An diesem Mittwoch passiert wieder genau das, wovor CSU-Chef Horst Seehofer im Streit um die Abschaffung der Studiengebühren seit Wochen warnt: Die Opposition treibt die Regierungsfraktionen CSU und FDP im Landtag genüsslich vor sich her. Sie startet im Plenum mal wieder einen Versuch, die bislang halbwegs geschlossene Koalitionsfront zu knacken. In einem gemeinsamen Dringlichkeitsantrag verlangen Freie Wähler, SPD und Grüne, nach dem erfolgreichen Bürgerbegehren nun schnell die Studiengebühren auch tatsächlich abzuschaffen. Und obwohl die CSU-Abgeordneten dies wollen, werden sie den Antrag wohl wieder ablehnen.
Die CSU befindet sich in der Glaubwürdigkeitsfalle, und ausgerechnet der Koalitionspartner FDP entlässt sie nicht daraus. Die Liberalen pochen darauf, dass die CSU-Abgeordneten zu den im gemeinsamen Koalitionsvertrag festgeschriebenen Studiengebühren stehen. Alles andere würde den Bruch der Koalition nach sich ziehen. Es ist ein Nervenspiel - wer hält länger durch?
Die CSU-Fraktion ist jedenfalls im Krisenmodus, auch wenn sich Seehofer und Fraktionschef Georg Schmid um Gelassenheit nach außen bemühen. Der Opposition fehlen nicht viele potenzielle Abweichler - und sie hätten eine Mehrheit, um die Studiengebühren zu Fall zu bringen, an denen nur noch die FDP festhalten will. Und die schwarz-gelbe Koalition gleich mit. Der Opposition fehlen, wenn alle Abgeordneten anwesend sind - was nur höchst selten der Fall ist - nur 16 Stimmen. Selbst bei den Liberalen gibt es mindestens zwei Abgeordnete, die gegen die Parteilinie die Abschaffung befürworten und sich zuletzt ihrer Stimme enthielten. Bleibt womöglich nur ein gutes Dutzend der 92 CSU-Abgeordneten, die sich nicht länger von der FDP bevormunden lassen wollen, und die Studiengebühren samt Schwarz-Gelb könnten Geschichte sein.
Seehofer hat die Gefahr auf dem Radar. Deswegen trichterte er seinen Leute schon ein, auf Kurzschlusshandlungen zu verzichten. Dennoch rumort es in der Fraktion. Es gibt innerhalb der Fraktion eine Fraktion, die sich festgelegt hat, sich am Tag X im Landtag nicht zu verbiegen. An diesem Mittwoch ist es noch nicht so weit, der Antrag der Opposition ist ein zu durchsichtiges Manöver, die Regierungsfraktionen in Not zu bringen.
Anders verhält es sich aber, wenn der Landtag über den Umgang mit dem Volksbegehren zu entscheiden hat - ein Antrag des Volkes, wie Seehofer das formulierte. Das könnte frühestens im Plenum vom 21. Februar der Fall sein. Die CSU-Abgeordnete Kerstin Schreyer-Stäblein hat sich bereits festgelegt: "Wenn das Volksbegehren im Landtag zur Abstimmung steht, stimme ich für die Abschaffung der Studiengebühren."
Ihr Parteifreund Ernst Weidenbusch kündigt diesen Schritt ebenfalls an - aus Überzeugung. Er sei schon länger ein Gegner der Studienbeiträge, sagt er. Fraktionsvize Alexander König schrieb neulich auf seiner Facebook-Seite, es wäre "wünschenswert, wenn alle Beteiligten erkennen könnten, dass es nicht realistisch erscheint, dass die Abgeordneten den Willen des Volkes nicht erkennen und den Gesetzentwurf des Volksbegehrens ablehnen". Auch der Abgeordnete Graf Philipp von und zu Lerchenfeld sagt: "Ich bin der Meinung, dass man dann wohl für die Abschaffung stimmen muss, wenn sich das Volk so eindeutig positioniert hat."
"Es gibt keinen Kompromiss in dieser Frage"
Wie groß das Lager der Rebellen ist, darüber gehen die Angaben auseinander. Von: "Ich wüsste niemanden in der Fraktion, der das anders sieht" bis "wohl um die 20". Auch in der Fraktionsführung gibt es Signale der Härte. Es könne durchaus darauf hinauslaufen, dass die CSU einfach mit der Opposition stimmt, heißt es. Wenn die FDP dann die Koalition für beendet erkläre, sei das deren Sache. "Es gibt keinen Kompromiss in dieser Frage", sagt ein Mitglied. "Es gibt nur Ja oder Nein."
Am Rande des Plenums will Seehofer an diesem Mittwoch nach einer Lösung suchen. Am Dienstag war weiter unklar, wie diese aussehen könnte. In der CSU heißt es, "maximaler Schaden" wäre ein Volksentscheid am Tag der Landtagswahl am 15. September. Das will bislang die FDP. Womöglich steht am Ende ein Deal: Die FDP bekommt noch Wünsche wie etwa weitere beitragsfreie Kindergartenjahre erfüllt und bewegt sich. Derzeit ist die Lage so verfahren, dass es am Ende in jedem Fall Verlierer geben wird. Die Frage ist nur: Wie viele? Und: wie groß ist der Schaden?