Suche nach Atommüll-Depot:Huber hält Endlager in Bayern für denkbar

"Es geht jetzt ausschließlich um die Geologie, nicht mehr um Geographie und Ideologie": Der neue Umweltminister Huber schließt als Erster ein Atommüll-Endlager an der Donau nicht mehr aus. Unterdessen werden rund um das Atomkraftwerk Gundremmingen erhöhte Strahlenwerte gemessen.

Stefan Mayr

Bayerns Umweltminister Marcel Huber (CSU) schließt nicht aus, dass das bundesweit gesuchte Atommüll-Endlager im Freistaat eingerichtet werden könnte. "Wenn der nationale Konsens aufgrund transparenter wissenschaftlicher Erkenntnisse ergibt, dass der beste Standort in Bayern ist, dann müssen wir das auch mittragen", sagte Huber im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung.

Grundremmingen, Atomkraftwerk

Der Organisation "Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs" (IPPNW) zufolge ist im Atomkraftwerk Gundremmingen im September eine erhöhte radioaktive Strahlung ausgetreten.

(Foto: ddp)

Damit ist er der erste Vertreter einer bayerischen Staatsregierung, der ernsthaft ein Endlager im Freistaat in Erwägung zieht. "Es geht jetzt ausschließlich um die Geologie, nicht mehr um Geografie und Ideologie", sagte Huber zum Neuanfang bei der bundesweiten Suche nach dem besten Lager-Standort. Im gleichen Atemzug betonte er allerdings, die Wahrscheinlichkeit eines Endlagers in Bayern sei "sehr gering".

Noch im Jahr 2010 hatte das Landesamt für Umwelt geurteilt: "Kein Endlager in Bayern möglich." Jetzt sagt Huber, es sei "denkbar", dass das Endlager in den unterirdischen Tonschichten in der Region Neu-Ulm/Ulm eingerichtet werden könnte. Das Gebiet erstreckt sich auf baden-württembergischer und bayerischer Flur entlang der Donau, wobei die Tonschichten auf bayerischer Seite laut Huber "nicht so mächtig" wie im Nachbarland seien. Deshalb kommt Huber zu folgendem "beruhigenden" Schluss: "Aufgrund der bisher bekannten geologischen Erkenntnisse ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Untersuchung ein Endlager in Bayern ergeben wird, relativ gering."

Als weitere mögliche Standorte in Bayern wurden bislang die Salzstöcke bei Berchtesgaden sowie der Bayerische Wald und der Oberpfälzer Wald genannt. Diese bezeichnet Marcel Huber allesamt als "nicht geeignet". Die Salzschichten in Berchtesgaden seien "viel zu dünn und deutlich jünger als die in Gorleben". Deshalb komme diese Option ebenso wenig in Frage wie die Granitschichten im Bayerischen und Oberpfälzer Wald. Huber: "Die Granite sind stark zerklüftet und zudem recht aktiv."

Neben der Diskussion um den Endlager-Standort beschäftigt die Bürger Schwabens eine Mitteilung der Organisation "Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs" (IPPNW). Diese hatte am Freitag veröffentlicht, dass bei der planmäßigen Revision des Atomkraftwerks Gundremmingen im September erhöhte radioaktive Strahlung ausgetreten ist.

Die IPPNW wertet die Emissionen als gesundheitsgefährdend vor allem für ungeborene Kinder im Mutterleib. Das Kraftwerk und das Umweltministerium betonen hingegen, dass die Werte "weit unter" den zulässigen Grenzwerten gelegen hätten. Die Kernkraftwerk Gundremmingen GmbH (KGG) bestätigt zwar, dass bei der Öffnung des Reaktordruckgefäßes Radioaktiviät austrat. Sie spricht aber von "kontrollierter Aktivitätsableitung über den Kamin", eine Gefährdung für Mensch und Umwelt sei "ausgeschlossen".

Die IPPNW kritisiert dagegen, dass sich die Kraftwerksbetreiber auf Messwerte beriefen, die über längere Zeiträume hinweg statistisch "gemittelt" wurden. Nun lägen aber nach einer Landtags-Anfrage der Grünen und der IPPNW erstmals ungemittelte Werte vor. Diese zeigten zum Teil "dramatische" Spitzenwerte, welche wiederum das Ergebnis der Kinderkrebsstudie "plausibel erklären": Im Jahr 2007 hatte das Mainzer Kinderkrebsregister festgestellt, dass Kleinkinder, die in der Nähe von Atomkraftwerken wohnen, ein höheres Erkrankungsrisiko für Krebs und Leukämie haben.

Die IPPNW fordert deshalb, alle Kraftwerke sollten künftig "ungemittelte Halbstundenwerte" veröffentlichen. Umweltminister Marcel Huber ging auf Anfrage auf diese Forderung nicht näher ein. Der Schutz der Bevölkerung sei zu jedem Zeitpunkt gegeben" gewesen, betonte er.

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