Trauerandacht in Thalmässing:Abschied von Sarah

Lesezeit: 2 min

Knapp eine Woche nach dem Hungertod der dreijährigen Sarah hat die Gemeinde in einem Trauergottesdienst Abschied von dem kleinen Mädchen genommen.

In der 5300-Seelengemeinde Thalmässing herrscht nach dem Tod der kleinen Sarah Trauer und Ratlosigkeit. Rund 250 Menschen versammelten sich am Sonntag zu einer "Andacht der Trauer und der Stille", um der Dreijährigen zu gedenken, die am vergangenen Montag an den Folgen ihrer Unterernährung starb. Bereits am Samstag wurde Sarah im kleinsten Kreis in einer Nachbargemeinde beigesetzt.

Der Eingang zur Kirche in Thalmässing: In einem Trauergottesdienst nahm die Gemeinde Abschied von der dreijährigen Sarah. (Foto: Foto: dpa)

Die Andacht begann mit einem fünfminütigen Glockenläuten in der Kirche St. Gotthard. "Das Unfassbare wiegt schwerer, als Worte es ausdrücken können", sagte Pfarrer Frank Zimmer an die Trauernden gewandt. Gemeinsam mit seinem Kollegen Rudolf Hackner von der Gemeinde St. Michael verzichtete er auf die übliche Liturgie. Stattdessen wurden Psalmen zitiert, um die Trauer und die Hilflosigkeit der Thalmässinger in Worte zu fassen. "Es ist auch eine Suche nach Antworten", sagte Zimmer, das sei man Sarah schuldig.

Die kleine evangelische Kirche aus dem 18. Jahrhundert war fast komplett besetzt. Überwiegend ältere Menschen waren gekommen. Die Trauerandacht fand nur einige 100 Meter entfernt von der Wohnung statt, wo Sarah mit ihren Eltern und ihrem ein Jahr älteren Bruder lebte. Vor dem Haus wurden Grablichter und Plüschtiere abgelegt.

Die beiden Pfarrer wollten der Gemeinde Hilfe bei der Frage geben, die derzeit in dem idyllischen Örtchen vieles überschattet: "Warum konnte mitten unter uns die kleine Sarah verhungern?" Nach den Psalmen blies Pfarrer Zimmer symbolisch eine Kerze aus und es folgten Minuten der Stille.

Thalmässings Bürgermeister Georg Küttinger, der ebenfalls unter den Trauernden war, zeigte sich tief betroffen und betonte, auch er warte noch auf "Antworten auf die vielen offenen Fragen". Ein anderer Teilnehmer sagte wie zur Verteidigung: "Man kann der Gemeinde selbst keinen Vorwurf machen." Ein Weiterer berichtete: "Die Verfassung im Ort ist schlecht." Bürgermeister Küttinger stellt sich vor seine Bürger: "Die Nachbarn hätten nichts machen können."

Die bayerische Familienministerin Christine Haderthauer (CSU) hatte sich indes kritisch zum Verhalten zum Verhalten der Nachbarn der Familie geäußert. Zwar seien sie natürlich nicht schuld am Tod des Kindes. Haderthauer monierte aber, dass sich jetzt plötzlich Anwohner in den Medien verwundert darüber gezeigt hätten, dass sie das Mädchen nicht mehr gesehen hätten. "Aber niemand stand zu seiner Verantwortung, dem Jugendamt rechtzeitig zu sagen: Könntet Ihr da mal bitte nachschauen, was da los ist. Das macht mich sehr traurig", sagte Haderthauer.

Gegen die Eltern von Sarah ergingen Haftbefehle. Der 29 Jahre alte Vater wurde am vergangenen Montag in Roth festgenommen, die 26 Jahre alte Mutter befindet sich laut Polizei wegen einer schweren Erkrankung in einem Krankenhaus. Der vier Jahre alte Bruder des verhungerten Mädchens ist in der Obhut der Großeltern.

© ddp-bay/Thomas Tijang - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: