Streit zwischen Pronold und Adam:Der Minimal-Konsens

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Die im Clinch liegenden SPD-Politiker Pronold und Adam finden bei einem Treffen zumindest eine Gesprächsbasis. Aber das Sechs-Punkte-Papier ist nur eine Art Waffenstillstand, ein entwaffnend ehrlicher Minimal-Konsens.

Frank Müller und Wolfgang Wittl, Plattling

Wie sehr sich die bayerische SPD nach Frieden sehnt, zeigt sich schon in kleinen Dingen. Alleine die Tatsache, dass Florian Pronold und Michael Adam am Samstag zusammen in einem Auto in Plattling aufkreuzten, versetzte die Genossen in Verzücken. Beide hätten sich große Mühe gegeben, heißt es hinterher aus dem niederbayerischen Bezirksvorstand. So gesehen mag man sich gar nicht vorstellen, wie das Treffen bei weniger gutem Willen ausgegangen wäre. Denn herausgekommen ist nur eine gemeinsame Erklärung, die nahezu ohne Gemeinsamkeiten auskommt: Nach zweieinhalbstündiger Debatte haben sich SPD-Landeschef Pronold und der neuerdings als Parteirebell geltende Landrat von Regen zwar auf ein schriftliches Fazit verständigt. Aber das Sechs-Punkte-Papier ist nur eine Art Waffenstillstand, ein entwaffnend ehrlicher Minimal-Konsens.

Das versuchen die beiden Streithähne auch gar nicht erst zu verheimlichen. Weder enthält die Erklärung eine Entschuldigung Adams noch einen Satz, aus dem sich Verständnis von Pronold für dessen Vorwürfe ableiten ließe. Noch die verbindlichste Formulierung ist Punkt fünf des Papiers. Pronold wird darin mit einer Einschätzung zitiert, die er am Sonntag bekräftigt: "Es war eine offene Aussprache, die eine Basis für eine weitere Zusammenarbeit legt." Wie auch immer die aussehen mag.

Das Gespräch vom Samstagvormittag scheint sich mit Höflichkeitsfloskeln nicht lange aufgehalten zu haben, wenn man die diplomatisch klingenden Formulierungen aus der Erklärung in Klartext übersetzt: "Es hat heute Morgen ein intensives zweieinhalbstündiges offenes und ehrliches Gespräch zwischen Florian Pronold und Michael Adam gegeben." Intensiv, offen, ehrlich - das lässt auf wenig freundliche Atmosphäre schließen. Dazu war vermutlich auch zu viel aufgelaufen zwischen den beiden jungen Niederbayern Pronold, 39, und Adam, 27. Vor genau einer Woche hatte Adam in einem Facebook-Eintrag Pronold so hart angegriffen, wie das kein SPD-Politiker zuvor gewagt hatte. Pronold habe ein "Parteiregime" aus "Ja-Sagern und Speichelleckern" errichtet, welches den Wahlerfolg von SPD-Spitzenkandidat Christian Ude unmöglich mache - so lautete Adams Wutausbruch. Der Gipfel von Adams Anwürfen waren persönliche Attacken auf Pronold. Schon Anrufe von diesem verursachten ihm Gänsehaut, schrieb Adam.

All das nahm Adam in dem Gespräch vom Samstag offenbar auch nicht zurück. Adam habe deutlich gemacht, "dass die persönlichen Vorwürfe zum Zeitpunkt des Posts (also: des Facebook-Eintrags) seinem Denken entsprachen", heißt es. "Nach intensiver Aussprache hält er sie für die Zukunft jedoch nicht mehr aufrecht." Ob die Vorbehalte damit ausgeräumt sind, ist zu bezweifeln. Adam wollte sich zu dem Treffen, das in Deggendorf begonnen hatte, nicht äußern. Dritter Teilnehmer war der stellvertretende Bezirksvorsitzende Christian Flisek - anscheinend auf Adams Wunsch hin. Flisek könnte im Februar Adams Nachfolge als Bezirkschef antreten, der sich wie angekündigt von allen Parteiämtern zurückzieht. Schon jetzt will er keine Gremiensitzungen mehr besuchen. Vorhaltungen aus dem Bezirksvorstand soll er am Samstag beim anschließenden Treffen in Plattling emotionslos zur Kenntnis genommen haben. "Haben wir's dann?", soll er gesagt haben.

Immerhin hätten Pronold und Adam sich über die persönlichen Vorwürfe ausgetauscht. "Die Klärung dieser Punkte war beiden wichtig, um eine gemeinsame Gesprächsbasis zu finden." Keine Annäherung gab es in der Sache, inhaltliche Kritik wurde ausgeklammert. Adam hatte der SPD-Führung vorgeworfen, sich weit von den wirklichen Interessen der Menschen entfernt zu haben. Diese Punkte "bedürfen noch einer weiteren parteiinternen Diskussion und konnten aus zeitlichen Gründen nicht in der dafür notwendigen Ausführlichkeit besprochen werden", erklärten beide. Christian Ude ließ trotz aller Turbulenzen bei einem Auftritt im Bayerischen Fernsehen Milde gegenüber Adam erkennen. "Wer nicht als Rebell anfängt, hat eine triste Laufbahn vor sich", sagte er - wohl auch aus eigener Erfahrung.

Mit der gemeinsamen Erklärung dürfte Pronold zumindest erreicht haben, was der Partei besonders wichtig war: vorläufige Ruhe an dieser Front im immer heftiger werdenden Landtagswahlkampf. Je nach Durchhaltefähigkeit der amtierenden Koalition ist die Wahl 2013 höchstens zehn Monate entfernt. Pronold hatte im Vorfeld des Gesprächs auch persönlich getroffen gewirkt. Noch am Freitag schloss er nicht einmal aus, dass man mit zwei verschiedenen Erklärungen aus dem Termin gehen werde. Konsequenterweise setzte sich die Parteidebatte auf Facebook fort. Sowohl Pronold als auch Adam bekamen etliche Kommentare und "Gefällt-mir"-Signale - Adam mehr als Pronold.

© SZ vom 26.11.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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