Tegernsee:Was aus dem legendären Tagungsort Wildbad Kreuth wird

Winterklausur der CSU-Landtagsfraktion - Fortsetzung

Die Scheinwerfer sind aus in Wildbad Kreuth, seit die CSU anderswo tagt. Vielleicht kommen irgendwann wieder Kurgäste.

(Foto: Peter Kneffel/dpa)
  • Seit die CSU ihre Klausuren nicht mehr in Wildbad Kreuth abhält, ist es ruhig geworden um den Ort am Tegernsee.
  • Nun planen die Wittelsbacher, ein Sanatorium einzurichten und damit eine alte Tradition wiederzubeleben.
  • Auch als "Bergsteigerdorf" will Kreuth wieder mehr Aufmerksamkeit erlangen.

Von Matthias Köpf, Kreuth

Mehr als ein Jahr nach der letzten CSU-Klausur an ihrem längst legendären Tagungsort zeichnet sich eine neue Zukunft für Wildbad Kreuth ab. Der Kreuther Gemeinderat soll an diesem Donnerstag über einen Antrag entscheiden, das langjährige Bildungszentrum der Hanns-Seidel-Stiftung wieder dem Sanatoriums- und Klinikbetrieb zu widmen. Dies würde an die Geschichte des Wildbads anknüpfen, in dem die Wittelsbacher den europäischen Hochadel, aber auch einfache Bürger zur Kur empfangen haben.

Die erste Quelle im späteren Wildbad haben wohl spätestens die Mönche des Klosters Tegernsee im 15. Jahrhundert fassen lassen, Anfang des 16. Jahrhundert entstand ein Badehaus. Doch zu seiner heutigen Größe kam das Bad erst mit den Wittelsbachern. König Max I. Joseph hat das Kloster samt seine Besitzungen nach der Säkularisation gekauft und das Wildbad Kreuth in großem Stil ausbauen lassen. Kaiser und Zaren kamen zur Kur, und in der Nebensaison durfte sich auch das einfache Volk im königlichen Wildbad erholen.

Noch heute hat in Kreuth eine Wittelsbacherin das Sagen: Helene Herzogin in Bayern machte über ihre Pläne für Wildbad Kreuth verschiedene Andeutungen, nachdem sie sich mit der Hanns-Seidel-Stiftung angesichts einer ebenso kostspieligen wie überfälligen Sanierung der Gebäude nicht mehr über eine Verlängerung des Mietvertrags hatte einigen können. Die Kreuther Gemeinderäte hatte sie im schon im vergangen Sommer in Sanatoriums-Pläne eingeweiht, zugleicht standen Ideen für ein Wellness-Hotel oder ein Luxus-Resort im Raum. Nun deutet sich an, dass es in Wildbad Kreuth irgendwann tatsächlich wieder so etwas wie einen Kurbetrieb geben könnte.

Herzogin Helene und ihre Verwalter halten sich über die konkreten Pläne aber ebenso bedeckt wie der Kreuther Bürgermeister Josef Bierschneider (CSU). Der lobt lediglich die "intensiven und guten Gespräche" über die Zukunft des Wildbads und bekräftigt das Interesse der Gemeinde daran, "dass dort wieder Leben entfacht wird".

Denn nach außen hin hat sich im Wildbad seit dem Auszug der CSU und ihrer Hanns-Seidel-Stiftung im Jahr 2016 wenig getan. Die Landtagsfraktion der Christsozialen tagte zuletzt in Banz, die Landesgruppe im Bundestag hat sich im Kloster Seeon im Chiemgau in Szene gesetzt und zeigt eine gewisse Neigung, erst einmal dort zu bleiben. Die CSU hat nach vier Jahrzehnten im Wildbad für ihre allwinterlichen Klausuren also inzwischen andere, ebenfalls recht schmucke Kulissen gefunden, während das stark vom Tourismus lebende Kreuth nicht mehr auf die geradezu garantierte mediale Aufmerksamkeit durch die Klausuren zählen kann. "Eine hervorragende Werbung für Kreuth" sei das immer gewesen, sagt dazu Bürgermeister Bierschneider. Je schneller es nun eine neue Nutzung gibt, umso eher kann diese dann auch noch von der Nachwirkung des jährlichen Aufsehens profitieren.

Werbewirksamer Titel: Kreuth will "Bergsteigerdorf" werden

Wie die Sanatoriumspläne und die Sanierung des 8500 Quadratmeter großen, längst nicht mehr zeitgemäß ausgestatteten Komplexes zusammenspielen sollen, ist noch unklar. Es gebe einen möglichen Betreiber für so eine Einrichtung, heißt es aus Kreuth, aber da stehe auch noch nicht fest, wer zu welchen Bedingungen das nötige Geld in die Sanierung der denkmalgeschützten Gebäude stecken soll. Details gebe es frühestens nach dem Ratsbeschluss am Donnerstag. Der gilt ohnehin eher als Formalie im Umgang mit dem Flächennutzungsplan, in dem das Wildbad bisher als Bildungseinrichtung definiert ist.

Die Gemeinde Kreuth erhofft sich viel von einer Wiederbelebung des Wildbads, setzt aber auch selbst auf eine andere, alternative Art des Tourismus. Die Kreuther haben schon vor zwei Jahren ihr Interesse bekundet, wie bisher Ramsau im Berchtesgadener Land und demnächst Sachrang und Schleching im Chiemgau zu einem "Bergsteigerdorf" zu werden. Diesen werbewirksamen Titel verleihen die Alpenvereine aus Deutschland, Österreich und Südtirol an Orte, die auf einen nachhaltigen Tourismus setzen, ihre Landschaft vor allzu großen Eingriffen etwa durch neue Seilbahnen, Lifte und Schneekanonen bewahren und ihre Kultur mit ihren alpinen Traditionen pflegen.

Inzwischen habe man vom Deutschen Alpenverein das positive Signal bekommen, dass einer offiziellen Bewerbung um den Titel nichts Grundsätzliches entgegenstehe. Entschieden wird darüber dann frühestens im Sommer von einem international besetzten Gremium. Stimmt dieses zu, könnte der Titel 2018 an Kreuth gehen. Im dortigen Rathaus ist angesichts dieser Perspektive eine gewisse Erleichterung darüber zu verspüren, dass der umstrittene Pendelbus für nächtliche Skitouren auf den Hirschberg nach nur drei Fahrten wieder eingestellt wurde.

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