Tag des offenen Denkmals:Schlösser, Burgen, Freveltaten

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Am Sonntag öffnen in ganz Bayern Denkmäler für einen Tag. Nur der Herrschaftssitz in Forchheim bleibt zum Glück zu.

Von Hans Kratzer, Olaf Przybilla und Christian Sebald, München

Der Freistaat Bayern ist ein überragendes Denkmalland: Mit fast 200 000 Bau-, Kunst- und Bodendenkmälern ist Bayern neben Sachsen das denkmalreichste Bundesland und deshalb beim bundesweiten Tag des offenen Denkmals an diesem Sonntag auch mit mehr als 900 Objekten stark vertreten.

Nicht immer sind sich Politik, Wirtschaft und Eigentümer dieser Ausnahmestellung bewusst. Es wird erschreckend viel Schindluder getrieben mit den Denkmälern, und ständig fehlen das Geld, der Wille und die staatliche Unterstützung, um vor allem Kleindenkmäler vor dem Verfall zu retten. Eben jene baulichen Objekte, die Orte und Landschaften bestens prägen.

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Dass Bayern ein mit Denkmälern so reich gesegnetes Land ist, wäre der Deutschen Stiftung Denkmalschutz in diesem Jahr allerdings fast zum Verhängnis geworden. Wenn auch das Schlimmste gerade noch verhindert werden konnte, ein bisschen blamiert muss sich die Stiftung schon fühlen. Hatte sich doch der berüchtigte Rechtsextremist Karl-Heinz Hoffmann, Gründer der "Wehrsportgruppe Hoffmann", als Führer durch das oberfränkische Schloss Ermreuth angedient.

Und er hatte es damit bis ins Programm zum Tag des offenen Denkmals geschafft, abgesegnet durch die Stiftung. Bis vergangenen Donnerstag blieb das so, dann drangen die Proteste bis nach Bonn, zum Sitz der Stiftung. Diese teilte Hoffmann dann mit, sie verzichte auf dessen Teilnahme.

Zwar taugt das alte Gemäuer in Landkreis Forchheim wie so viele andere ehemalige Herrschaftssitze in dieser Region zum Denkmal, keine Frage. Dieses Schloss aber hat eine sehr eigene Geschichte, die frösteln macht: Als im Jahr 1980 die paramilitärische Gruppe um Hoffmann verboten wurde, verfassungsfeindlicher Umtriebe wegen, stürmte ein Großaufgebot der Polizei das Anwesen. Immerhin galt Ermreuth als Hauptquartier der Gruppe.

Und nun sollte der Schlossbewohner, der immer wieder mit Verstrickungen ins braune Milieu auffällt, dort seine Geschichte erzählen können, unterm Schirm der Denkmalstiftung? Hoffmann hatte zwei "Führungen" angeboten. Und er wollte - laut Programm - über die seit "1978 eingeleiteten, bis zum heutigen Tag anhaltenden Sanierungsarbeiten" am Schloss informieren. Also über das eigene Wirken, auch während der Zeit der "Wehrsportgruppe".

Wie so etwas passieren kann? Eine Sprecherin räumte ein, dass ihr leider der Name Karl-Heinz Hoffmann kein Begriff gewesen sei. Das mag passieren, Hoffmann ist ein verbreiteter Name. Aber jede Suchmaschine gibt Auskunft darüber, was es mit dem Herrn vom fränkischen Schloss Ermreuth auf sich hat. Bei so vielen Anmeldungen, auf die man ja angewiesen sei und auf die man baue, sei der Stiftung das einfach unterlaufen, erklärte die Sprecherin.

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Die Denkmalschutz-Stiftung wollte Karl-Heinz Hoffmann, Gründer der "Wehrsportgruppe Hoffmann", zunächst teilnehmen lassen. Man habe nicht gewusst, um wen es sich handele.

