Todesfall bei König-Ludwig-Lauf:Veranstalter weisen Schuld von sich

Ein Toter, 36 Verletzte: So lautet die tragische Bilanz des König-Ludwig-Laufes von Oberammergau. Die Veranstalter weisen indes jede Verantwortung von sich. Erinnerungen an den Zugspitzlauf 2008 werden wach. Damals starben zwei Menschen an Kälte und Erschöpfung.

Heiner Effern

Roman Illner aus Grassau (Kreis Traunstein) hatte trotz der 50 Kilometer, die er auf seinen Skatingskiern möglichst schnell rennen wollte, mehrere Schichten Kleidung übergezogen. Die Wangen hatte er mit Tape abgeklebt. Als 77. Läufer kam er am Samstag beim König-Ludwig-Lauf in Oberammergau, der als größter Volkslauf Deutschlands gilt, ins Ziel. "Vom Atmen her unproblematisch" sei die kalte Luft um die Minus 20 Grad für ihn und auch die Läufer in seinem Umfeld gewesen, sagt er. Doch noch zwei Tage später schmerzen seine Augen, weil dort die Tränenflüssigkeit beim Lauf so stark angefroren war, dass er im Ziel kaum mehr etwas sehen konnte.

Ein Toter und 36 Verletzte, so lautet die offizielle medizinische Bilanz des 40. Volkslaufs im Ammertal nach mehreren Rennen am Samstag und Sonntag. Erinnerungen an den Zugspitzlauf am 13. Juli 2008 wurden wach, bei dem zwei Menschen an Kälte und Erschöpfung starben. Muss ein Veranstalter seine Läufer schützen oder ist jeder Teilnehmer für sich selbst verantwortlich? Das Amtsgericht Garmisch-Partenkirchen sprach den Veranstalter des Zugspitzlaufs frei. "Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist festzustellen, dass sich die Sportler eigenverantwortlich selbst gefährdet haben", sagte der Richter.

In Oberammergau zeichnet sich wenige Tage nach dem Lauf ein ähnliches Bild ab. Der Tod des 74 Jahre alten Mannes aus Schweden, der wenige hundert Meter nach dem Start zusammengebrochen war, lässt sich nach Erkenntnissen der Polizei auf ein Herzleiden zurückführen. Wegen "einschlägiger Vorerkrankung" werde es nicht einmal eine Obduktion geben, sagte ein Sprecher des Präsidiums Oberbayern Süd.

Die Veranstalter in Oberammergau weisen jede Schuld von sich. Die Bedingungen seien keineswegs "grenzwertig" gewesen, wie ein Notarzt nach dem Rennen gesagt hatte. Meldungen über bewusstlose Läufer und zwei Sportler, die mit Lebensgefahr ins Krankenhaus gebracht worden seien, bestätigte der Organisatoren-Sprecher Arno Machnitzki nicht. Es seien lediglich zwei der mehr als 4000 Teilnehmer zur Beobachtung über Nacht in der Klinik gewesen. Nur sechs der 36 Verletzten seien am Samstag in Folge der Kälte behandelt worden, am Sonntag keiner. "Wir haben alles getan, was möglich war", sagt Machnitzki, und beginnt aufzuzählen: Die Strecke am Samstag habe man während des Rennens verkürzt, das Kinderrennen und den Nachtsprint abgesagt.

Die Freigabe für den Start habe man mit Experten des Weltskiverbands und des Deutschen Skiverbands abgestimmt. Helfer auf Motorschlitten seien die Strecke abgefahren und hätten Läufern mit Problemen angeboten, sie zu warmen Bussen zu bringen. "Keiner hat das angenommen", sagt Machnitzki. Die Verantwortung liege bei den Teilnehmern, die über die Kälte informiert worden seien. "Für unzureichenden Schutz können wir nichts."

So sieht das auch der ambitionierte Hobbyläufer Illner. Wer am König-Ludwig-Lauf teilnehme, "der ist nicht zum ersten Mal draußen, der weiß, dass Kälte gefährlich sein kann". Illner kennt aber auch den Ehrgeiz vieler Läufer. "Nach 45 Kilometer fällt es schwer, aufzuhören." Seine schmerzenden Augen haben ihn aber doch nachdenklich werden lassen. "Es war schon grenzwertig. Wenn ich noch einmal die Wahl hätte, würde ich aussteigen."

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