Streit um Betreuungsgeld:Seehofer stellt ein

Es ist sein Lieblingsprojekt, doch jetzt bringt es ihm Ärger ein: CSU-Chef Horst Seehofer besteht auf der Einführung des umstrittenen Betreuungsgeldes. Doch um das zu verteilen, braucht es neues Personal - und das kostet noch mal extra. Zahlen sollen das die Länder. Jetzt kocht das Thema ausgerechnet in Bayern hoch.

Frank Müller

Wie sinnvoll die 1,2 Milliarden Euro angelegt sind, die das Betreuungsgeld letztlich pro Jahr kosten soll, ist schon seit Monaten heftig umstritten. Jetzt wird die Summe nochmals höher - denn auch das Betreuungsgeld will verwaltet sein. Die Anträge müssen erfasst, genehmigt und ausbezahlt werden. Das aber ist, anders als die vom Bund zu übernehmende eigentliche Leistung, Ländersache.

Das Thema kocht gerade dort hoch, wo alles seinen Ausgang nahm: in Bayern. Die regierende CSU hatte sich das Betreuungsgeld in den Berliner Koalitionsverhandlungen erkämpft, um einen konservativen Ausgleich gegen zu viel staatliche Kinderbetreuung zu setzen. Für jedes Kind, das nicht in eine Krippe geht, gibt es monatlich 150 Euro.

Nun prescht ausgerechnet Bayerns Sozialministerin Christine Haderthauer, eine der Vorkämpferinnen für das Konzept, mit Geldforderungen vor: 134 neue Planstellen seien nötig, rechnete sie intern vor. Auch höhere Zahlen sollen diskutiert worden sein. Nach Gesprächen mit dem Finanzministerium ließ sie sich dann auf 50 herunterhandeln.

Dadurch kämen in jedem Fall mehrere Millionen Euro auf den Landeshaushalt zu; bundesweit stünde hochgerechnet wohl ein zweistelliger Millionenbetrag im Feuer. Auch in Baden-Württemberg wird mit höheren Ausgaben gerechnet: "Sollte das Betreuungsgeld kommen, würde das auch bei uns sicher einen personellen Mehraufwand erfordern", sagt ein Sprecher des dortigen Sozialministeriums. "Wir haben aber noch keine Kalkulationen angestellt, das würden wir erst machen, wenn es einen Beschluss gibt."

Das Bundesfamilienministerium will zu alledem gar nichts sagen. Im Gesetzentwurf heißt es nur lapidar: "Durch die Einführung erhöht sich der Vollzugsaufwand von Bund, Ländern und Kommunen."

Alles auf null

Für alle Gegner könnte dies willkommene Munition sein. Deswegen brachte die Nachricht auch Horst Seehofer umgehend zur Weißglut. Der bayerische Ministerpräsident betrachtet schon seit Längerem jede Kritik am Betreuungsgeld als Majestätsbeleidigung, vor allem, wenn sie aus den eigenen Reihen kommt.

Nur: Als solche will Haderthauer ihre Forderungen gar nicht verstanden wissen. Die Haushaltsbeschlüsse, die in diesem Jahr in Bayern vorgezogen wurden, zwangen sie, schon jetzt ihren Stellenplan aufzustellen, samt Begründungen. Als Seehofer dies las, strich er wutentbrannt erst einmal alles auf null zusammen.

Dabei hätte Seehofer durchaus klar sein können, dass es das Betreuungsgeld nicht zum Nulltarif geben würde. Alleine im Freistaat dürfte es pro Jahr 80.000 Anträge geben. Die sollen zwar einfacher gehalten sein als beim Elterngeld. Dafür wird beim Betreuungsgeld mit mehr Änderungen während der Auszahlungszeit gerechnet: Lebensumstände ändern sich, das Kind geht vielleicht doch noch in die Krippe - und schon ist es wieder ein Fall für die Akten. Dass für all das neue Leute erforderlich sind, wie bei jedem anderen neuen Leistungsgesetz auch, sei doch "ein normaler Vorgang", heißt es im bayerischen Sozialministerium.

Beim 2007 eingeführten Elterngeld waren Stellen übrigens kein Problem: 200 Mitarbeiter sind in Bayern dafür zuständig. Aber damals war Horst Seehofer auch nicht im Wahlkampf.

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