Streit um Skitourengeher:Befriedung auf den Pisten

Dürfen Skitourengeher neben einer Skipiste den Berg aufsteigen? Im letzten Winter hatten sich Alpenverein und Seilbahnbetreiber noch mit Gutachten bekriegt. Nun gibt es eine Einigung. Die Tourengeher-Szene besänftigt das nicht.

Christian Sebald

Im letzten Winter haben sie sich mit Gutachten bekriegt. Nun sitzen Thomas Urban, der Geschäftsführer des Deutschen Alpenvereins (DAV), und Peter Huber, der Chef des Verbands Deutscher Seilbahnen (VDS), einträchtig nebeneinander und verkünden, dass Skibergsteiger natürlich in den Skigebieten in Bayern willkommen sind. Nur müssen sie sich halt an die Regeln halten, auf die sich DAV und VDS verständigt haben. Das heißt zum Beispiel, dass sie nur Aufstiegsrouten nehmen dürfen, auf die sich DAV und VDS geeinigt haben.

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Der Streit um die Skitourengeher auf Pisten ist beigelegt: Alpenverein und der Verband der Deutschen Seilbahnen haben sich geeinigt.

(Foto: dpa)

Die Tourengeher-Szene besänftigt das nicht. "Der DAV ist zu willfährig gegenüber den Liftbetreibern", klagt Robert Herz von den "Skitourensportlern" in Garmisch-Partenkirchen. "Dabei geht's um das Recht auf das freie Betreten der Natur. Das steht sogar in der Verfassung."

Kein Streit dürfte die Ski-Szene in Bayern so entzweien wie der um das Tourengehen in Skigebieten. Lange Jahre galt das Skibergsteigen als Königsdisziplin des Skisports. Schließlich ist es nur etwas für Könner, schon wegen der immensen Kondition, die man für die Aufstiege braucht, und die Erfahrung, die wegen der Lawinengefahr nötig ist. Seit einigen Jahren ist Tourengehen nun ein Trendsport - ausgerechnet in den Skigebieten. Hier sind die Aufstiege sehr viel leichter, weil man auf präparierten Pisten geht. Und es herrscht keine Lawinengefahr.

Im Classic-Gebiet in Garmisch etwa zählt Peter Huber, der auch Chef der Zugspitzbahn ist, an schönen Tagen bis zu 600 Tourengeher - bei 5000 bis 6000 Skifahrern insgesamt. "Und es werden von Jahr zu Jahr mehr", klagt er, "die Gefahr von Zusammenstößen wird immer größer." Am Spitzing und am Brauneck, den Hausgebieten der Münchner, ist die Situation nicht anders.

Deshalb haben die Liftbetreiber eine drakonische Maßnahme ergriffen. Am Spitzing und am Brauneck sperrten sie die Tourengeher völlig aus. In anderen Regionen wie im Classic-Gebiet wiesen sie separate Aufstiege aus. So hoch gingen die Emotionen damals, dass die Garmischer "Skitourensportler" Klage dagegen einlegten. Auch im DAV war die Empörung groß. Und sogar das Umweltministerium wies die Liftbetreiber darauf hin, dass Skipisten zur freien Natur zählen. Doch die Liftbetreiber blieben stur.

Nun also der Sinneswandel beim DAV. "Wir wollten die Fronten nicht weiter verhärten lassen", sagt Urban, "das bringt den Tourengehern auch nichts." Also setzte man sich im Sommer zusammen und arbeitete Skigebiet für Skigebiet Kompromisse aus. Am Spitzing etwa hat man sich bereits auf fünf Aufstiegsrouten geeinigt, am Brauneck ist man guter Dinge, dass es von Wegscheid her einen ausgewiesenen Weg geben wird. Und in Garmisch wird man die Route vom letzten Winter verbessern. "Alles in allem waren wir bereits in etwa zehn Skigebieten erfolgreich", sagt Urban nicht ohne Stolz. "Und wir werden es noch in vielen anderen sein."

In Garmisch sehen sie das anders. Dort fordern die "Skitourensportler" mindestens eine zweite Aufstiegsspur im Classic-Gebiet. Bislang haben sie ihre Klage im Vertrauen auf eine gütliche Einigung ruhen lassen. "Wenn das jetzt aber alles sein soll", so sagt Herz, "werden wir sie weiterverfolgen."

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