Teures Wohnen in Bayern:Mietpreis-Bremsversagen

Gebäude

Ein Mietshaus in München - dass die Mietpreisbremse in der Landeshauptstadt kommt, ist ziemlich sicher.

(Foto: Lukas Barth)
  • 142 Gemeinden in Bayern erfüllen die Kriterien für eine Mietpreisbremse, doch gerade mal 48 davon haben auch Interesse daran.
  • In München, Würzburg, Augsburg, aber auch in kleineren Orten wie Herrsching am Ammersee, wird die Mietpreisbremse wohl kommen.
  • Der Bundestag hatte das Instrument beschlossen, um den teilweise rasanten Anstieg von Mieten in bestimmten Regionen einzudämmen.

Von Daniela Kuhr

Viele Tausend Wohnungssuchende setzen große Hoffnung auf die Mietpreisbremse in Bayern. Doch die allermeisten von ihnen dürften enttäuscht werden. Das geht aus einer Untersuchung der Staatsregierung hervor, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Demnach erfüllen zwar ganze 142 Gemeinden in Bayern die Kriterien für eine Mietpreisbremse, doch gerade mal 48 davon haben auch tatsächlich Interesse daran. Äußerst wahrscheinlich kommt die Mietpreisbremse demnach etwa in den begehrten Städten wie München, Würzburg, Augsburg, aber auch in kleineren Orten wie Herrsching am Ammersee. Für Aschaffenburg und Bamberg dagegen sieht es schlecht aus - jedenfalls aus Mietersicht.

Die "Erhebung zur Wohnraumversorgung 2014" war vom Innen- und vom Justizministerium in Auftrag gegeben worden, um unter anderem die Gemeinden zu ermitteln, in denen der Wohnungsmarkt so angespannt ist, dass sie für eine Mietpreisbremse infrage kommen. Dieses Instrument hatte der Bundestag beschlossen, um den teilweise rasanten Anstieg von Mieten in bestimmten Regionen zu reduzieren. Zwar können Vermieter während eines bestehenden Mietverhältnisses die Miete ohnehin nur begrenzt erhöhen. Zieht der Mieter aber aus und ein neuer ein, haben Vermieter in begehrten Wohnlagen diesen Wechsel seit einiger Zeit genutzt, um die Miete auf einen Schlag drastisch zu erhöhen. Anstiege um 40 Prozent sind in solchen Fällen längst keine Seltenheit mehr.

Dank der Mietpreisbremse jedoch können die Bundesländer seit 1. Juni Gemeinden ausweisen, in denen Vermieter bei einem Mieterwechsel die Miete nur noch auf maximal zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete erhöhen dürfen.

Bayern befragt alle Gemeinden

Berlin etwa hat davon umgehend zum 1. Juni Gebrauch gemacht und die gesamte Stadt - nicht etwa nur einzelne Kieze - kurzerhand zu einem Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt erklärt. Bayern dagegen wollte erst alle 2056 Gemeinden befragen, um herauszufinden, wo denn der Wohnungsmarkt tatsächlich angespannt ist. Dabei wurde beispielsweise die mittlere Wartezeit auf eine Sozialwohnung abgefragt oder auch wie hoch die Mieten im Verhältnis zu den Einkommen liegen.

"Im Prinzip ist dieses Vorgehen vernünftig", sagt Andreas Lotte, wohnungspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion. "Allerdings gibt es in Bayern ein paar Gemeinden, in denen der Wohnungsmarkt so offenkundig überhitzt ist, dass man dort gleich zum 1. Juni eine Mietpreisbremse hätte verhängen müssen. Als Beispiel nennt er München. "Dass Berlin diese Chance sofort ergriffen hat, obwohl dort die Mieten längst nicht so hoch sind wie in München, während Bayern sich alle Zeit der Welt lässt, ist schon extrem ärgerlich."

