Südseeklima in Tettau:Ein Tropenhaus für "Bayrisch-Sibirien"

Die Südsee - mitten in Oberfranken: Ausgerechnet in einer Region, die für ihr rauhes Klima bekannt ist, sollen bald Südfrüchte wachsen und tropische Fische herumschwimmen. Das Projekt "Klein-Eden" soll sogar ein Vorbild für Energieeffizienz sein.

Katja Auer

Eigentlich hätte Carl August Heinz ja gerne Krokodile gezüchtet. Wenn es schon schottische Hochlandrinder gibt in Bayern, sagt er, warum dann nicht auch Krokodile? Soweit ist es dann doch nicht gekommen, aber dafür werden bald tropische Fische herumschwimmen und Südfrüchte wachsen. Ganz oben in Franken. In dem Landstrich, den Böswillige wegen des rauen Klimas sonst gerne als Bayrisch-Sibirien bezeichnen.

BIOSPHÄRENANLAGE IN CORNWALL ERÖFFNET

Im englischen Cornwall ist unter riesigen Kuppeln eine Tropenwelt entstanden - das Project Eden, das den Oberfranken als Vorbild dient.

(Foto: DPA/DPAWEB)

In Kleintettau am bayerischen Rennsteig (Landkreis Kronach) entsteht ein Tropenhaus. Am Freitag ist Spatenstich und gleich zwei Staatssekretärinnen reisen dafür an. Katja Hessel (FDP) aus dem Wirtschaftsministerium und Melanie Huml (CSU) aus dem Umweltministerium. Denn was verrückt klingt, soll ein vorbildhaftes Projekt für Umweltschutz, Energieeffizienz und grenzüberschreitende Zusammenarbeit werden.

"Klein-Eden" soll das 3500 Quadratmeter große Tropenhaus heißen, und die Wärme dafür liefert Carl August Heinz. Die Abwärme, besser gesagt, denn das Gewächshaus soll mit der Abwärme beheizt werden, die bei der Produktion von Glasflakons anfällt, die Heinz-Glas herstellt. Rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr, laufen die Maschinen in der Glashütte, und bislang entwich die entstandene Wärme ungenutzt. Nun sollen damit nebenan Papayas und Sternfrüchte angebaut, Nilbarsche und Tilapias gezüchtet werden - und das in Bio-Qualität.

Klein-Eden ist ein Gemeinschaftswerk der Oberfranken. Landkreis und Gemeinden sind beteiligt, Unternehmer und Unterstützer aus der Region. Fünf Millionen Euro kostet das Projekt, drei Millionen Euro davon kommen von der Europäischen Union, weitere 500.000 Euro steuert der Freistaat aus dem Umweltfonds bei. Langfristig soll sich Klein-Eden selbst tragen, indem Fische und Früchte verkauft werden, die dann eben nicht teuer und mit hohem Energieaufwand importiert, sondern in der Region produziert werden.

"Mehr als ein Dutzend Jahre" ist die Idee nun schon alt, sagt Unternehmer Heinz. In ganz Deutschland hätten sich die Verantwortlichen umgesehen, aber nichts Vergleichbares gefunden. Zwar gibt es Tropenhäuser, die mit Primärenergie geheizt werden, die teuer bezahlt werden muss, aber kein Projekt, das die Abwärme im sogenannten Niedrigtemperaturbereich nutze. Sogar nach Cornwall sind die Oberfranken zweimal gereist, zum Project Eden, wo unter riesigen Kuppeln eine Tropenwelt entstanden ist. "Die sind drangeblieben, weil sie eine Vision hatten", sagt Umweltstaatssekretärin Huml und lobt die Innovationskraft der Oberfranken.

Im Winter schon sollen die ersten Pflanzen gesetzt werden, sagt Carl August Heinz, dann können die Experten der Uni Bayreuth mit ihren Studien beginnen. Denn das Projekt soll auch wissenschaftlich begleitet werden. Und freilich auch Touristen anziehen und das nordöstliche Oberfranken so für Besucher attraktiver machen.

Und schließlich geht es auch um die deutsch-tschechische Nachbarschaft. Die Glasindustrie verbindet die Regionen im Grenzgebiet, und auch das Tropenhaus soll ein gemeinsames Vorhaben sein. So gibt es einen grenzübergreifend besetzten Projektbeirat, außerdem sollen Schulklassen aus Bayern und Tschechien das Tropenhaus besuchen und so für Umweltkreisläufe sensibilisiert werden. Nur Krokodile bekommen sie nicht zu sehen.

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