Test zur Wasserqualität:Badeunfall des ADAC

Zoff um eine ADAC-Studie: Die Wasserqualität vieler Seen sei miserabel, schimpft der Automobilclub. Doch die Messungen der Gesundheitsämter, die auf EU-Richtlinien basieren, ergeben ein ganz anderes Bild.

Hans Kratzer

Der Allgemeine Deutsche Automobil-Club (ADAC) ist mit seiner Warnung vor verunreinigten Badeseen offenbar auf die falsche Spur geraten. In einer am Donnerstag veröffentlichten Studie hat der ADAC wenige Wochen vor Beginn der Sommerferien die Sauberkeit der deutschen Badeseen im Allgemeinen und einiger bayerischer Gewässer im Besonderen bemängelt und hatte damit die betroffenen Ämter und Behörden vor den Kopf gestoßen.

Bayern enttäuscht als Urlaubsland

Eine ausreichende Wasserqualität attestiert der ADAC dem Strandbad Schwinghammer in Bernau am Chiemsee. Andere Strandbäder schneiden noch schlechter ab - sehr zum Ärger der Behörden.

(Foto: dpa)

An einigen Messstellen am Starnberger See, am Ammersee und am Brombachsee in Mittelfranken konstatierten die Prüfer des ADAC zu hohe Keimkonzentrationen im Flachwasser und damit Gesundheitsrisiken für Kinder.

Die auf EU-Richtlinien basierenden Messungen der Gesundheitsämter ergeben jedoch ein ganz anderes Bild. Demnach sind die betroffenen Seen sauber und nicht zu beanstanden.

Kritik muss der ADAC vor allem deshalb einstecken, weil seine Ergebnisse auf Messwerten beruhen, die bereits im Sommer 2011 erhoben worden sind. "Schmeißen Sie das Papier einfach weg, es ist nichts wert!", schimpfte Roland Schermer, der Geschäftsführer des Wasserzweckverbandes Brombachsee in Mittelfranken. Der ADAC hatte am dortigen Badestrand Ramsberg eine so hohe Keimkonzentration festgestellt, dass er ihn negativ und für den Badebetrieb als "bedenklich" bewertete.

Auf der vom ADAC im Internet veröffentlichten Messkarte ist nachzulesen, dass im Flachwasser am Süd-Ufer des Badestrands Ramsberg dreimal gemessen wurde (28. Juni, 2. August und 24. August 2011).

Dabei lagen sämtliche Messwerte weit unter den von der EU festgelegten Grenzwerten. Lediglich am 28. Juni 2011 wurde der Grenzwert für Escherichia coli-Bakterien fast um das Doppelte überschritten, was schließlich zur Abwertung des Badegeländes führte.

Schermer hält diese Art des Messens für fehlerhaft und für technisch nicht nachvollziehbar. "Vielleicht wurde damals Sand aufgewirbelt oder es gelangte der Kot eines Tieres in die Messwerte." Die regelmäßig vorgenommenen Messungen des Wasserwirtschaftsamts und des Gesundheitsamts hätten jedenfalls am Brombachsee noch nie zu Beanstandungen geführt, sagt Schermer. Niemals sei ein Badeverbot ausgesprochen worden.

"Durchgängig unbedenkliche Ergebnisse"

Auch eine Badestelle im Erholungsgelände Percha am Starnberger See wurde vom ADAC mit dem Urteil "bedenklich" eingestuft. Das Landratsamt Starnberg reagierte auf die Ergebnisse umgehend mit der Erklärung, dass die regelmäßigen Proben des Gesundheitsamtes einwandfreie Werte ergeben hätten. "Sie sind völlig im grünen Bereich!"

Tatsache ist, dass die Wasserentnahmen des Gesundheitsamtes nach EU-Vorgaben (in 30 Zentimeter Tiefe bei einem Meter Wassertiefe) erfolgen, während der ADAC im Flachwasserbereich misst, der mikrobiologisch anfälliger für Verunreinigungen durch Kot von Wasservögeln ist.

Da hier der Eintrag von Wasservogelkot und Hundekot von den Liegewiesen leichter möglich ist, besteht die Gefahr, dass gewisse Messwerte die tatsächliche Wasserqualität verfälschen. "Aus dem einem Ausreißer-Wert eine bedenkliche Einstufung des Badebereiches abzuleiten, halte ich für ein fragwürdiges Verfahren", sagt Florian Luderschmid vom Landratsamt Starnberg.

Das Gesundheitsamt habe trotzdem nach Bekanntwerden des Ergebnisses sofort reagiert und die vom ADAC benannte Messstelle während der ganzen Badesaison weiterhin untersucht. "Wir hatten durchgängig unbedenkliche Ergebnisse", heißt es im Landratsamt.

Grundsätzlich obliegt die Sauberkeit der bayerischen Badegewässer dem Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL). "Wir überwachen 384 Badegewässer nach den Vorgaben der Europäischen Union", sagt Kathrin Grimmer, die Sprecherin der Behörde.

Von Mai bis September werden mindestens einmal pro Monat Proben entnommen, bei Auffälligkeiten geschieht dies sogar noch öfter. Entgegen der vom ADAC proklamierten Tendenz, die Wasserqualität sei häufig bedenklich, sagt Grimmer: "Unsere Badegewässer haben eine hervorragende Wasserqualität, die über dem europäischen Durchschnitt liegt." Das LGL stützt seine Aussage auf die hohe Messdichte von mehr als 2000 Proben pro Jahr und auf Langzeitbeobachtungen.

Die Messungen des ADAC sind im Internet unter www.adac.de nachzulesen. Den besten Überblick über die Wassergüte der bayerischen Badeseen gibt die Seite www.lgl.bayern.de, in der alle 384 EU-Badestellen eingesehen werden können.

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