Im Justizministerium weist man diesen Vorwurf zurück. Man habe zunächst die Gemeinden befragen müssen. Dabei habe sich herausgestellt, dass in manchen zwar der Wunsch für eine Mietpreisbremse vorhanden ist, dass sie die Kriterien dafür aber nicht erfüllen. Auch umgekehrt gab es einige Fälle: Also dass die Gemeinde von den Daten her für eine Mietpreisbremse in Betracht käme, diese aber gar nicht wünscht. Das ist beispielsweise in Tutzing oder in Gundremmingen der Fall. Deshalb habe man diese Gemeinden noch mal anhören müssen, sagt eine Sprecherin des Justizministeriums. Noch sei offen, in welchen Gemeinden die Mietpreisbremse am Ende komme.

Manche Städte wollen, dürfen aber nicht

Lotte will diese Erklärung nicht gelten lassen. "Mietern, die in diesen Wochen in München, Würzburg oder Augsburg eine Wohnung gemietet haben, nützt das gar nichts. Für sie zählt jeder Tag." Zudem stört ihn, dass die Gemeinden bei der Befragung gleich mit ankreuzen mussten, ob sie selbst denn eine Mietpreisbremse für nötig halten. "Diese Frage mussten sie also zu einem Zeitpunkt beantworten, in dem sie noch gar nicht wussten, ob ihr Wohnungsmarkt nach den Kriterien der Staatsregierung angespannt ist oder nicht", sagt Lotte.

Dass Wahrnehmung und Wirklichkeit nicht immer übereinstimmen, sieht man auch an folgendem Ergebnis: Ganze 17 Gemeinden würden die Mietpreisbremse gern einführen, erreichen aber nach den von der Staatsregierung entworfenen Kriterien nicht genügend Punkte. Das heißt: Die Gemeinden selbst empfinden ihren Wohnungsmarkt als angespannt, die Staatsregierung aber sieht das anders.

Ein Beispiel ist Aschaffenburg. Der zuständige Stadtentwicklungsreferent sagt denn auch prompt, er sei über die Ergebnisse der Untersuchung "nicht glücklich", sie bildeten nicht die Realität ab. Insgesamt werde der Wohnungsmarkt in Aschaffenburg "enger", weil der Neubau den Bedarf nicht decke.

Entspannung in Bamberg

Auch die Gemeinde Gmund am Tegernsee hätte gern eine Mietpreisbremse, wird sie aber wahrscheinlich nicht bekommen. Dort allerdings nimmt man das gelassen. "Das zeigt ja, dass die Lage bei uns im Vergleich zu anderen Gemeinden noch nicht so schlecht ist, wie wir dachten", sagt Florian Ruml, Geschäftsleiter in Gmund.

In Bamberg darf man sich ebenfalls kaum Hoffnung machen. Eine Sprecherin im Bürgermeisteramt sagt, Bamberg sei "leider das Opfer seiner positiven Entwicklungsperspektive". Zwar sei man überzeugt, dass der Mietmarkt "derzeit stark überhitzt ist", doch würden in der Innenstadt gerade viele Brachen "erschlossen und sukzessive dem Mietmarkt zur Verfügung gestellt". Mit anderen Worten: Eine Entspannung zeichnet sich bereits ab.

Für Lotte ist der Fall klar. "Die CSU war nie ein Fan der Mietpreisbremse, weil sie fürchtete, damit Wohnungseigentümer zu verärgern. Und jetzt, wo das Gesetz in Kraft ist, betreibt sie das ganze Projekt nur halbherzig." Das Justizministerium widerspricht: "Gerade in einem Flächenstaat wie Bayern ist es besonders wichtig, nicht nur zügig, sondern auch sehr sorgfältig vorzugehen, um eine stabile Datenbasis für die Mietpreisbremse zu bekommen." Auf dieser Grundlage werde die Verordnung derzeit erarbeitet. Sobald sie mit den anderen Ministerien abgestimmt sei, werde sie veröffentlicht. "Geplant ist ein Erlass noch vor der Sommerpause."

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