Gegen den Willen von CSU und FWTierschutz-Skandale werden Thema im Landtag

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Die Tierquälereien im Schlachthof der Firma  Buckl in Wassertrüdingen sind der jüngste Tierschutzskandal in Bayern. Er ist nicht durch amtliche Kontrollen, sondern durch die Tierrechtsorganisation Aninova aufgedeckt worden.
Die Tierquälereien im Schlachthof der Firma  Buckl in Wassertrüdingen sind der jüngste Tierschutzskandal in Bayern. Er ist nicht durch amtliche Kontrollen, sondern durch die Tierrechtsorganisation Aninova aufgedeckt worden. (Foto: Aninova e.V.)

Grüne und SPD setzen gegen die Stimmen von CSU und FW eine Experten-Anhörung über die Veterinärkontrollen in Bayern durch. Das Ziel der beiden Oppositionsparteien ist eine „Weiterentwicklung des Tierschutzes“ im Freistaat.

Von Christian Sebald

Tote Kühe auf Bauernhöfen in Oberbayern und im Allgäu, dazu offenkundig systematische Tierquälereien auf Bayerns größtem Milchviehbetrieb im schwäbischen Bad Grönenbach und in einem riesigen Geflügelschlachthof im mittelfränkischen Wassertrüdingen: Seit Wochen machen in Bayern immer wieder Tierschutzskandale Schlagzeilen. Nun werden die Misshandlungen, die Umstände ihrer Aufdeckung und die amtlichen Tierschutzkontrollen Thema im Landtag. Grüne und SPD haben dazu am Donnerstag per Minderheitenvotum eine Expertenanhörung durchgesetzt.

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„Wir haben in Bayern Tierschutzskandale fast im Wochenrhythmus“, sagte der Grünen-Abgeordnete und Biobauer Paul Knoblach. „Das System der Tierschutzkontrollen in der Nutztierhaltung muss überdacht werden.“ Die Experten-Anhörung solle der erste Schritt dazu sein. „Das Kontrollsystem muss gestärkt werden“, sagt Knoblach. „Doch statt endlich zu handeln, postet Ministerpräsident Söder das nächste Bratwurstbild. Das ist nicht nur zynisch, das ist politisches Totalversagen.“ Die Experten-Anhörung soll aus Sicht der Grünen der erste Schritt für eine Weiterentwicklung der Tierschutzkontrollen in Bayern sein. Knoblach: „Denn Schweigen nützt hier nur den Falschen.“

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Ein Tierschutzaktivist filmt mit versteckter Kamera, wie Arbeiter Kälbern und Kühen gegen den Kopf treten und sie schlagen, bis der Stock bricht – ausgerechnet auf dem Hof, der bereits 2019 im Fokus des Allgäuer Tierschutzskandals stand. Experten sprechen von „krassen Bildern“.

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Auch die SPD-Abgeordnete Anna Rasehorn warb für die Expertenanhörung. „Wir wollen niemanden an den Pranger stellen“, sagte sie. „Aber wir wollen die strukturellen Probleme verbessern – dass das notwendig ist, haben die Vorfälle der letzten Monate ja gezeigt.“ Bauersfamilien und Veterinärämter müssten in die Lage versetzt werden, „gemeinsam zu verhindern, dass sich solche schlimmen Tierquälereien wiederholen“. Die Betonung liege auf „gemeinsam – denn nur wenn alle Seiten konstruktiv zusammenarbeiten, erreichen wir etwas“.

CSU und Freie Wähler lehnten nicht nur die geforderte Weiterentwicklung kategorisch ab, sondern auch die Expertenanhörung. „Jeder Verstoß gegen den Tierschutz ist einer zu viel“, sagte die CSU-Abgeordnete Petra Loibl, die auch Tierärztin und Landwirtin ist. Aber aus ihrer Sicht arbeiten sowohl die Bauern als auch die Veterinärbehörden schon seit Langem an der Belastungsgrenze, man dürfe ihnen deshalb auf keinen Fall noch mehr Druck machen. „Was sie stattdessen brauchen, ist Beratung und Unterstützung.“ Eine Einschätzung, die Loibls Parteifreundin Tanja Schorer-Dremel ausdrücklich teilte. „Wir dürfen die Landwirtschaft nicht in Geiselhaft nehmen“, sagte sie. „Wir müssen sie unterstützen und begleiten.“

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Im Betrieb der Firma Buckl sollen Mitarbeiter lebende Hühner ohne Notwendigkeit schwer gequält haben. Das zeigen Filme einer Tierrechtsorganisation. Die staatliche Kontrollbehörde greift durch. Der Anwalt der Firma nennt die Vorwürfe „überraschend“.

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Die Amtstierärzte selbst sehen dagegen sehr wohl Entwicklungsbedarf für das Veterinärwesen in Bayern. Das wird schnell klar, wenn man dieser Tage den einen oder anderen darauf anspricht. Natürlich gebe es in Bayern nach wie vor eine Reihe Veterinärämter, die chronisch überlastet seien, sagt ein Amtstierarzt, der sich gut auskennt in der Szene, aber auf keinen Fall namentlich genannt werden will. Andere Veterinärämter seien einfach schlecht organisiert, „da kommen Anrufer, die eine Tierquälerei anzeigen wollen, nicht an der Stelle an, an der sie ankommen sollten“.

Außerdem gibt es nach wie vor Klagen über Reibungsverluste zwischen den Landratsämtern, wo die Veterinärämter angesiedelt sind, den Bezirksregierungen und dem Umweltministerium, das die Oberhoheit über das Veterinärwesen in Bayern hat. Auch die Landwirtschaftsbehörden, die vielen landwirtschaftlichen Organisationen und sogar die Öko-Kontrollstellen zögen nicht immer an einem Strang mit den Amtstierärzten. „Die sind ja regelmäßig auf den Höfen und sollten eigentlich schnell mitbekommen, wenn da was schiefläuft“, heißt es bei den Veterinären. „Aber die machen sehr oft nur ihr Ding, statt von sich aus einzuschreiten oder uns zu informieren.“

All diese Punkte und noch andere mehr sind auch in der sogenannten Aufgabenkritik aus dem Jahr 2022 zusammengefasst. Das ist ein Organisationsgutachten über die Veterinär- und Lebensmittelüberwachung an den bayerischen Landratsämtern, das Umweltminister Thorsten Glauber (FW) seinerzeit bei einem Beratungsunternehmen aus Wuppertal in Auftrag gegeben hat. Es schließt mit der Empfehlung, das Projekt zwei Jahre nach seinem Abschluss zu evaluieren und dabei Nachbesserungs- und Anpassungsbedarfe herauszuarbeiten.

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