Süddeutsche Zeitung

Trassenstreit:Bürgerinitiativen enttäuscht von Seehofer

Nun sollen wahrscheinlich doch zwei Stromleitungen nach Bayern führen. Der Bund Naturschutz wertet dies als schallende Ohrfeige

Die Bürgerinitiativen gegen neue Stromtrassen nach Bayern und die Umweltverbände haben verärgert auf Ankündigungen reagiert, wonach zwischen Freistaat und Bund eine Einigung über die beiden umstrittenen Leistungstrassen unmittelbar bevorstehe. "Die Ansage nach dem Energiedialog war eindeutig: Zwei minus X", sagte Hubert Galozy vom Aktionsbündnis gegen die Höchstspannungsleitungen. "Wenn jetzt beide Trassen kommen, ist das nicht nur ein fauler Kompromiss. Dann ist das eine Verarschung der Leute." Hubert Weiger, Chef des Bunds Naturschutz, sprach von einer "schallenden Ohrfeige für die Bevölkerung und die Umwelt". Er warf Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) vor, "seine Glaubwürdigkeit an der Garderobe abgegeben" zu haben.

Der Anlass für die Empörung: Am Mittwoch hatte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) in Berlin verkündet, dass in dem jahrelangen Streit um die beiden Höchstspannungstrassen ein Kompromiss unmittelbar bevorstehe. Danach soll es zwar bei der SuedLink-Trasse und der Südost-Kuppelleitung bleiben, aber der Bund will Bayern entgegenkommen. Die Südost-Leitung solle nicht auf einer neuen, sondern auf einer bereits bestehenden Leitung nach Bayern geführt werden, davon die letzten Kilometer als Erdkabel. Bei dem 800 Kilometer langen SuedLink, ist Gabriel ebenfalls zu Änderungen bereit. In der CSU-Spitze wertet man dieses Entgegenkommen als Beweis dafür, dass Seehofers Verhandlungstaktik aufgegangen ist. Diese besteht demnach darin, erst komplett "Nein" zu sagen - um am Ende wenigstens ein bisschen was zu erreichen. Allerdings betonte Seehofer am Mittwoch: "Wir sind noch nicht fertig, aber wir sind auf einem guten Weg." Was nicht "unseren bayerischen Interessen" entspreche, werde er aber nicht unterschreiben", stellte der Parteichef klar.

Beide Stromautobahnen werden von der Bevölkerung in den jeweiligen Regionen für überflüssig gehalten. Die Trassengegner fordern stattdessen, dass der Freistaat den benötigten Strom selbst produziert. Seehofer hatte erst vor eineinhalb Wochen auf einer Kundgebung vor Trassengegnern betont, dass er ihre Position teile. "Die jetzige Wende ist hochgradig enttäuschend", sagte Trassen-Gegner Galozy. "Aber wir werden unseren Kampf fortsetzen."

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SZ vom 25.06.2015 / dku, cws
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