Tattoos im Fall Mannichl:Eine Schlange, die Rätsel aufgibt

Schwer zu entschlüsseln: Im Fall Mannichl versucht die Polizei, Tattoos der Tatverdächtigen zu entschlüsseln, ehe sie weggelasert werden.

Max Hägler

Viel Hoffnung hatten die Passauer Ermittler in ihre beiden Phantombilder gesteckt. Eine grüne Schlange mit roter Zunge hinter dem Ohr und ein Kreuz samt Pfeil auf der Wange - große Männer mit solchen Tätowierungen müssten doch irgendwo auffallen.

Tattoos im Fall Mannichl: Kreuze mit Pfeil gibt es in mehreren Kulturkreisen - konkret lässt sich das Tattoo aber nicht zuordnen.

Kreuze mit Pfeil gibt es in mehreren Kulturkreisen - konkret lässt sich das Tattoo aber nicht zuordnen.

(Foto: Foto: AP)

Doch auch vier Tage nach der Veröffentlichung in allen bundesweiten Medien gibt es nach Polizeiangaben keine heiße Spur. Die Parole lautet nun, mehr als eine Woche nach der Messerattacke auf den Passauer Polizeichef Alois Mannichl: Wir sind in alle Richtungen offen, für alle Hinweise dankbar.

Unklar ist auch, welche Bedeutung die beiden Symbole haben könnten. "Uns sagt das nichts", heißt es aus der Sonderkommission "Fürstenzell". Und auch das Landesamt für Verfassungsschutz kann die Zeichen keiner bekannten Gruppierung zuordnen.

Inzwischen rückt die Polizei sogar ein wenig ab von der Stimmigkeit der Bilder, die aus der Erinnerung von Zeugen entstanden sind und von denen es anfangs hieß, es hätten auch Muttermale sein können. "Sonst hätte sich ja schon jemand gemeldet", sagt ein resigniert klingender Sprecher.

Auch in der Tätowierszene gibt es niemanden, der die Zeichnungen konkret zuordnen könnte. In verschiedenen Kultur- und Gesellschaftskreisen gibt es Kreuze mit Pfeil. Familien in Tirol verwendeten solche Merkmale als Hauszeichen. Es war das Abzeichen von Hitlers Panzerdivision 5 aus Stuttgart - allerdings mit dem Pfeil nach oben.

In Ungarn gab es ab Mitte der 1930er Jahre die aggressiv faschistische Pfeilkreuzler-Partei, deren Symbol aus den Elementen Pfeil und Kreuz zusammengesetzt ist. Manfred Heim, Lehrstuhlinhaber für Bayerische Kirchengeschichte an der Universität München, verbindet das Motiv mit dem Schmerz der Gottesmutter Maria. Es ähnle zumindest einigen Symbolen, wie sie Semiotiker zahlreich in ihren alten Aufzeichnungen gesammelt hätten.

Dirk-Boris Rödel, Chefredakteur des in Mannheim erscheinenden Tätowier-Magazins, hält vor allem die Platzierung des Kreuztattoos für ungewöhnlich. "Leute, die so etwas machen, wollen heraushängen lassen, dass sie eine harte Sau sind", sagt Rödel über die Zeichnung. So etwas sei zwar auch in der Tätowierszene selten, aber trotzdem sei eine Zuordnung schwierig.

"Aus der Erfahrung kann man sagen, dass nur bei russischen Knasttattoos Herkunft und Bedeutung genau geklärt werden können." Symbole wie die Schlange findet man laut Rödel wiederum in allen Szenen, etwa auch bei Motorradrockern. Dennoch würde sich ein Tätowierer an beide Symbole wohl erinnern, schätzen der Fachredakteur und auch andere Kollegen. Doch sei nicht anzunehmen, dass sich ein entsprechender Zeuge melde. "Man muss die Einschüchterung der rechten Szene im Auge behalten", sagt Rödel.

Und auch die Möglichkeit der Entfernung. Nur zwei bis drei Sitzungen im Abstand von zwei Wochen würde es wohl dauern, bis das Kreuz von der Backe per Laser entfernt ist. "Und es dürfte wohl wenig Mühe machen, einen entsprechenden Dermatologen in Osteuropa aufzutreiben, der den Zusammenhang mit Passau nicht kennt", glaubt der Tätowierexperte.

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