Tourismus:Bodenmais - Wellnessort und disneyhafte Scheinwelt

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Tourismus: Die Kräutersauna im Hotel Mooshof.

Die Kräutersauna im Hotel Mooshof.

(Foto: Mooshof)

Zwölf Wellnesshotels buhlen in der Bayerwaldgemeinde um Gäste. Aber die bringen kaum Geld in den Ort.

Reportage von Ruth Eisenreich, Bodenmais

Auf dem Türschild steht "Ruheraum Parkblick". Aber wer Ende April hier aus dem Fenster schaut, der sieht draußen rohe Betonwände und zwei Kräne vor dem Bayerwald aufragen. Drinnen cremefarbene Wände, von der Decke hängen Rattanliegen, es ist so still, dass man die Uhr ticken hört. Ein Paar flüstert. Von draußen dringen gedämpft die Geräusche der Baustelle ans Ohr. Das "Wellness & Spa Resort" Mooshof, Kategorie Vier Sterne Superior, baut an. Wieder einmal.

Im Jahr 2005 eröffnete das Freibad hinter dem Haus. 2008 das neue Restaurant. Kräuterdampfbad und Salzsteinsauna 2009. Ein neuer Aufzug 2012, die neue Küche 2013. Die neugestalteten Landhaussuiten 2014, die Private-Spa-Suite 2015. Und nun eine Eventsauna und ein Naturbadeweiher, als nächstes soll ein größerer Fitnessraum oder eine Ladenpassage kommen.

Die Konkurrenz ist hart hier in Bodenmais, ganz hinten im Bayerischen Wald. In dem 3300-Einwohner-Ort kämpfen zwölf Vier-Sterne-Hotels um Gäste - alle familiengeführt. Nicht nur der Mooshof baut derzeit wieder einmal an. Auch in der "Neuen Post" oder im "Hofbräuhaus" gehen Bauarbeiter ein und aus. Immer größer, immer luxuriöser werden die Hotels hier, immer mehr Entspannung versprechen sie den Gästen.

Es sind nicht nur wohlhabende Senioren, die sich ein paar Nächte in einem dieser Wellness-Tempel leisten. Die meisten Gäste im Mooshof sind an diesem Tag zwischen 50 und 60, auch viele Paare Anfang 30 sind hier, die Frauen tragen runde Babybäuche vor sich her.

Unten im Saunabereich, zwischen den Eingängen zur Kräutersauna, zur Himalaja-Salzstein-Sauna und zum römischen Laconium, sitzt im Hotelbademantel Laura aus Mittelfranken. Sie hält ihre Füße in ein eiskaltes Fußbad. Ihre hochgesteckten blonden Haare sind noch feucht vom Sole-Dampfbad. Sie ist 23, wahrscheinlich die Jüngste im ganzen Hotel.

Es geht um Entspannung - und Luxus

Die Luft ist wohlig-warm, es läuft sphärische Musik. "Ich bin mit meinen Mädels hier", sagt Laura, die vier Freundinnen schlafen gerade auf den Wasserbetten drüben im "Raum zum süßen Traum". Warum die fünf jungen Frauen hier sind? "Um zu entspannen, den Kopf freizukriegen, in einem komplett anderen Umfeld alle Gedanken von zu Hause zu vergessen." Es ist die Antwort, die alle Gäste hier geben, unabhängig von Alter oder Beruf.

Ihnen geht es nicht nur um Entspannung. Sondern auch um den Luxus, verwöhnt zu werden, sich um nichts kümmern zu müssen. Am Vortag, erzählt Laura, haben die Freundinnen sich zum mehrgängigen Abendmenü einen Wein geleistet. Der Kellner hat die Flasche vor dem Einschenken hergezeigt und eine der Frauen probieren lassen. "Für uns ist das schon etwas Besonderes", sagt Laura, "eine andere Welt, in die man kurz reinschlüpfen kann."

Der Mooshof liegt etwa zwei Kilometer außerhalb von Bodenmais, inmitten von bewaldeten Hügeln. Die Luft riecht frisch, feucht und ein bisschen erdig. Auf der anderen Straßenseite steht ein Wegweiser. Er führt Wanderer zum "Moosbach-Rundweg", zum "Sternknöckl" und zum "Winterwanderweg".

Viele Gäste des Mooshofs bekommen ihn wohl nie zu Gesicht. Denn die meisten kommen nicht wegen der Landschaft hierher. Sie kommen wegen des Hotels. Andreas Holzer, der jüngere der beiden Juniorchefs des Mooshofs, schätzt, dass nur etwa die Hälfte seiner Gäste während ihres Aufenthalts auch mal das Hotel verlässt. Auch Laura und ihre Freundinnen planen weder Wanderungen noch Ausflüge in den Ort, sie haben ohnehin nur knapp drei Tage hier.

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