Süddeutsche Zeitung

Tagelange Verräum-Aktion:Gemeinde kaufte Klopapier für zwölf Jahre

Kommunen sind angehalten, mit ihrem Etat verantwortungsvoll umzugehen. Doch zu viel der Sparsamkeit kann unvorhersehbare Folgen haben.

Kolumne von Matthias Köpf

Eigentlich sollte es neulich im Gemeinderat ja nur um die Modernisierung der Heizung im Feuerwehrhaus und im Bauhof gehen, also praktisch ums Tagesgeschäft. Dabei kam die Sprache aber auf die Lagerkapazitäten in den gemeindlichen Gebäuden, und weil Bürgermeister Erwin Karg dann bei dem Thema ein bisschen weiter ausgeholt hat, hockt seine 4000-Einwohner-Gemeinde Fuchstal im Landkreis Landsberg am Lech jetzt ein bisschen so da, als ob sie zu spät bemerkt hätte, dass auf der Rolle gar kein Klopapier mehr ist. Dabei war ja gerade das Gegenteil der Fall.

Im Jahr 2006 sei nämlich am Bauhof ein Lastwagen vorgefahren, berichtete Karg laut mehreren lokalen Medien, und als dann mit einem Gabelstapler palettenweise Toilettenpapier abgeladen worden sei, da sei man doch ein bisschen erschrocken. Ein Mitarbeiter in der Verwaltung habe das Klopapier bestellt und sich dabei ziemlich in der Menge vertan, wobei ein zweiter Lastwagen noch gestoppt werden konnte. Doch schon die Ladung des ersten füllte in Fuchstal offenbar nicht nur den Dachboden des Bauhofs, sondern auch Schränke und Schubladen im Rathaus, in den Schulen, bei der Feuerwehr und in der Fuchstalhalle. Mehrere Mitarbeiter hätten Tage damit zugebracht, das ganze Klopapier zu verräumen, berichtete der Bürgermeister.

Nun ist Toilettenpapier ein Verbrauchsgut, aber allzu groß war die Nachfrage bald nicht mehr. Denn so großzügig der Mitarbeiter bei der Menge war, so sparsam war er beim Preis, und das ultrasofte, das vierlagige mit Kamille, das mit Mandelmilch oder gar das fünflagige waren dann halt nicht drin in den Schränken der Fuchstalhalle. Vielmehr gab es immer nur das einlagige graue. Das wird bei längerer Sonneneinstrahlung auch noch gelb und brüchig, so haben es die Fuchstaler in ihrem Langzeitversuch offenbar herausgefunden, und weil viele lieber das Flauschige von daheim mitbrachten, dauerte das Leiden nur noch länger.

Jetzt aber, so teilte Karg es mit, sind die Vorräte aufgebraucht. Weil man sich wegen des damals besonders tiefen Holzpreises am Ende 1000 Euro gespart habe, hat die Gemeinde aber wieder eine Großbestellung aufgegeben. Die nächsten Grundschülergenerationen werden mit weißem zweilagigem Klopapier aufwachsen.

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Quelle:
SZ vom 13.03.2019
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