Tarifreform:Kostenlos durch die Innenstadt

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Die Stadt Augsburg spielt beim Nahverkehr den Vorreiter in Deutschland

Von Florian Fuchs, Augsburg

Kostenloser Nahverkehr in der Innenstadt, damit wird Augsburg bundesweit zum Vorreiter. Im vergangenen Jahr hatte die Stadt diesen Schritt grundsätzlich beschlossen, nun sind weitere Details ausgearbeitet: Die kostenlose City-Zone rund um den Königsplatz und den Moritzplatz soll zum Jahreswechsel am 1. Januar 2020 starten. Die Stadt kostet das Angebot jährlich knapp 900 000 Euro, wobei sie auf Zuschüsse des Freistaats hoffen darf. Nach zwei Jahren soll der Nutzen evaluiert werden, denn nicht alle Stadträte sind von dem Konzept überzeugt: Grüne und SPD sehen das Angebot nur als Zwischenschritt hin zu einem 365-Euro-Jahresticket für den gesamten Nahverkehrsbereich, Kritiker befürchten mehr Autoverkehr bis an die Randzonen der Innenstadt und ein zu kompliziertes Nahverkehrssystem.

Zweite Bürgermeisterin Eva Weber (CSU) pries die Idee im vergangenen Jahr als Maßnahme zur Luftreinhaltung in der Innenstadt an. Durch den Gratis-Nahverkehr in der Innenstadt würden aber auch einige Härten der jüngsten Tarifreform ausgeglichen; es hatte zahlreiche Beschwerden von Fahrgästen gegeben. Mit teuren und vielfältigen Sonderlösungen werde nun versucht, solange an der Tarifreform herumzudoktern, bis der alte Status Quo der Tarife erreicht ist, ätzt die SPD in einer Pressemitteilung. Die Partei hatte als einzige geschlossen gegen die Reform im Netz der Augsburger Verkehrs-und Tarifverbund GmbH, kurz AVV, gestimmt. Dem Verkehrsverbund der Region Augsburg, an dem neben der Stadt auch die umliegenden Landkreise beteiligt sind, muss die Stadt nun auch die Mindereinnahmen ausgleichen, die durch die Gratiszone entstehen. Für dieses Jahr sind 500 000 Euro Umstellungskosten für die Tarifsystematik eingeplant, anschließend rechnen die Stadtwerke mit jährlichen Einnahmeverlusten von 886 000 Euro.

Die ÖDP kritisiert die kostenlose City-Zone als "Geldverschwendung in horrender Summe". Es werde so attraktiver, mit dem Auto in ein Parkhaus der Innenstadt zu fahren und dann in die Tram oder den Bus umzusteigen. Touristen können zwar vom Hauptbahnhof umsonst Richtung Zentrum, Augsburger Bürgern bringe der kostenlose Innenstadtverkehr aber so gut wie gar nichts. Das System werde immer komplizierter zu durchschauen. Tatsächlich sollen Fahrgäste in der kostenlose City-Zone kein Ticket ziehen müssen. Wer von außen in die Zone hineinfährt, muss die Haltestellen in der Innenstadt nicht mitzählen, das Kurzstreckenticket ist so für längere Fahrten gültig. Wer allerdings nur durch die kostenlose Zone hindurchfährt, muss auch die Stationen in der Innenstadt mitzählen und eine entsprechende Fahrkarte lösen. Zudem soll es eine Ausnahme des Geltungsbereichs geben: Die Fahrt von der Kongresshalle in die Innenstadt soll möglichst auch kostenlos werden, um das Konferenzzentrum besser anzubinden.

Die Grünen begrüßen die kostenlose City-Zone als "einen Baustein zukunftsfähiger Mobilität" und stimmten deshalb dafür, wie auch die SPD trotz der Kritik der Partei am Tarifsystem. Es sei aber unerlässlich, weiter auf ein 365-Euro-Jahresabo hinzuarbeiten, betonten beide Parteien. Die Grünen sehen Augsburg durch das neue Angebot auf einer Stufe mit europäischen Vorreiterstädten wie Manchester und Tallinn. Im oberbayerischen Pfaffenhofen an der Ilm fahren Passagiere auf sieben von acht Stadtbuslinien kostenlos. In Aschaffenburg steigen die Menschen an jedem Samstag kostenlos in Bus und Bahn.

© SZ vom 27.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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