Streit über Energiewende:Seehofer stoppt Aigner

Ilse Aigner wollte es offenbar nicht zur Eskalation kommen lassen: Nach einem Veto des CSU-Chefs zieht die bayerische Wirtschaftsministerin ihre Pläne zurück, die Energiewende auf Pump zu finanzieren. Ein Machtwort Seehofers soll dafür gar nicht nötig gewesen sein.

Von Frank Müller, München, und Mike Szymanski, Kreuth

Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) kann ihren gewünschten neuen Kurs bei der Energiewende parteiintern nicht durchsetzen. Das bayerische Kabinett verständigte sich am Dienstag darauf, Aigners Vorschlag nicht weiterzuverfolgen, die Strompreise durch Kredite zu dämpfen. Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hatte gegen den Vorstoß sein Veto eingelegt. Aigner wollte es dann offenbar nicht mehr zur Eskalation kommen lassen.

Aigners Idee sei zwar "inhaltlich ausgiebig beraten" worden, sagte Staatskanzleichefin Christine Haderthauer (CSU) nach der Sitzung. Der Vorschlag habe "durchaus seinen Charme". Er werde aber derzeit "nicht weiterverfolgt". Es sei aber auch "nicht ausgeschlossen", dass Aigners Vorschlag später wieder aufgegriffen werde. Dies ist offenbar als Kompromissformel gedacht, um den Streit zunächst zu entschärfen.

Es habe auch keinen Beschluss gegeben, sondern lediglich ein "gemeinsames Übereinkommen", das auch Aigner mitgetragen habe, sagte Haderthauer. Ein Machtwort Seehofers habe es nicht gegeben. Aigner habe ihr Papier gar nicht vorgelegt.

Ein Teilnehmer der Sitzung sagte, es sei "eine der intensivsten Diskussionen gewesen, an die ich mich erinnern kann". Es habe aber keinen offenen Streit gegeben zwischen Seehofer und Aigner, die als seine mögliche Nachfolgerin gilt. Sie hatten vor der Sitzung miteinander gesprochen.

Seehofer hatte wegen des Themas auch seinen Auftritt bei der Winterklausur der CSU-Bundestagsabgeordneten im oberbayerischen Wildbad Kreuth verschoben. Er und Aigner waren zuvor wegen des Vorstoßes der Wirtschaftsministerin aneinandergeraten, den Ausbau erneuerbarer Energien zum Teil mit Krediten über einen Fonds zu finanzieren. Aigner wollte so die Belastungen für die Stromkunden jetzt senken, künftige Stromverbraucher müssten dann die Belastungen zurückzahlen. Seehofer lehnt das als nicht nachhaltig ab. Er sagte am Abend in Kreuth, zunächst müsse man sich darum kümmern, die Kosten zu senken. Er habe mit Aigner und den Kabinettskollegen "ganz vernünftige Dialoge" geführt, er habe "keinen Dissens" mit Aigner.

Unterstützung von Hasselfeldt

Unterstützung bekam Aigner für ihren Vorstoß zunächst von der Chefin der CSU-Bundestagsabgeordneten, Gerda Hasselfeldt. Sie sagte in Wildbad Kreuth: "Wir haben in der Energiepolitik so viele Aufgaben, dass man da nicht mit einem Federstrich drüber hinweggehen kann. Das muss intensiv diskutiert werden."

Nachdem das Kabinett seine Entscheidung getroffen hatte, ließ Hasselfeldt allerdings offen, ob die Bundestagsabgeordneten sich in Kreuth überhaupt noch mit Aigners Vorschlag befassen würden. Auf die Frage, ob Aigner ihre Idee zuvor besser hätte abstimmen müssen, sagte sie: "Wenn es in einer Demokratie nicht mehr erlaubt ist, dass man auch Vorschläge - noch dazu als Wirtschaftsministerin, die für Energiepolitik in Bayern zuständig ist - einbringt, dann weiß ich nicht, was noch Politik in einer Demokratie soll."

Sie selbst sei noch nicht entschieden, wie sie den Fonds-Vorschlag bewerte.

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