Streit um Werbefoto:Das Polizeiauto und der ADAC

ADAC mit Polizeiauto

Der ACE sah in diesem Foto eine "unzulässige" ADAC-Werbekampagne mit "fremden Autoritäten".

(Foto: oh)

Ist das ein echter Streifenwagen oder eine Attrappe? Wegen eines Werbefotos muss sich der ADAC vor Gericht verantworten. Automobilclub und Innenminister beteuern, dass das Auto nicht echt ist. Ein Mitarbeiter erzählt etwas anderes.

Von Bastian Obermayer und Uwe Ritzer

Das Bild, das drei Jahre nachdem es fotografiert wurde, noch immer für Ärger sorgt, entstand am Flugplatz in Landshut. Es zeigt gelbe Einsatzfahrzeuge des ADAC im Halbkreis mit einem Notarztwagen, einem Feuerwehrauto - und einem Streifenwagen der Polizei. Das Bild suggeriert: Der Automobilclub ist der selbstverständliche und gleichberechtigte Partner von Polizei und öffentlichen Hilfsdiensten. Sozusagen ein geborener Teil der staatlichen Rettungsfamilie.

Dem ist allerdings nicht so; es gibt auch andere Organisationen mit vergleichbarem Leistungsrepertoire. Und deshalb sorgte die Werbeanzeige, die der ADAC mit dem Foto großflächig in mehreren Fachmagazinen schaltete, für Unmut beim Konkurrenten Auto Club Europa (ACE). Er zog dagegen vor Gericht.

Erst der Streifenwagen adelt den ADAC

Der Vorgang hätte vermutlich nie größeres Aufsehen erregt, stünde da nicht ein Polizeiauto mit auf dem Bild. Denn erst der Streifenwagen adelt den ADAC und gibt ihm gleichsam ein hoheitlich-staatliches Gepräge. Der ADAC nutze "unzulässig fremde Autoritäten" für seine kommerziellen Interessen, kritisierte der ACE.

Ließ sich die bayerische Polizei also vor den Werbekarren des ADAC spannen, der bekanntlich nicht nur ein Verein, sondern vor allem ein gewinnorientierter, hochprofitabler Milliardenkonzern ist?

Nein, widersprach Innenminister Joachim Herrmann vor wenigen Tagen, als er eine schriftliche Anfrage des SPD-Landtagsabgeordneten Harald Güller beantwortete. Er machte sich die Version zu eigen, die zuvor schon der ADAC verbreitet hatte: Das Polizeiauto auf dem Bild sei gar nicht echt, sondern nur eine Attrappe.

Fahrzeug aus dem Fundus einer Medienagentur

Ein Fahrzeug aus dem Fundus einer Medienagentur, das nur so aussehe wie ein Streifenwagen. "Auch von Seiten des Polizeipräsidiums Niederbayern wurde bestätigt, dass weder durch die örtlich zuständige Polizeiinspektion Landshut, noch angrenzende Polizeiinspektionen ein Polizeieinsatzfahrzeug zur Verfügung gestellt wurde", so Minister Herrmann in seiner Antwort.

Nun allerdings tauchen Zweifel auf, ob diese Version so stimmt. Diese Zweifel nährt ausgerechnet ein ranghoher ADAC-Mitarbeiter: Karl-Heinz Kroha, Mitglied der zweiten Führungsebene des Automobilclubs und Verantwortlicher für die PR-Aktion in Landshut. Nachdem der ACE gegen das Werbemotiv vor Gericht zog, gab Kroha eine eidesstattliche Versicherung ab. Darin schreibt er, das Foto sei "nach einem tatsächlichen Einsatz anlässlich eines Unfalls in der Nähe von Landshut" gefertigt worden. Und weiter: "Zum damaligen Zeitpunkt war zwischen der Polizei und dem ADAC bereits abgestimmt, dass man ein entsprechendes Foto machen wolle. Sämtliche Beteiligte haben der Anfertigung und Verwendung des Fotos zugestimmt."

Kein Widerspruch zwischen echtem Bild und Attrappe

War die Polizei also doch in die ADAC-PR aktiv eingebunden? Ein ADAC-Sprecher verwies auf Anfrage darauf, dass "natürlich stimme, was Herr Kroha an Eides statt gegenüber dem Gericht versichert hat". Kroha selbst will keinen Widerspruch zwischen dem mit der Polizei angeblich ausdrücklich abgestimmten Foto und der Version von der Attrappe erkennen. Allerdings räumt er ein, dass "bei dem Fotoshooting auch massenhaft Bilder mit echten Polizeiautos gemacht wurden". Verwendet habe der ADAC aber nur das Bild mit der Attrappe.

Warum aber wurden dann auch echte Polizeifahrzeuge fotografiert? Und wieso waren die Beamten mit ihren Streifenwagen überhaupt vor Ort? Kroha sagt, nach dem erwähnten Unfall unweit des Landshuter Flugplatzes seien die am Einsatz dort beteiligten Fahrzeuge direkt zum ADAC-Fotoshooting gefahren, die der Polizei inklusive. "Da war ein ganzer Schwung echter Fahrzeuge und Beamten vor Ort", sagt der ADAC-Mann. Also seien fleißig Bilder geknipst worden, die offiziellen und jene fürs private Fotoalbum der Beteiligten.

Fotoanfragen werden "sehr restriktiv" gehandhabt

In seiner Antwort auf Güllers Landtagsanfrage ließ Innenminister Joachim Herrmann die Frage offen, ob es für das Anfertigen und Verwenden eines Polizeiauto-Fotos eine Genehmigung gab. Nur ganz allgemein teilte der CSU-Politiker mit, man verfahre in solchen Fällen "sehr restriktiv" und entscheide einzelfallbezogen, ob Ausrüstungen oder Uniformen der bayerischen Polizei für Werbe- oder Filmproduktionen zur Verfügung gestellt würden. Schon "im Hinblick auf die Neutralität im privatwirtschaftlichen Wettbewerb".

Der ACE hätte die genaueren Umstände im vorliegenden Fall gerne vom Gericht überprüfen lassen, doch so weit kam es nicht. Das Landgericht Stuttgart wies einen ACE-Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den ADAC zurück. Sinngemäße Begründung: Die Werbung sei nicht irreführend, weil der ADAC ja tatsächlich zu jenen Organisationen gehöre, die seit Langem bei Unglücksfällen Rettungsdienste leisten. Der Frage, ob Attrappen oder Originalfahrzeuge verwendet wurden, widmeten sich die Richter nicht. Auf Anfrage wollte sich der ACE nicht dazu äußern, ob er diese Entscheidung akzeptieren - oder gegen das ADAC-Werbefoto klagen will.

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