem neuen Partner nicht.

Der Richter verweist auf die Blutspuren, ein Geständnis könnte helfen, sagt er. Ein Urteil soll am Freitag fallen.

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