Studie:Migranten fühlen sich in Bayern wohl

Migranten in Bayern

Mehr als 2000 in Bayern lebende Migranten hat die Hanns-Seidel-Stiftung befragt.

(Foto: dpa)
  • Migranten fühlen sich in Bayern wohl - mit der Politik im Freistaat können sie jedoch wenig anfangen.
  • In einer Umfrage unter gut 2000 Erwachsenen mit Migrationshintergrund erklärte fast jeder Zweite, wenig Interesse an der deutschen Politik und Gesellschaft zu haben.

Von Lisa Schnell

Wie gut funktioniert die Integration in Bayern? Wie ticken all die Menschen, die hier leben, aber nicht von hier kommen? Sind sie politisch eher links oder rechts, gar radikal eingestellt? Fast alles drehte sich im politischen Bayern in den vergangenen Jahren um Fragen der Integration. Jetzt gibt es auch wissenschaftliche Erkenntnisse dazu. Die CSU-nahe Hanns-Seidel-Stiftung legte am Mittwoch eine Studie vor, die erstmals einen umfassenden Bericht zum Stand der Integration in Bayern und der politischen Einstellung von Migranten untersucht.

Mehr als 2000 halbstündige Interviews wurden für die repräsentative Studie geführt, und das in 30 Muttersprachen. Damit werde, so die Hanns-Seidel-Stiftung, das Messniveau einer amtlichen Statistik erreicht. Es wurden die neun größten ethnischen Gruppen proportional zu ihrem Bevölkerungsanteil befragt. Die größte Migrantengruppe in Bayern stammt aus der ehemaligen Sowjetunion, darauf folgen Einwanderer aus der Türkei, Rumänien und dem ehemaligen Jugoslawien. Im Durchschnitt leben die befragten Migranten seit etwa 20 Jahren in Bayern.

Die meisten fühlen sich in Bayern gut integriert, besonders positiv äußern sich Einwanderer aus dem ehemaligen Jugoslawien. Für die Forscher ergeben die Statements zum Zusammenleben, zu Zukunftsperspektiven und Lebensqualität ein "überaus positives Bild zum fortgeschrittenen Stand der Integration". Zwei Drittel betonen, mit ihrem Leben in Bayern überaus zufrieden zu sein. Allerdings hat ein knappes Viertel der Migranten Erfahrungen mit Diskriminierung gemacht. Etwa zehn Prozent berichteten von gelegentlichen ausländerfeindlichen Beschimpfungen oder Übergriffen.

Aufgefallen ist den Wissenschaftlern eine gewisse Distanz der Befragten zu ihrer Wahlheimat. Fast die Hälfte erklärte, wenig Interesse an der deutschen Politik und Gesellschaft zu haben. Etwa jeder Vierte gab an, sehr isoliert unter seinen Landsleuten zu leben und zu Deutschen so gut wie keinen Kontakt zu haben. Den trotzdem bemerkenswert hohen Stand der Integration führen die Forscher auf mehrere Ursachen zurück - entscheidend sei aber wohl die ländliche Struktur. Mehr als 70 Prozent der Zuwanderer lebten in kleineren Städten und Gemeinden. Dadurch würde eine "integrationshemmende Ghettoisierung" verhindert, wie sie oft in Großstädten zu finden sei.

Etwa drei Viertel der Migranten wollen in Bayern bleiben - vor allem die Gruppe der Spätaussiedler (95 Prozent). Danach kommen Rumänen und Asiaten mit etwa 85 Prozent. Nur knapp ein Fünftel hat die Absicht, in das jeweilige Herkunftsland zurückzukehren.

Asiaten und Migranten aus der ehemaligen Sowjetunion zeigen das höchste Interesse an der Politik in Bayern. Türken und Araber interessieren sich für diese Themen am wenigsten. Etwa 44 Prozent dürfen in Deutschland wählen, bei den Spätaussiedlern aus der ehemaligen Sowjetunion sind es 84 Prozent. Jeder vierte Migrant aber, der ein Wahlrecht besitzt, ist laut Studie trotzdem nicht wählen gegangen.

"Umweltbewusst" und "sozial"

Politische Parteien werden eher skeptisch wahrgenommen, viele wissen zu wenig über sie, um sie beurteilen zu können, so das Ergebnis der Studie. Selbst große Parteien wie CSU und SPD wollten etwa 40 Prozent nicht beurteilen. Türkischstämmige Migranten zeigen sich dabei besonders distanziert, obwohl sie sich in der Vergangenheit sehr intensiv an Wahlen beteiligt haben. Wäre am Sonntag Landtagswahl, würden die Linke und die AfD laut Studie am meisten von der Stimmung unter Migranten profitieren. Allerdings würden die großen Parteien trotzdem mit Abstand die meisten Stimmen bekommen: die CSU 46, die SPD 26 Prozent.

Politisch radikalisierte Gruppen konnten die Wissenschaftler unter den Zuwanderern nicht feststellen. Die meisten (38 Prozent) verorten sich politisch in der Mitte, vor allem Polen, Asiaten und Araber. "Umweltbewusst" und "sozial", so würden sich die meisten Migranten politisch beschreiben, am wenigsten sehen sie sich als "konservativ" oder "sozialistisch". Die wirtschaftliche Entwicklung und vor allem die Ausbildung ihrer Kinder, aber auch die innere Sicherheit gehören laut Studie für die meisten Migranten zu den wichtigsten politischen Problemfeldern.

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