Talentsucher des FC Bayern München:"Wenn du gut genug bist, finden wir dich"

Talentsucher des FC Bayern München: Die Zahl der Jugendmannschaften, die am Spielbetrieb teilnehmen, hat in den vergangenen sechs Jahren um 15 Prozent abgenommen. In allen Altersstufen. Längst ist das nicht mehr allein darauf zurückzuführen, dass im Pubertätsalter den Vereinen die Spieler abhandenkommen.

Die Zahl der Jugendmannschaften, die am Spielbetrieb teilnehmen, hat in den vergangenen sechs Jahren um 15 Prozent abgenommen. In allen Altersstufen. Längst ist das nicht mehr allein darauf zurückzuführen, dass im Pubertätsalter den Vereinen die Spieler abhandenkommen.

(Foto: Peter Bauersachs)

Kicken wie Bastian Schweinsteiger oder Thomas Müller: Unzählige Jungs träumen davon, einmal Fußballprofi zu werden. Doch Begabung alleine reicht nicht. Worauf es ankommt, um Profi zu werden, erklärt Jürgen Jung, der oberste Talentsucher des FC Bayern München.

Von Martin Mühlfenzl

"I have a dream." Das können unzählige Buben von sich behaupten; doch nur die wenigsten schaffen es wirklich, ihren Wunsch zu verwirklich und Fußballprofi zu werden. Einmal wie Bastian Schweinsteiger oder David Alaba auf den Rasen treten und gegen die Besten Europas kicken, gegen Messi, Ronaldo und Iniesta.

Nur, einen Masterplan für die Karriereplanung im Fußball gibt es nicht. Aber es gibt Profis wie Jürgen Jung, 38, die wissen, worauf es ankommt. Jung ist Chefscout des Juniorteams beim FC Bayern und auf den Fußballplätzen Deutschlands zu Hause - immer auf der Suche nach den größten Talenten. Er verrät ein paar Tipps für angehende Schweinsteigers und Geheimnisse des Scoutingsystems des Rekordmeisters.

Talent

Keine Frage, ohne Talent geht es nicht. Es lasse sich auch nur bedingt antrainieren, vielmehr sei Talent eine Gabe, sagt Jürgen Jung: "Man hat es, oder man hat es nicht. So einfach ist es." Deshalb ist für die Scouts der Bayern - alleine im Freistaat sind im Bereich der E- und D-Jugend zehn davon unterwegs - auch der erste Eindruck sehr wichtig, wie Jung sagt.

"Wir sehen oft gleich beim ersten Mal, welche Fähigkeiten da sind. Aber natürlich reicht uns das nicht." Spieler, die in den Fokus der Beobachter geraten, werden mehrmals von unterschiedlichen Scouts beobachtet: "Erst dann treffen wir eine Entscheidung." Gesucht wird immer nach ein und denselben Kriterien: Was kann der Bub am Ball, ist er spielintelligent, technisch besonders begabt und auch beweglich. Steht er richtig, weiß er, wohin der Ball kommt und in welche Richtung er sich bewegen muss.

Auf die Größe kommt es dabei nicht an. Bei den Bayern kicken in den unteren Jahrgängen sogar eher viele kleine Spieler. "Es gibt natürlich auch groß Gewachsene. Entscheidend ist aber nur die Leistung", sagt Jung.

Wille

Wer sich ein Ziel setzt, der muss daran festhalten und darf sich nicht beirren lassen. Unvergessen ist der Ausbruch Oliver Kahns nach der Last-Minute-Meisterschaft der Bayern im Jahr 2001. "Immer weiter, immer weiter", rief Kahn nach der unerwarteten Wende in der Nachspielzeit und brachte damit auf den Punkt, was schon ein Jugendfußballer mitbringen muss, will er weit nach oben kommen. "Wir beobachten ganz genau, wie sich die Jungs verhalten. Dazu gehört auch, ob sie schnell aufgeben, oder auch beißen können", sagt Jürgen Jung. "Wir wollen Spitzenfußballer herausbringen."

Disziplin

Wer es einmal auf das Internat der Bayern an der Säbener Straße geschafft hat, ist dem Traum vom Profifußball schon einen gewaltigen Schritt näher gekommen. Allerdings geht das Nachwuchstalent dabei auch Verpflichtungen ein: Sauber machen, aufräumen, Hausaufgabenbetreuung, Schuhe putzen, feste Schlafenszeiten. Ein Ferienlager ist das Internat der Bayern nicht.

"Unser System funktioniert"

Auch die Buben, die weiter bei ihren Eltern wohnen, müssen sich an Regeln halten. Auf die Schulnoten haben die Trainer immer ein Auge. "Die Schule geht vor, das sagen wir auch allen Jungs", sagt Jung. "Fußball kann gar nicht so wichtig sein, die Buben brauchen einen guten Schulabschluss." Auch das Verhalten steht auf dem Prüfstand: "Höfliche Umgangsformen sind uns wichtig; dass die Jungs Erwachsenen die Hand geben und sie grüßen. Auch das macht einen guten Fußballer aus."

Talentsucher des FC Bayern München: Jürgen Jung ist viel auf Fußballplätzen unterwegs. Er sagt, er könne oft schon beim ersten Hinsehen erkennen, was in einem Nachwuchskicker steckt.

Jürgen Jung ist viel auf Fußballplätzen unterwegs. Er sagt, er könne oft schon beim ersten Hinsehen erkennen, was in einem Nachwuchskicker steckt.

(Foto: Claus Schunk)

Das Juniorenteam der Bayern ist aber keine Versammlung wohl erzogener Engel aus gutem Hause. "Wir haben immer wieder schwierige Charaktere dabei. Und das sind interessante Typen", sagt Jung. "Oft sind das diejenigen, die auf dem Platz Dinge machen, die sonst keiner kann." Diese Typen machen im Fußball den Unterschied aus. Wie Oliver Kahn.

Druck

Wer nicht liefert, der fliegt. So stellen sich viele Eltern und Kinder das möglicherweise kurze Bayern-Leben eines Jugendfußballers vor. "Natürlich gibt es einen Selektionsprozess. Das ist im Leistungssport einfach so", sagt Bayerns oberster Scout. "Aber wenn man genau hinsieht, merkt man, dass wir gar nicht so viele Jungs aussortieren."

Im Schnitt ein bis zwei müssten ihre Mannschaft am Ende der Saison verlassen, weil die Leistungen nicht ausgereicht haben, berichtet Jung: "Das zeigt, dass unser System funktioniert. Wir scouten Jungs, von denen wir überzeugt sind. Und wir wollen sie nicht für ein, sondern für drei, vier Jahre - oder länger." Wie etwa Thomas Müller oder Holger Badstuber, die Vorzeigeprofis, wenn es um die Ausbildung des FC Bayern geht.

Der Tipp

Was sagt der Chefscout einem Zwölfjährigen, der unbedingt Profi werden will?

Jürgen Jung überlegt, um dann darauf hinzuweisen, dass es doch doofe Fragen gibt. Schließlich findet der Scout dann eine Antwort: "Profi zu werden, ist ein ehrenwertes Ziel. Träume weiter davon, trainier' viel mit dem Ball und hab' einfach Spaß. Und wenn du gut genug bist, dann finden wir dich."

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