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Unabhängig von diesem Fauxpas steht die Denkmallandschaft in Bayern unter Druck. Tausende Baudenkmäler stehen leer und sind vom Verfall bedroht. Ganz zu schweigen von all jenen schützenswerten Häusern, die von den Besitzern auch aus finanzieller Überforderung dem Verfall preisgegeben werden. Der Druck der Investoren und der Immobilienwirtschaft wächst. Der drohende Abriss des Moserbräu in der Landshuter Altstadt hat zuletzt überregionale Aufmerksamkeit erregt.

Ein neuer Präzedenzfall ergibt sich mittlerweile in der schwäbischen Stadt Donauwörth. Dort soll ein in die Denkmalliste eingetragenes Gebäude an der Reichsstraße nach den Plänen einer Investorengesellschaft abgerissen werden. Der Stadtrat hat dem Vorhaben zugestimmt. Nun stellte sich aber heraus, welch eine lange Geschichte in dem Haus steckt.

Angesichts der starken Zerstörung Donauwörths im Zweiten Weltkrieg gleicht es fast einem Wunder, dass dieses Gebäude erhalten geblieben ist. Die jüngste Untersuchung des verbauten Holzes durch das Landesamt für Denkmalpflege ergab, dass die Baugeschichte bis ins Jahr 1317 zurückreicht. Es zählt damit zu den ältesten Bürgerhäusern in Bayern. "Für die profane Baugeschichte Donauwörths hat es eine herausragende Bedeutung", sagt Generalkonservator Mathias Pfeil.

Seit Anfang August liegt ein Gutachten vor, wonach eine Instandsetzung des Hauses aufwendig, aber möglich wäre. Demnach könnten 60 Prozent des Bestandes erhalten werden. Trotzdem hat die Stadt den Abbruch des Hauses genehmigt - ohne dabei, wie im Verfahren vorgesehen, das Denkmalamt zu beteiligen.

Mittlerweile ist auch der Landesdenkmalrat eingeschaltet. Die Stadt Donauwörth und das Landesamt für Denkmalpflege haben die Gespräche wieder aufgenommen. "Der Kern des Hauses ist so alt wie kaum etwas anderes in Bayern", sagt Generalkonservator Pfeil. "Wir müssen dem Gebäude eine Chance geben."

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Beim Tag des offenen Denkmals ist das spannende Donauwörther Haus natürlich nicht vertreten. Aber es gibt am Sonntag viele andere lohnende Ziele in ganz Bayern. Im nördlichen Oberbayern - genau gesagt auf dem Lusthügel in Neuötting - kann man zum Beispiel erfahren, wie die Altvorderen gefeiert haben. Der Lusthügel erhebt sich gleich hinter dem Landshuter Tor. Als Tor und Mauer Ende des 18. Jahrhunderts als Stadtbefestigung überflüssig wurden, richtete die Brauerei Pallauf dort einen Sommerkeller ein.

Oben auf den Hügel setzte sie um 1820 herum einen achteckigen Pavillon samt Bierausschank drauf. Bierkeller und Pavillon wurden ein beliebtes Ausflugsziel. Noch vor sechs Jahren bot der Lusthügel samt Pavillon einen traurigen Anblick, so verfallen war er. Inzwischen ist er fein säuberlich restauriert. Seinen Namen hat der Lusthügel angeblich davon, dass die Kellnerinnen in dem Ausschank zu später Stunde häufig nur spärlich bekleidet gewesen sein sollen - sehr zum Gaudium der Honoratioren.

In Bayreuth ist die alte Schokoladen- und Zuckerwarenfabrik "Insel" zu besichtigen. Der zweigeschossige Backsteinbau aus den Jahren 1909 und 1910 ist lupenreiner Jugendstil. Vor dem Ersten Weltkrieg und in der Zwischenkriegszeit florierte hier die Schokoladenfabrik, ihre Süßigkeiten waren weit über Oberfranken hinaus gefragt. 1956 schloss die "Insel" ihre Pforten. Heute wird der Bau als Kultur- und Jugendzentrum genutzt. Sein Name heißt: Schoko!

© SZ vom 10.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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