Tod in der Mangfall:Mann will Kinder retten - und ertrinkt

Tödliches Drama: Ein Helfer will zwei Jungen aus der Mangfall ziehen - und wird selbst von der reißenden Strömung mitgerissen.

S. Pfanzelt, C. Burtscheidt, D. Mittler

Der Mann und die Frau am Ufer der Mangfall sahen die beiden Buben, die hilflos im Wasser trieben. Und sie erkannten, dass das Ehepaar, das den beiden helfen wollte und bis zum Bauch im Wasser stand, es allein nicht schaffte.

Tod in der Mangfall: 500 Meter flussabwärts wurde der 40-jährige Helfer geborgen. Doch für ihn kam die Hilfe zu spät.

500 Meter flussabwärts wurde der 40-jährige Helfer geborgen. Doch für ihn kam die Hilfe zu spät.

(Foto: Foto: Fineface)

Ohne zu zögern, sprangen die beiden in die wilde Mangfall, um den Kindern zu Hilfe zu kommen. Doch das Wasser war viel reißender, als die beiden gedacht hatten. Die Frau wurde sofort unter Wasser gedrückt, den Mann riss der Fluss mit sich.

Die junge Frau zogen die Helfer später aus dem Wasser, sie war bewusstlos und musste wiederbelebt werden. "Sie ist weiterhin in sehr kritischem Zustand", erklärt das Polizeipräsidium Oberbayern Süd. Lebensgefährlich unterkühlt wurde auch ihr 40 Jahre alter Freund geborgen - 500 Meter flussabwärts. Es war zu spät: Obwohl der Mann sofort ins Krankenhaus gebracht wurde, starb er in der Nacht zum Dienstag.

"Eigensicherheit nicht außer Acht lassen"

Christian Förster von der Wasserwacht Rosenheim war der Einsatzleiter bei der Rettungsaktion in Bad Aibling. "Hoch anerkennenswert" sei das Verhalten des Paares gewesen. Wenn man Leben retten wolle, habe man in so einem Moment gar keine andere Möglichkeit, als ins Wasser zu springen - insbesondere dann, wenn jemand im Fluss treibt und nicht mehr bei Bewusstsein ist. "Doch natürlich sollte man einen gewissen Teil an Eigensicherheit nicht außer Acht lassen", sagt der Helfer nachdenklich.

Unfälle in reißenden Flüssen häufen sich. Mindestens drei Menschen sind allein in Oberbayern in diesem Jahr im wilden Wasser ums Leben gekommen - oft, weil sie die Gefahren nicht richtig eingeschätzt haben. Auch die beiden zwölf und 13 Jahre alten Buben aus Bad Aibling ahnten nicht, in welcher Gefahr sie schwebten, als sie am frühen Montagabend Abkühlung in der Mangfall suchten.

Der Fluss ist dort nur gut einen Meter tief - doch der Boden ist glitschig und die Strömung war zu dieser Zeit an einigen Stellen so reißend, dass ihr selbst erfahrene Schwimmer nichts entgegensetzen konnten. "Die Mangfall ist ein naturbelassener Fluss. Sie ist keine Badeanstalt, wo Sicherheit herrscht. Jeder, der dort badet, muss sich über die Widrigkeiten der Natur im Klaren sein", sagt Wasserwachtsmann Christian Förster. Die Wasserwacht hat am Ende die beiden Buben aus der Mangfall gerettet, dazu auch die Menschen, die ihnen helfen wollten.

Die Retter kommen kaum mehr zur Ruhe. Vor wenigen Tagen war ein Paar, das mit dem Schlauchboot unterwegs war, auf der Isar bei Eching in den Wasserstrudel eines Wehres geraten und gekentert. Die beiden hatten die Strömung des Flusses unterschätzt. Ein Polizeihubschrauber befreite sie schließlich aus ihrer Notlage. Wasserwachtler Förster verurteilt das Verhalten der Schlauchbootfahrer scharf: "Das Zauberwort heißt hier 'Rafting', man will 'Action' auf dem Wasser.

Mit schlechter Ausrüstung ist das lebensgefährlich, man sollte das sein lassen!" Nur wenige Tage zuvor waren zwei Touristen in München - ebenfalls auf der Isar - mit dem Schlauchboot in eine Wasserwalze geraten. Die 21-jährige Frau aus Portugal und ihr 24-jähriger Begleiter aus Italien schwebten in Todesangst, konnten schließlich aber durch einen vom Hubschrauber abgeseilten Feuerwehrtaucher geborgen werden.

Ausflügler bringen sich häufig in Gefahr

Ingo Roeske, der Einsatzleiter der Wasserwacht Bad Tölz-Wolfratshausen, erinnert sich noch gut an die jüngste Rettung eines gekenterten Schlauchbootfahrers in der Isar bei Ascholding. "Den haben wir überhaupt erst nach zwei Stunden intensiver Suche gefunden. Der Mann hatte sich mitten auf dem Fluss auf einen vom Wasser umspülten Baum retten können", sagt er. An einen Einsatz mit dem Rettungsboot sei gar nicht zu denken gewesen. "Die Isar ist ein Naturfluss, bei Hochwasser treiben da alle paar Minuten riesige entwurzelte Bäume vorbei", sagt Roeske.

So entschlossen sich die Retter zu einer Luftrettung. Doch auch die war für den Wasserwachtler, der sich zu dem Schlauchbootfahrer vom Helikopter herunter abseilte, äußerst riskant. "Da geht dir schon der Puls hoch", sagt Roeske, "denn auf keinen Fall darf der Retter mit dem strömenden Wasser in Berührung kommen."

Insbesondere Ausflügler, die für einen netten Ausflug beim Discounter schnell einmal für wenig Geld ein Plastikschlauchboot erstehen, bringen sich in höchste Gefahr. "Diese Leute unterschätzen die Gefahr. Die Profis mit Kajaks und Kanus müssen wir dagegen nicht rausholen", sagt Roeske. Die seien sich auch der Risiken bewusst, die insbesondere ein Hochwasser führender Fluss mit sich bringe: Nicht nur, dass sich das Flussbett verändere und Bäume herumtrieben, zudem sei das Wasser eiskalt. Um Unfälle zu vermeiden, helfe auf einem unberechenbaren Fluss wie der Isar neben einer guten Ausrüstung letztlich nur eins: "Respekt vor dem Wasser".

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